Es ist acht Jahre her

Und immer noch wird darüber gelogen. Ich denke, es ist an der Zeit, mal zu erzählen, wie es wirklich war. Und einen schönen Gruß an die Currys: es geht nicht um euch.

Im Jahre 2008 im Herbst hat Stefan Hendriks, Gründer und Betreiber von Oly-e, des ältesten deutschsprachigen Fotoforums, Ärger mit Olympus bekommen. Die wollten nämlich die technische Lösung von ihm – ein NNTP-Server mit darangesetztem HTML-Interface – durch was “Modernes” ersetzen. So mit bunt. Und jeder kann Bilder hochladen und so. Stefan hat ihnen dabei geholfen und irgendwann wollten sie dann die Daten von Stefan. Also die ganzen Nutzerdaten und alle Posts und so, damit man da einen fließenden Übergang machen kann. Stefan hat gesagt “Nope, das geht nicht.” Olympus war stinkig und hat gedacht, er will nur mehr Geld haben. (Stefan war für das Betreiben des Forums bezahlt worden.) Dabei war der Grund simpel: Es ging rein technisch nicht, denn der NNTP-Server kannte keine Benutzer. Das HTML-Interface ging über einen einzigen Benutzer auf den Server, die einzelnen User wurden vom HTML-Interface anhand ihrer Mailadresse und ihres angegeben Namens identifiziert, dem Identitätsdiebstahl war Tür und Tor geöffnet. Entsprechend war die automatisierte Zuordnung einzelner Posts zu einzelnen Accounts so gut wie unmöglich. Das hat Olympus aber nicht geglaubt. Als dann Stefan sich bereiterklärt hat, die Daten aufwendig zu analysieren und in das gewünschte Format zu bringen – gegen Cash – ist der zuständige Mann bei Olympus explodiert und hat böse Briefe geschrieben. Stefan hat dann beschlossen, den Laden zuzumachen.

Buchstäblich eineinhalb Stunden bevor oly-e und die olypedia offline gegangen sind, habe ich ihn angerufen und ihm gesagt, ich übernehme das Zeug, ich habe ein rechtliches Konstrukt, mit dem das gehen kann. (Ich habe ihm dann über Jahre jeden Monat 100 Euro Serverkosten überwiesen. Einnahmen: 0 Euro.)

Also habe ich oly-e weitergeführt. Olympus engagierte Dieter Bethke dafür, das neue Forum zu moderieren und es wurde eine Kamera ausgelobt für die, die sich besonders eifrig engagierten. Die wurden im alten Forum als Verräter bezeichnet, aber als dann das oly-forum nach zwei Jahren immer noch nicht lief- oly-e schon – bekam ich eine Anfrage von Olympus, ob ich nicht das oly-forum moderieren wolle. Ich wollte nicht und habe Dieter gefragt, was da los sei. Er solle auch ein Konzept abgeben, hat er mir gesagt. Und es sei noch ein dritter Mod gefragt worden. Da ich keine Lust hatte, habe ich mal schnell eine A4-Seite zusammengestümpert und hingeschickt. Zack, wurde ich eingeladen. Also bin ich nach Hamburg gefahren, habe im ICE einen kleinen Vortrag mit ein paar Folien gemacht und als ich dann in Hamburg saß, kam Aki Murata rein, ich solle das bitte auf Englisch halten. Also habe ich improvisiert und die haben mich einen Vertrag unterschreiben lassen. Beratervertrag. 2000 Euro im Monat, 60 Stunden im Monat Moderation und Support. Ein Monat Kündigungsfrist. Ich müsse auch für Promo zur Verfügung stehen.

Ich bekam einen Zugang zu den internen Dingen und stellte fest: Das Forum war tot. Mausetot. Der Kundenkontaktpreis war astronomisch. Ich habe meine Auswertung an Olympus geschickt und hatte den ersten Ärger am Hals. Denn das wollte natürlich niemand wissen, dass das Forum ein totes Pferd war. Da hatten ja ein paar Leute richtig Geld in die Hand genommen. Ich solle mich anstrengen. Ursprünglich war geplant, dass das oly-forum für Bilderdiskussionen sein solle und oly-e für die Nerds. Technikkram halt. Ich fing an, auf dem oly-forum technische Fragen zu beantworten, blitzartigen Support zu leisten. Die Zugriffszahlen stiegen rapide an, auch weil die Händler es empfahlen “Da werden sie geholfen”. Und nach ein paar Jahren war das Forum am Ende der technischen Leistungsfähigkeit angelangt. Der Server konnte maximal 60 gleichzeitige User verkraften. Die Agentur, die das programmierte, tat, was sie konnte, aber es wurde nicht wirklich besser, weil die Serveradmins von Olympus nicht mehr Leistung rausrückten. In dieser Zeit war ich im Durchschnitt 14 Stunden täglich am PC und moderierte und supportete.

Zwischenzeitlich liefen auf dem oly-forum die heftigsten Technikdiskussionen und natürlich gab es auch Leute, die dann über die Stränge schlugen und persönlich beleidigend wurden. Das Problem war nicht, dass sie mir gegenüber beleidigend wurden, das war völlig normal, sondern dass sie andere Forenten beleidigten und verleumdeten. Das ist strafbar und wurde von mir unterbunden. (Im Vertrag war festgelegt, dass ich persönlich für Verstöße von Usern gegen Nutzungsbedingungen haftbar war.) Die gesperrten Helden waren dann natürlich stinkesauer und beschwerten sich in Hamburg. Freundlicherweise wurden die Stänkerer dann durch Order de Mufti wieder freigeschaltet und bekamen natürlich Oberwasser. Irgendwann dann eskalierte die ganze Sache und anstatt mir den Rücken freizuhalten, wies mich Olympus an, als sichtbarer Mod zurückzutreten und in Zukunft die Moderation mit einem anderen Account vorzunehmen. Als ich dann im Sommer 2017 in Hamburg zur Besprechung war und erklärte, dass ich gelegentlich auch mal schlafen wolle, wurde mit erklärt, Nils werde mich als Mod unterstützen und dann könne man ja meine Vergütung auf die Hälfte kürzen. Nils ist natürlich nie als Mod tätig geworden. Und ich muss so ungläubig gekuckt haben, als man mir meinen Stundenlohn von 5 Euro auf zwofuffzich kürzen wollte, dass sie es doch nicht gemacht haben – sie hätten dazu ja auch meinen Vertrag kündigen müssen – und dann wäre die Frage gewesen, ob ich das noch mal unterschrieben hätte.

Ein halbes Jahr später dann hat Olympus das 17mm f/1,2 rausgebracht und zur Promo ein Video auf einem Rangierbahnhof gedreht, wo die Models auf Schienen unter einem Portalkran posiert haben. Einem Forenten, der Eisenbahner war, fiel das auf, und der hat getobt. Ich habe in Hamburg nachgefragt, was es da für einen Kommentar dazu gibt. Die Antwort war “Das gehört so, wir haben da nichts falsch gemacht.” Daraufhin habe ich ein Fax aufgesetzt und meine Kündigung nach Hamburg gefaxt.

Nils hat mich dann noch mal kontaktiert, er solle von seinem Cheffe fragen, warum ich denn gekündigt hätte, ich habe ihm das noch mal gesagt. So wie das aussieht, haben sie es nicht geglaubt, denn mir wurde aus Tokio erzählt, dass ein Mitarbeiter von Olympus (NICHT Nils) auf einem Vortrag in Tokio erklärt hat, ich würde von der Konkurrenz bezahlt um Olympus/OMDS zu ruinieren. Mittlerweile ist dem gekündigt worden, aber die Story ist immer noch in den Köpfen drin.

Nein. Ich habe gekündigt, weil ich nicht für Firmen arbeite, deren Produkte und deren Politik ich nicht vertreten kann. Ich habe mich vor einiger Zeit bei einer Marketingagentur beworben. Die wollten mich auch nehmen, aber als ich erfahren habe, dass die für Rheinmetall arbeiten, habe ich abgesagt.

Ja, es gehört zum Kapitalismus wohl, Leute zu bescheißen. Aber dann muss der Kapitalismus eben ohne mich auskommen.

Titelbild: Ich habe den Vertrag damals am 29.6.2010 unterschrieben, also vor etwas mehr als 15 Jahren. Dieses Foto habe ich damals in Hamburg gemacht. Ich sollte gerade ein Buch über die G2 schreiben und war also mit der Pana-Kamera bei Olympus gesessen. Nein, haben sie gesagt, das sei kein Problem.

14 Replies to “Es ist acht Jahre her”

  1. Was stimmt an den Gerüchten, wonach Du Olympus (und ev. später auch OMDS) angeboten hast, in einer Art beratender Funktion (keine Ahnung ob als Angestellt oder als Freelancer) Deine Dienste anzubieten, aber abgelehnt worden bist?

    1. Ich habe mich beim Support in Portugal als Telefonsupporter beworben, weil ich dachte, das wäre doch genau mein Job. (Dann kriege ich vielleicht mal Geld für das, was ich mache.) Keine Antwort. Ich habe angeboten, durch die Republik zu fahren, und Sensoren zu putzen. Abgelehnt. (Habe ich auch schon mal erwähnt) Ich habe angeboten, mit dem Roller drei Wochen von Händler zu Händler zu fahren, mit einer neuen Kamera im Gepäck, um echte Outdoortauglichkeit zu demonstrieren und die Fachhändler vor Ort zu promoten. Wurde von Frau Kristie Galea abgelehnt.
      Das war’s.
      Es gab Leute, die das gerne gehabt hätten, dass ich als “Berater” für Hamburg tätig werde, aber ich hatte ja sieben Jahre lang bereits einen “Beratervertrag” – und sowas unterschreibe ich garantiert nicht noch mal. Ich habe lange NDAs unterschrieben, bis ich festgestellt habe, dass ich dadurch nicht mehr Infos bekomme, aber weniger sagen darf.

  2. Jaa…. so ist das im Kapitalismus, und das ist Systembedingt.

    Ironischerweise, durch das aufkommen des Kommunismus, war dieser unter Druck, und ich sehe rückblickend die Zeit von ca. 1948…1990, als die Zeit, in der der Kapitalismus Kreide gefressen hatte, unter dem Druck, daß sich die Bevölkerungen einer Alternative zuwenden können.
    Das Programm wurde in Washington entwickelt, hieß: Immunisierung gegen den Kommunismus und wurde beginnend mit dem Marshall-Plan Europa “verkauft”. Von daher war es nicht der Kapitalismus, sondern die Soziale Marktwirtschaft (auch Bonner Republik) welche den Kommunismus “besiegt” hat, auch wenn das nur die Sowjetunion gewesen ist, und “Kommunismus” in China noch sehr amprosperieren ist.

    Interessant in dem Zusammenhang, die Doku: “Germany made in USA” bei youtube zu finden.

    Und nungut seiter wird das Sozial in namen des Neoliberalismus systematisch Rückabgewickelt, mit dem Anspruch schliesslich habe der Kapitalismus gegen den Kommunismus gewonnen, und es gäbe keine Alternative. Wobei die Anstalt, als sie noch durfte hat das mit ihrem Sketch über die Mont Pèlerin Gesellschaft auf den Punkt gebracht.

    https://www.youtube.com/watch?v=UHlfcUT2izk

    Wobei trotz alledem die Olympus Produkte mit ihrer Maitani Philosophie – konsequent einen eigenen Weg zu gehen, irgendwie ein Lichtblick gewesen sind, und es auch deshalb weh tut, zu sehen wie es inzwischen dort abgeht.

      1. In der Tat, dieses Video scheint defekt zu sein. Den Videolink den ich ursprünglich gesehen habe gibt es nicht mehr. Ich hatte nach ersatz gesucht, dieses fing gut an, die länge passte auch….

        Der Link von Ruedi funktioniert gut, danke dafür.

        Wobei das ja jetzt nur ein Sketch aus einer Sendung von 2017 ist. In div. Archiven findet man das ganze, aus der Zeit der Jamaika-Versuche. Nachdem ich das mal wieder angesehen habe, ist schockierend, wie aktuell das inzwischen noch ist.

        https://archive.org/details/2017-11-12_Die-Anstalt

        https://www.dailymotion.com/video/x68l609

  3. falls du mit dem Eisenbahner mich meinst…..
    kann mich nicht erinnern das ich getobt hätte.
    Ich habe ein paar Anekdoten dazu geschrieben, aber definitiv nicht getobt. Das sieht bei mir anders aus. Kann gerne nachgelesen werden, meine Post stehen dort noch.
    Gruß vom Ex- Eisenbahner, bin inzwischen raus….. im diesen sog. Forum und bei der Bahn

    1. Ich habe gerade die Mail nachgekuckt, die ich damals geschrieben habe. Und ja, Du hast recht, Du warst noch relativ “relaxt”. Aber in Kombi mit den folgenden Kommentaren und der Antwort von Olympus hat sich bei mir in der Erinnerung ein erhöhter Adrenalinpegel festgesetzt….

  4. Lieber Reinhard,
    das Shooting für das 17mm F1.2 fand nicht auf einem Rangierbahnhof statt sondern am Deutsches Hafenmuseum – Standort Schuppen 50A. Dort gibt es still gelegte Schienen.
    Michael

    1. Ich weiß, dass das am deutschen Hafenmuseum stattfand. Und ja, es gibt dort stillgelegte Schienen, aber der Rest war damals noch in Betrieb. Ich habe das extra gecheckt, auf der Website des Hafenmuseum wurde extra darauf hingewiesen. Das spielt aber für den Punkt gar keine Rolle – weil das erst dann drangeschrieben wurde, als ich bereits gekündigt hatte. Es wurde im Video nicht mitgeteilt, dass das eine abgesperrte Anlage war. Entscheidend war das Vorbild, das vermittelt wurde. Wenn damals nach meiner ersten Mail der Disclaimer drangemacht worden wäre, wäre vielleicht vieles anders verlaufen. Einfach ein “Sorry, wir haben den Disclaimer vergessen, kommt gleich.” hätte vollkommen gereicht.

      1. Wenn man sich das Video mal genau anschaut https://www.youtube.com/watch?v=oL4thSIP85E dann sieht man, dass die Schienen klar nicht mehr im Betrieb sind. Keine blanken Stellen, die entstehen, wenn Züge über die Schienen fahren. Die Brücke zum Wagon auf dem das Model stehet ist fest installiert. Jeder der auf die Details achtet kann sehen, dass es sich hier um einen stillgelegten Bereich handelt.

        1. Jetzt machst Du Dich lächerlich, oder? Soll ich Dir Fotos zeigen von zugewachsenen, rostigen Bahngleisen, die noch in Betrieb sind? Soll ich Dir den Passus von der Bahn zeigen, auf dem das Betreten ALLER Bahnanlagen, egal ob im Betrieb oder nicht, verboten ist? Willst Du mir ernsthaft weismachen, dass Endkunden auf dem Handy in Winzauflösung ein Werbevideo auf solche Details hin untersuchen? (Aber wenn Du schon auf Details bestehst: Die längste Szene, in der man die Szene wirklich genau ankucken kann, ist das Bild auf dem Laptop bei 1:32. Und was sieht man? Nix von rostiger Schiene, die glänzt wie frisch poliert, das Gleisbett ist bestens in Schuss und frisch gezupft. Im übrigen wird klar von “industrial” gesprochen, nicht von “Museum”. Es wird also bewusst der Eindruck erweckt, das sei in Betrieb.)
          Was mich erschüttert ist, dass offensichtlich in der Abteilung, die das verbockt hat, nicht die geringste Einsicht besteht. Auch nach Jahren nicht. Beim Härtefilmfestival hat die zuständige Abteilung an jedes Video einen Disclaimer drangesetzt. Aus gutem Grund. Leider wurde die Agentur, die diese Videos geschnitten hat, anscheinend nicht mehr beauftragt.

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