
Heute mal wieder ein bisschen Lokalkolorit. Fangen wir mit der Begriffsklärung an. “Kirwa” ist die Kurzform von “Kirchweih”. Also ein jährliches Fest zur Erinnerung an die Weihe der Kirche. “Kirwa” ist dabei ein Begriff, der vor allem in der Oberpfalz und im östlichen Franken üblich ist, “Kerwa” dagegen im Restfranken – und im Nürnberger Raum ist es dann die “Kärwa”. An der Grenzlinie zwischen “Kerwa” und “Kirwa” sind heiße Kämpfe zwischen den “Kirwaboam” und den “Kerwaboam” im Gange, wer sich da jetzt nun korrekt bezeichnet. In Rocksdorf bin ich schon ein paar Kilometer auf “Kirwa”-Gebiet. Allersberg, knapp 12 Kilometer weg, ist schon “Kerwa”-Grund.
Im “Landl”, dem Gebiet unterhalb der Sulzbürg, gibt es drei Dörfer, die immer wechselseitig die “Landl-Kirwa” ausrichten. Kruppach, Wettenhofen und eben Rocksdorf. Der Trick dabei ist, dass nur Rocksdorf eine Kirche hat – und noch nicht einmal einen Pfarrer. Der kommt immer von der Sulzbürg runter um ab und zu Gottesdienst zu halten.
In diesem Jahr hatte der Schützenverein in Rocksdorf – die “Landl-Schützen” – 60-jähriges Bestehen und die haben dann in die Tasche gelangt und ein großes Festzelt aufgestellt. Da war die letzten Tage dann auch abends Halligalli – wir machen durch bis morgen früh und singen – und heute dann wurde eben traditionell der “Kirwabaum ausgetanzt”.
Der Kirwabaum ist das, was in anderen Gemeinden der “Maibaum” ist. In Rocksdorf ist er dieses Jahr 39,4 Meter hoch. Das ist ziemlich gewaltig. Um den Kirwabaum gibt es eine Tanzfläche mit Geländer und auf dem findet das “Austanzen” statt.

Veranstaltet wird das von den Kirwaboum und -Madln. Traditionell findet das Austanzen Barfuß und in Dirndl und Lederhose statt.

Natürlich gibt’s Schreittänze und Walzer, aber auch Showeinlagen mit Bänken.

Dabei werden die Bänke rhythmisch auf den Boden geschlagen. Das ist schon zu zwei nicht ganz ohne, da das Timing passen muss – wirklich heftig ist, wenn die Bänke über Kreuz stehen. Dann müssen vier Jungs das wirklich exakt synchron machen. Sonst endet das auch mal in einer gebrochenen Hand.

Das ist nur was für Geübte. Erschwerend kommt hinzu, dass grundsätzlich in der Mitte, direkt am Maibaum ein Kasten Bier steht, der während des Austanzens geleert wird. Dazu pralle Sonne am heißesten Tag des Jahres.

Am Nockherberg gibt’s das “Derblecken” – beim Austanzen die “Gstanzln”. Kurze Verse, die immer ein bestimmtes Ereignis oder eine bestimmte Lokalgröße aufs Korn nehmen. Das erwischt auch den – anwesenden – Bürgermeister. Natürlich alles im lokalen Dialekt und für Gäste von “Außerhalb” komplett unverständlich.

Zum Schluss wird der “Kirwastrauß” ausgetanzt. Alle paar Takte wird der Strauß von Paar zu Paar weitergegeben. Wer beim Abbruch der Musik den Strauß hat, ist das neue Kirwapaar”.

Die Ehre ist nicht bei allen begehrt.
Und zum Schluss noch ein “Follow Up” zu einem Artikel von mir von 2023. Das Waschbrett. Hier mal im Einsatz als Musikinstrument. Und zwar nicht so, wie es die Skiffle-Musiker gemacht haben, sondern eben “traditionell”.

Dabei wird mit den Stecken nicht etwa aufs Blech geschlagen – das ist ansonsten relativ schnell “hinüber”, sondern auf den Rahmenkopf. Das gibt einen ganz charakteristischen “Sound” irgendwo zwischen Schellenring und Klangstäben. Hat den Vorteil, dass es irrsinnig schnell gespielt werden kann.
Ach ja – und damit die Schatten nicht absaufen, steht die E-M1II auf Gradation “Auto”.
Schöne Traditionen! Gefällt mir sehr…
Sehr schön beschrieben das Brauchtum, sehr lehrreich. Bei uns im Thüringer Holzland ist es eben das Maibaumsetzen, welches ebenfalls sehr groß gefeiert wird, weniger kirchlich geprägt, kommt von der Handwerkszunft der Zimmerer.
Unser Maibaum ist “nur” 37,5 m lang, da können wir nicht mithalten aber er wird sehr traditionell gesetzt, nur mit Handarbeit unter Zuhilfenahme von Leitern und Stangen. Unser Baum besteht aus eigentlich zwei Bäumen, dem Stamm und dem Gipfel, die auf einer Länge von fast 3 Metern durch Eisenbänder verbunden sind. Wie ist es bei diesem 39-Meter-Exemplar?
Das ist eigentlich EIN Baum, nur ist beim Fällen die Krone abgesplittert, die haben sie – auch mit Eisenbändern – wieder drangeflickt. Der Baumfäller hat entsprechend auch ein “Gstanzl” abgekriegt.
Hallo,
ist relativ früh. Ich kenn den aus Ehenfeld. Wenn ich mich nicht falsche erinnere, wird der immer im Oktober aufgestellt und ausgetanzt.
Hatte da auch mal Fotos gemacht, weil eine Bekannte da mit getanzt hatte. War da noch mit E-500 und E-620 am Start mit langer und kurzer Brennweite. Und es hat leicht genieselt. Haben beide Kameras ausgehalten und gehen heute noch. Auch die Objektive. Das Zoomen hatte ich dann aber brav unterlassen. Nur eines davon war ein Pro…
Trotzdem ein mulmiges Gefühl gewesen 😉
Schönen Gruß
Werner