Bezahlschranken und Affenlinks

Ihr kennt das? Man landet über einen Link auf einer Website die einen mit “weiterlesen mit Werbung oder Abo abschließen” empfängt. OK, Dann halt Werbung. Und dann kommt als nächstes die Aufforderung, der Verwendung der Daten bei allen 753 Partnern zuzustimmen. Und wenn man dann noch nicht wütend weggeklickt hat, kommt die Aufforderung, ein Euro zehn für den Artikel zu überweisen.

Das ganze nennt sich harmlos “Bezahlschranke” – ich würde eher sagen “Raubritterburg”.

Bezos Bude verkauft Abos, wo man bei der Werbung “Bitte fragen Sie ihren Arzt oder kotzen Sie vor die Apotheke und das Produkt kann Werbung enthalten” erfährt. Man zahlt also Abo und kriegt trotzdem Werbung. Wie bei den ganzen Privatsendern und der GEZ.

Bei Youtube gibt’s einen dauernden Krieg zwischen Google und Werbeblocker-Herstellern. Ich würde ja google-Werbung einsehen, wenn die nicht ungefragt Filmemacher ausbeuten würden, die überhaupt keine Werbung schalten. Und diese Creator sehen dafür keinen Pfennig. Wer nicht fair ist, braucht von mir keine Fairness erwarten. Auch bei meinem Content schaltet YouTube Werbung davor. (Und nachdem Google meinen Adword-Account 2009 kurzerhand gekündigt und die aufgelaufene Kohle behalten hat, glaube ich denen sowieso kein Wort mehr.)

Wer keine Bezahlschranke hat, der macht es über Affiliate-Links. Klickste hier drauf, kriege ich Kohle, damit das Angebot weiterhin umsonst bleibt. Wie groß ist die Begeisterung, das entsprechende Produkt objektiv zu beurteilen, wenn man am Verkauf verdient?

Ja, aber wie soll man dann so ein Webangebot – das richtig, richtig aufwendig ist – über Jahre hinweg finanzieren? Denn es geht ja gar nicht drum, die Serverkosten zu decken – das ist pillepalle. Es geht drum, dass so ein Blog wie pen-and-tell mit Daily Content eigentlich ein Vollzeitjob ist.

Das ging gut, als Olympus noch regelmäßig Kameras rausgebracht hat, die sich gut verkauften, die Neuerungen drin hatten und bei denen man über die Bücher Geld verdienen konnte.

Während ich mit Büchern über die E-M1 Gesamtauflage gut 10.000 Stück verkauft habe (Print bei Franzis und Digital) und es bei der E-M1II immerhin noch 5100 waren, waren es bei der OM-1 nur noch 1889, bei de E-M1X 631, der OM-1II 259 und bei der OM-5 212 Exemplare. Der absolute Spitzenreiter ist die E-PL10: 21 Exemplare. Die E-PL9 war das letzte Buch, das ich bei Franzis rausgebracht habe. Die Printauflage ist bis heute nicht verkauft.

Das Geschäftsmodell bricht gerade zusammen. Und wenn ich mir die Verkaufszahlen ansehe, dann hilft es auch nicht, sich die neueren Kameras zu besorgen und Bücher drüber zu schreiben. Wenn ich in der Zeit Pakete ausfahre, verdiene ich mehr.

Was ist nun der Weg aus der Krise? Fans um Spenden anbetteln? Unterhosen verkaufen? Bababababanküberfall? Affiliate Links und “Kooperationen”?

Nope.

Ich mache einfach das, was ich kann: Fotografieren. Filmen. Schneiden.

Und Leute suchen, die für gute Fotos und Videos auch gutes Geld locker machen.

Und Lichtbuch schreiben.

Der Blog bleibt. Ohne Bezahlschranke, Datenabsaugerei und Affenlinks.

Und wenn es mal wieder eine interessante Kamera eines interessanten Herstellers gibt, schreibe ich auch wieder ein Buch.

11 Replies to “Bezahlschranken und Affenlinks”

  1. Hallo Reinhard, dann bin ich wohl der Einzige, der das E-PL9-Buch von Franzis gekauft hat :-).
    Ich finde es aber gerade ihn dieser Form absolut super. Kann man schön blättern und sich
    genüsslich Zeit nehmen. PDFs sind immer irgendwie Hektik ;-).
    Viele Grüße Uwe

  2. Danke Reinhard für Deine Transparenz und Offenheit. Ich frage mich schon lange, wie Dein “Geschäftsmodell“ (vulgo = Lebensunterhalt sichern) mit so einer mittlerweile zum Nischenprodukt verzwergten Kamera-Marke funktioniert.
    Ich wünsche Dir viele interessante, sympathische und solvente Auftraggeber!
    Und: DANKE für diesen Blog PAT und den sympathischen monatlichen FolyFos!
    Übrigens: Solange ich lebe und denken kann, bin ich bereit und akzeptiere ich, für Dinge, die mir etwas bedeuten, Geld zu bezahlen. Das fing schon als Kind an mit den Karl-May-Winnetou-Bildern, die man damals im Schreibwarenhandel im verschlossenen Tütchen kaufen und dann mit den Schulkameraden tauschen konnte. Habe einen erklecklichen Teil meines Taschengeldes darin investiert.
    Insofern wäre ich auch absolut bereit, für Deinen genüßlichen und wertvollen Content einen monatlichen Obolus als Abo o.ä. zu bezahlen.
    LG, Saint-Ex

    1. Geht ganz einfach: jeden Monat einmal in den Bookshop hier und irgendein Buch kaufen. Mehrfachkauf ist möglich. Dein Geld kommt bei Reinhard an, egal ob obuliert oder gebüchert. Der Be(i)trag ist frei wählbar, denn es hat unterschiedlich bepreiste Angebote.

      Nur so eine Idee.

  3. Na, die gerade im Newsletter beworbene „neue“ E-M1 III ASTRO wird auch keinen Stoff für einen Bestseller liefern. Es sei denn Du schreibst gleich einen kompletten Schmöker für die Sternengucker.

    Der Aufmacher mit dem Olympus-Schriftzug auf dem Sucherbuckel lässt aber wenigstens Raum für Satire.

    1. Ich habe die Kamera im letzten Jahr mit Interesse verfolgt, da ich schon lange mit umgebauten Kameras Astrofotos mache.
      Leider ist die E-M1III Astro wieder ein Beispiel für heftige Preispolitik. Eine neue Mark III plus Umbau kostet etwa 1600-1700€. Die Kamera selbst bietet sonst keinerlei Extras, andere Hersteller haben da schonmal noch ein paar Goodies in der Firmware ergänzt.
      Die beiden mitgelieferten Filter sind als ClipIn sehr praktisch,, weil selbst mit dem Fisheye nutzbar, dafür abaer auch unverschämt teuer. Der Filter gegen Lichtverschmutzung sieht den typischen Astrofiltern sehr ähnlich, die wurden bei Rollei auf der Resterampe schon mal für 20€ in allen Größen verkauft…
      Der Softfilter ist auch brauchbar, aber ebenfalls viel zu teuer.

      Wie viele Gehäuse mögen da noch am Lager gelegen haben, das die alte Kamera jetzt doch noch von Japan nach Europa geschwappt ist???

      1. Ich bin ja kein Astro-Spezialist, aber die Clip-in-Filter gleichen doch tatsächlich denen von STC Optics, und der Softfilter (209 €) sieht sehr nach “Star Mist” aus ($70)…

        Vielleicht am meisten irritiert mich aber, dass sie nicht auf die Idee gekommen sind, dass der Kamera mit sowas wie dem “UV-IR-CUT”, den STC ebenfalls als Clip-in-Filter für $100 anbietet, ganz einfach auch die Alltagstauglichkeit hätte mitgegeben werden können, wenn ich mich nicht sehr irre. Honi soit…?

  4. “Ich würde ja google-Werbung einsehen, wenn die nicht ungefragt Filmemacher ausbeuten würden, die überhaupt keine Werbung schalten.”

    Ich nicht. Werbung zu blockieren richtet sich nicht allein gegen die Werbung. Das ist Selbstverteidigung in Sachen IT-Sicherheit und informationeller Selbsbestimmung.

    1. Werbung und Cookie-Seuche (u.ä.) sind zwei paar Stiefel. Die Werbung sehe ich ein, Inhalte produzieren kostet Geld, irgendwer muss das zahlen und die Konsumenten sind selten bereit, freiwillig zu zahlen. Aber das geht eben auch, ohne dafür die Daten an 756 “Partner” weiterzugeben.
      Werbetreibende wollen natürlich auch einen Erfolgsreport sehen. Aber – und das ist der Gag an der Sache – der Erfolg wird meistens in Kundenkontakten gemessen. Wichtig ist aber nicht, wie viele Leute das Zeug gesehen und vielleicht für bescheuert gehalten haben, sondern wie viele Kunden habe ich gewonnen. Und zwar Mehrfach-Kunden. Ein Einmalkunde ist OK, nichts dagegen. Aber langfristig überlebt die Firma nur mit Stammkunden. Die helfen einem auch über Durststrecken weg.

      1. Ich kann da jetzt nicht rauslesen, ob das ein Widerspruch zu meinem Kommenatr sein soll, aber bei Adblockern und Selbstverteidigung geht es nicht nur um Cookies.

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