Künstliche Dummheit und Mail

Die KI bedroht die Menschheit? Ich lach im Kreis rum. Vor einem FolyFos haben wir vor nem halben Jahr gewettet, ob in fünf Jahren KI noch ein Thema ist. Wenn das so weitergeht, killt die KI vor allem eines: Das Internet und damit sich selbst.

Vor ein paar Tagen kam ja schon die Meldung rein, dass Googlemail jetzt die KI in die Mails reinkucken lässt und da lustig Dinge drin verändert, weil die KI denkt, sie müsste da irgendwas übersetzen. Und dann halt einen deutschen Text noch mal ins Deutsche übersetzt. Sprich: der wird zuerst nach Englisch übersetzt und dann wieder zurück.

T-Online hat da ein bisschen Ärger mit ihren Newslettern gehabt und sich mit Google ein bisschen in die Haare gekriegt. Denn die grandiose KI hat aus der ukrainischen Armee mal kurzerhand die amerikanische Armee gemacht, aus einem “Ass im Ärmel” einen “Arsch im Ärmel” und aus einer “Bitte um Hilfe” einen “Biss um Hilfe”.

Nach Beschwerden hat Google nicht etwa das Rumpfuschen in Mails seiner Kunden eingestellt, sondern nur einfach das Rumpfuschen verbessert. Also ein freundlicher Hinweis, falls ihr ein Gmail-Konto habt und Wert darauf legt, dass ihr Mails so kriegt, wie sie abgeschickt wurden und Wert darauf legt, dass Leute das Zeug so kriegen, wie ihr es abgeschickt habt: Anbieter wechseln. (Von einer KI-gesteuerten Weiterleitung zu wem auch immer reden wir noch gar nicht.) Ich habe selbst ein Gmail-Konto, Kunststück, ich habe ein Android-Handy, aber ich schreibe von dort nicht und verwende es nur, um eine Benachrichtigung aufs Handy zu kriegen, wenn mir jemand an meine normale Mail schreibt.

Übrigens ist es bei Apple nicht besser. Heute habe ich einem Bekannten eine Mail geschrieben, dass ich einen Stapel “Empfänger Vademecum” aus den 40ern und 50ern abzugeben habe. Sonst wandern sie ins Altpapier. Innerhalb von Sekunden kam die Mail retour. “554 5.7.1 [CS01] Message rejected due to local policy”. Also bei Apple nachgekuckt, was sie da zu meckern haben. Siehe da: man bekommt dort eine detaillierte Anweisung, wie man Apple-User zuspammen kann. “How to send Bulk email”. Ah ja, man lernt ja nie aus. Also die Mail nochmal geschrieben, als Antwort an eine vorherige Mail des Bekannten – und siehe da, schon geht sie durch.

Jeder, der ne grobe Ahnung hat, wie Mail funktioniert, liegt jetzt natürlich vor Lachen unter dem Tisch. (BTW: fefe ist immer noch nicht zurück. ) Also falls ihr über ne Apple-Mail-Adresse kommuniziert: Anbieter wechseln.

Worauf will ich hinaus? Die üblichen Verdächtigen werden nach und nach alle Dienste, die über das Internet laufen, mit “KI-Funktionen” versorgen. Weil das so toll Geld sparend ist und man nebenher Unmengen Daten abgreifen kann. Denn – Überraschung – wenn alle Gmail -Konten durch den KI-Wolf gedreht werden, dann hat die KI Unmengen von Trainingsdaten. Und so nach und nach wird niemand mehr mailen. Wer will denn noch mailen, wenn man a) sicher sein kann, dass da die KI reinkuckt und b) man nicht weiß, was da beim Empfänger ankommt. Da wird der Lieblingsfeind auf einmal geduzt und der Skatbruder beleidigt. Und man weiß nichts davon. Oder die feurigen Liebesmails an die Lebensabschnittsgefährtin werden auf einmal nicht mehr beantwortet, weil die KI der Meinung ist, das wäre böser Spam.

Dass die KI bereits Blogger killt und im großen Stil Fakes verbreitet, ist ja bekannt. Jetzt haben sogar die Nachdenkseiten ihre Fußnoten von ChatGPT verfassen lassen – der komplette Zusammenbruch des Internet-Journalismus ist bereits am Horizont sichtbar. Springer hat laut ChatGPT (!) einen Deal gemacht und deshalb darf jetzt OpenAI in alle Springer-Sachen reinkucken. Kress Online hätte auch gerne, aber ChatGPT verrät nicht, an wen man sich da wenden muss…Die Foren und asozialen Medien sind mittlerweile voller KI-Bots, auf YouTube tummeln sich komplett KI-generierte Kanäle, ein Bekannter von mir flutet seinen Kanal mit Suno-“Musik”. Niemand will das hören, niemand will das sehen. Die KI macht das Internet zu einem Ort der unerträglichen, sterilen Langeweile.

Während die Influencer den Ast absägen, auf dem sie sitzen, sägt die KI gleich ganz unten am Stamm. Irgendwann werden auch die größten Nerds aus ihren EDV-Höhlen kommen, hinaus in den Sommerregen treten und sagen “Boah Alter! So sieht Realität aus? Das riecht! Das schmeckt! Das ist ja sogar nass!”

15 Replies to “Künstliche Dummheit und Mail”

  1. “Irgendwann werden auch die größten Nerds aus ihren EDV-Höhlen kommen, hinaus in den Sommerregen treten und sagen „Boah Alter! So sieht Realität aus? Das riecht! Das schmeckt! Das ist ja sogar nass!“”
    *
    Ich hoffe es!
    *
    Und wir machen inzwischen weiter Fotos von realen Menschen und realen Erlebnissen, lassen den Sonnenuntergang / das Polarlicht / den Hund oder die Katze / Oma auf dem Geburtstag ihres Enkels / etc. wie wir sie tatsächlich real erlebt haben, und ignorieren die “Segnungen” der KI-gesteuerten Bildbearbeitung.

  2. Mir fällt dazu nix mehr ein. War nicht mal Sinn und Zweck der digitalen Kommunikation, dass Daten exakt so ankommen, wie sie abgeschickt wurden? Kann ich jetzt per E-Mail hübsch Leute beleidigen und nachher sagen, das war ich gar nicht, ich hatte doch Ass geschrieben, nicht Arsch? Was ist mit Unternehmens- und Behördenkommunikation? Da müssten doch jetzt eigentlich die Alarmglocken gehen und GMail-Konten bei Adressaten bis auf weiteres ausgeschlossen werden. Weltweit.

    Das ganze Ausmaß der Tragödie, dass sich Ende-zu-Ende Verschlüsselung nie großflächig als zwingend für die E-Mail-Kommunikation durchgesetzt hat, zeigt sich offensichtlich erst jetzt so langsam.

  3. Ich gehe gleich in den Keller und aktiviere mein Faxgerät wieder. Wir machen uns seit Jahren über die Ämter und ihr antike Technik lustig. Wer zuletzt lacht, lacht am besten.
    Mir kommt der Verdacht, die wussten was was wir nicht wussten. LOL

    s
    Schöne Grüße aus der Technischen Steinzeit, Jörg

  4. Von Technik, Informatik, Netz und Digital verstehe ich nichts. Aber der Text “riecht” in Teilen verdächtig nach Literatur. Davon verstehe ich ein bisschen.
    Chapeau.

  5. meine Definition von KI: komplett idiotisch.
    Das Thema ist für mich erledigt.

    Mit den 5 Jahren von unserer Wette lagen wir hoffentlich nicht ganz richtig, 3 Jahre sollten reichen, wird aber wohl wegen galoppierender Verblödung der Menschheit nicht klappen.

  6. Viel schlimmer ist, wenn die KI den Inhalt der Emails auswertet und die Erkenntnisse an wen auch immer weiter gibt. Zur Stasi 2.0 ist es dann nicht mehr weit. Um “unsere” Demokratie (wem gehört die eigentlich?) zu retten scheint gegenwärtig jedes Mittel recht, auch das wird also noch kommen.

  7. Du erwähnst SUNO. Schau mal nach Elevenlabs. Die haben vor paar Tagen eine “rechtssichere” KI Kompositions-KI rausgebracht wo du mit ein paar Prompts komplette Songs in Studioqualität produzierst. Für 5 Euro. Dazu passt die Meldung das am Tag ca. 20.000 KI generierte Tracks hochgeladen werden. Das Tempo der Degradierung kreativen Schaffens nimmt immer schneller zu.
    Danke für deine Artikel nahezu jeden Tag. Einer der wenigen Seiten auf die ich gerne regelmäßig vorbei schaue. Beste Grüße (Bestätigung mit googlemail.com)

    1. Der Trick ist: irgendwelche Typen lassen einen Computer Dinge macht, die dann auf Computer geladen werden, wo Computer künstliche Aufrufe generieren um den Eindruck zu erwecken, da würde sich jemand dafür interessieren. Das wird wiederum von Computern ausgewertet, die das dann anderen Computern als Trend präsentieren und die wiederum dann Dinge machen – weil es ja ein Trend ist.
      Und ich spiele Bass und Klavier und gröle ins Mikro. Das ist vielleicht falscher als es ein Computer kann, aber es macht mir und einigen Leuten die zuhören, Spaß. Und Spotify-Algorithmen können mich mal.

      1. >>>> Und Spotify-Algorithmen können mich mal.

        Da stellt sich mir doch gleich die Frage: Was können sie dich mal?
        Bitte Wähle:
        1. Bei Spotify Hochjubel
        2. ignorieren
        3 Am Abend besuchen
        4 etwas anders

        Ich frage nicht für einen Freund 🙂

        1. Das von Ihnen angesprochene Thema ist interessant, ich werde mich mit der zuständigen Stelle in Verbindung setzen und die Antwort zu gegebener Zeit schriftlich nachreichen. Nächste Frage?

  8. Blöde KI!
    mich hat das Grad Geld gekostet. Info im Internet nachgelesen, (KI* grusel*) danach gehandelt und hinterher wurde ich aufgeklärt, das ich mir wohl auf diese Tour eine Dienstleistung erschlichen hab.
    es ging um einen Fahrschein für den ÖVP. KI sagte das Ticket ist gültig für das komplette Stadtgebiet, innerhalb 90 Minuten. der Kontrolleur klärte mich auf das mein Ticket nur für die Hinfahrt innerhalb der Stadt gelten würde, für die Rückfahrt innerhalb des Stadtgebietes zehn Minuten später bräuchte ich ein neues Ticket. Wohlbemerkt konnte man nirgends entsprechende Hinweise nachlesen, deshalb hab ich im Internet geforscht um nix falsch zu machen.
    das Kundencenter erließ mir gnädig die Hälfte der Strafe und sagte mir das ich der KI bitte nix glauben dürfte. Schon toll wie die Unternehmen ihre Veröffentlichungen im Griff haben……

  9. KI Best Practice:
    Kollege 1 prompt der KI, sie solle bitte aus den 10 zusammengefassten Punkten der letzten Sitzung einen ausführliches Protokoll schreiben, es soll klar und höflich formuliert werden, mindestens 1 DIN A4 Seite lang. Aufgaben müssen mit Verantwortlichkeit und Terminabgabe enthalten sein. Text wird danach per E-Mail geschickt.

    Alle Empfänger der E-Mail prompten der KI (einzeln, versteht sich), sie solle die elend lange E-Mail analysieren und die 10 wichtigsten Punkten zusammenfassen. Bitte als erstes die zugeteilte Aufgaben mit Terminabgabe hervorheben.

    VG Willy

    1. Ich musste im Kollegenkreis feststellen, dass es Leute gibt, die die Absurdität dieses Verfahrens ernsthaft nicht verstehen. Ein Kollege meinte zu einem ähnlichen Kommentar von mir: Ja, ist doch super! Und andere denken ähnlich. Diese Technikgläubigkeit grenzt ans Religiöse.

  10. »Wer will denn noch mailen, wenn man a) sicher sein kann, dass da die KI reinkuckt«
    Das halte ich für total naiv. Google scannt schon lange Mails. Im Freundeskreis habe ich mal laut überlegt, ich würde in Zukunft Mails blockieren, die von einem Gmail-Account kommen. Reaktion: Ich würde irgendwann vollkommen vereinsamen.

    Die meisten Leute interessiert es nicht die Bohne, wenn ihre Nachrichten von Firmen usw. mitgelesen werden. Siehe auch Chatkontrolle.

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