
Am Freitag abend war ich hier im Nachbardorf auf dem “Mittelalterfest im Landl”. Ich habe hier schon öfter darüber geschrieben, hatte mal einen Kurs mitgenommen und bin eben jetzt wieder hin. Falls jemand das auch in Erwägung zieht, Freitag ab Nachmittag ist eine gute Zeit, relativ wenig los, man kann sich mit den Leuten unterhalten, die Leute laufen zum großen Teil in Kluft rum und wenn man selber ein bisschen altertümlich daher kommt, fällt man gar nicht groß auf. Samstags ist dann das ganze Umland da, die Parkplätze werden knapp, die Schlangen an den Fressständen sind erstaunlich und die Sitzplätze Mangelware.
Als Band waren die “Streuner” engagiert. Eine Band die so alt ist, dass sie ihren Bandnamen noch als de-Domain bekommen haben. In der Pause habe ich Roland Kempen, den Gründer der Band ausgequetscht – oder, genauer, mir von ihm seine Lebensgeschichte erzählen lassen.
Der Name “Streuner” kommt eigentlich von Roland Kempen, der seit Urzeiten DSA spielt. Und dort eben einen “Streuner”, der mittlerweile 16. Stufe ist. Auch die DSA-Gruppe hieß “Die Streuner” und da war es dann naheliegend auch die Band so zu taufen. In den 30 Jahren hat sich natürlich mehrfach die Besetzung geändert und da die Band einerseits aus Berufsmusikern besteht, die die Butter auf ihre Brötchen verdienen müssen und andererseits eine Lehrerin und ein Physiker mitspielt, für die das mehr so “Hobby” ist, werden die nicht ganz so lukrativen Auftritten von den “Profis” gemacht, und wenn dann mehr Geld im Etat ist, sind es dann halt nicht vier, sondern mehr. In Selb, beim 30-jährigen Jubiläum waren sie zu elft. Mit Cello, Bratsche und drei Geigen.

Das ist einer der Geiger, wenn jemand das freundliche Gesicht meint zu kennen, der spielt ab und zu mal mit dem Tanzorchester Ehrenfeld im ZDF …. Im Landl waren es dann mehr so Trinklieder aus dem 13. und 14. Jahrhundert….
In Selb hatten sie dann auch einen ernsthaften Drummer dabei, der ansonsten auch mal für Anastasia trommelt. Im Landl war es ein Cajón, auf dem der “Walli” saß:

Das Cajón ist jetzt natürlich nicht so ganz mittelalterlich, aber das ist die Geige ja auch nicht (die ersten Abbildungen tauchen erst um 1500 auf. Mittelalterliche Streichinstrumente waren mehr so aus dem Vollen gefräst. Ein Beispiel für einen mittelalterlichen “Bass” ist zum Beispiel das “Trumscheit“. ) Noch am ehesten an die Funktion eines Cajóns kommt noch ein Semantron ran…
Das ist aber ziemlich wurscht, weil die Jungs sich gar nicht erst mit “Holde Maid, darf ich es wagen…” a la Zupfgeigenhansel aufhalten, sondern gleich so richtig Alarm machen. Streuner halt.

Ach ja, zum Fotografischen: alles mit der PEN-F. Fokus auf den Punkt. Da die Streuner komplett ohne PA auskommen, also auch keine Mikros haben, nutzen die den Platz auf der Bühne auch aus. Sprich, die bewegen sich. Und wie. Da gibt’s kein “Ich stell mal auf das Mikro scharf, der Sänger wird dann schon so grob in der Schärfe stehen.”
Das ist übrigens “Pinto der Schäfer”, bürgerlich auch Carsten Hickstein genannt.
Und hier endlich den “Cheffe” Roland Kempen alias “Roland lö Franzose”:

Vollblutmusiker und eigentlich Pianist. Unter “Ro’s Kaschemme” streamt er jeden Mittwoch auf Twitch. Die Videos sind dann noch jeweils zehn Tage Online, man kann sich also zwei Stück reinziehen -ganz ohne Anmeldung. (Twitch muss man mögen oder lassen, mich würde das ganze Blinkeremoji-Zeug wahnsinnig machen.) Wer mal einen Einblick in die Mittelaltermusik-Szene auf Märkten und Festivals haben will, einfach mal reinkucken. Ist wie eine Parallelwelt.
Seit Jahren bastelt Roland an einer DVD zu 30 Jahren Streuner. CDs gibt’s ja, aber eben die DVD. Auch er hat das Problem, dass da natürlich Copyrights und Persönlichkeitsrechte tangiert werden. Gerade wenn man Profimusiker im Boot hat, die eventuell woanders Verträge haben, ist das nicht so einfach. Und die Streuner sind eine GbR – sprich, wenn sich auch nur einer querstellt, war’s das. Ist also eine langwierige Sache. Eigentlich ein Jammer, dass es auch auf YouTube kein wirklich brauchbares LiveVideo gibt. Aber vielleicht fragt Roland ja mal jemand, der sowas relativ unkompliziert und schnell realisieren kann….. Hint, Hint, Hint….. 😀
Update:
Am Samstag abend war ich mit einem Bekannten dort, der eine XZ-2 dabei hatte. (Kann sich noch wer erinnern, was das war? Ne Edelkompakte von Olympus.) Der hat mal schnell die Totale gemacht und ich habe mit der PEN-F die Details übernommen. Nur ein halbes Lied, aber gibt vielleicht einen Eindruck:
Der Ton stammt aus den Kameramikros, deshalb natürlich Publikumston.
Durch Reinhards Bericht neugierig geworden, habe ich mich heute, am Sonntag Mittag, auf den Weg nach Mühlhausen gemacht. Es war jetzt nicht übermäßig voll, aber halbwegs gut besucht. Zwei ältere Herren mit Kameras konnte ich entdecken: Sony Alpha 7 und Canon IXUS. Der Rest Handys, sofern überhaupt fotografiert wurde. Die heutige Band „irregang“ war ganz gut anzuhören. Ich habe mir für 15 € eine CD mitgenommen, zur kleinen Unterstützung der Band.
Sie haben auch eine eigene Website: http://www.irregang.de
Inclusive Shop. Wenn jemand mittelalterliche Musik mag….
Denke noch sehr gerne zurück an Deine tollen Kurse in Rocksdorf auch mit Besuch des Mittelalterfestes (und hier steht immer noch das handgeschnitzte Pferdchen vom Markt dort als schöne Erinnerung).
Im Jahr darauf kam Corona – und so vieles änderte sich – auch dass es leider keine Kurse mehr gibt 🙁
Immerhin gibt‘s das kleine, aber feine Mittelalterfest in Hofen noch/wieder; für nen Kurz- oder Spontanbesuch aus dem Norden jedoch ein büschen zu weit.
Die Edelkompakte XZ-2 hab‘ ich (als Erbstück) übrigens auch noch und manchmal fällt es fast schon schwer, ob sie als kleine Zweitkamera mitkommt oder die PEN-F. Jedenfalls passt sie, als kleine Kostbarkeit und Immerdabei-Kamera, noch in die kleinste Tasche 🙂