Excire und X-Ways

Wer Excire verwendet, hat sich sicher schon mal über die grandiose Erkennungsleistung der Software amüsiert. Ich habe das ja schon des Öfteren thematisiert und ich brauche das wohl nicht noch mal machen. Wer die Software hat kann sich selbst überzeugen. Ich habe auf jeden Fall bei allen Bildern, die ich neu einlese, die Erkennung abgeschaltet. Wenn das Löschen von falschen und blödsinnigen Stichwörtern mehr Arbeit verursacht, als die Bilder von Hand zu verschlagworten, dann ist es sinnvoll, auf die automatische Verschlagwortung zu verzichten. Lästig ist, dass damit die Bilder auch aus der KI-Freitextsuche, der Ähnlichkeitssuche und der Gesichtserkennung herausfallen. Es gibt keine Möglichkeit, die Bilder analysieren zu lassen – aber die albernen Schlagwörter nicht zu bekommen.

Das ist soweit einfach nur lästig, aber heute bin ich über X-Ways gestolpert. Das ist eine Software für “Forensiker” – also die Polizei, die damit nicht nur nach Geheimdokumenten auf Computern sucht, sondern auch nach “Kipo”. Oder Nackheit. Oder eben bestimmten Personen. “Sicherung elektronischer Beweismittel”. Eingebaut ist die Bildanalyse von Excire. Jeder kann selbst feststellen, dass die Erkennungsleistung von Excire für den Fotografenalltag ganz nett ist – unter hundert Bildern, die gefunden werden, sind meistens ein paar Bilder dabei, die man brauchen kann. Aber möchte man die Ergebnisse von Excire in einem Ermittlungsverfahren verwendet sehen?

Ich bin da mal skeptisch.

Und da hört für mich dann der Spaß auch auf. Generative KI hat ja schon – bekanntermaßen – einen Hang zu Halluzinationen. Aber analytische KI, die ja durchaus nette Anregungen geben kann, hat eben genau denselben Hang. Aber wenn ich in ein Ermittlungsverfahren gerate, nur weil Excire der Meinung ist, ich sei identisch mit einem Typ auf einem “Kipo”, dann ist das für mich nicht mehr lustig.

Hier wird eine noch lange nicht ausgereifte Technologie für Dinge verwendet, wo sie nichts verloren hat. Und diese Software ist ja nicht billig, auch wenn die Website ein Design aus dem letzten Jahrtausend hat. X-Ways Forensic kostet im Jahr 1199 Euro. Mietlizenz.

Das Titelbild hat Excire gefunden, als ich nach “Blaues Auto vor rosa Haus” gesucht habe. Der erste Treffer war ein graues Auto vor einem Haus mit blauem Dach. Aber immerhin hat er ein Auto gefunden. Bei der Suche nach “Tauben an einem Brunnen” kam unter anderem das hier:

Überflüssig zu sagen, dass die meisten Bilder weder Tauben noch Brunnen zeigten. Bei der Suche nach “Aktfotografie” bekam ich tatsächlich ein paar Akte, aber ganz viele Schaufensterpuppen und komplett angezogene Personen. Unter “Nacktheit” bekam ich dann auch solche Bilder:

Ich habe dann Excire mal auf “Falschparker” losgelassen. Da kam das hier:

Nein, die waren alle perfekt geparkt. Der hier parkt gar nicht:

Und auch der hier parkt nicht:

Das ist ein Foto aus einem Shoot für die Verkehrswacht. Es wurde weder dem Jungen ein Haar noch dem Golf ein Blech gekrümmt.

Will ich eine solche Software in der Forensik haben?

Was ich aber dort gefunden habe – und was Excire bisher nicht rausgerückt hat, ist der Schlagwortbaum von Excire. Also die Schlagworte, die Excire überhaupt erkennt. Gut, der ist in Englisch, aber das ist ja genau das, was intern gespeichert wird. Das wird ja dann nur für den Anwender in Deutsch übersetzt.

12 Replies to “Excire und X-Ways”

  1. Was würden wir alle nur ohne unseren genialen Internet-Forensiker Reinhard machen? Noch dümmer sterben, als wir es sowieso schon werden ;-)… Sicher wirklich keine guten Entwicklungen … Aber immerhin gut, darüber überhaupt einen Hauch von Ahnung zu bekommen. Herzlichen Dank!

  2. Die unreflektierte, zu wenig kontrollierte und auch zu wenig beachtete Einführung von KI in allen möglichen Bereichen von Staat und Gesellschaft birgt Gefahren, die bei aller Skepsis, die es in der Öffentlichkeit zu Recht schon gibt, gar nicht vollständig überblickt werden.

    Speziell bei X-Ways und der Schlagwortliste irritiert mich allerdings zuallererst deren krasse Begrenztheit. Wobei die Polizei zumindest in Bayern, Hessen und NRW inzwischen ja auch etwas vermutlich sehr viel Leistungsfähigeres von Palantir einsetzt (vgl. https://www.br.de/nachrichten/netzwelt/us-software-palantir-durchleuchtet-bald-ganz-deutschland,UgNGC0P, https://www1.wdr.de/nachrichten/landespolitik/palantir-polizei-software-kritik-100.html)…

  3. Reinhard, was ich mich frage … ja, die Software (Excire) ist “ganz nett”. Und nach deinen Informationen hier darüber fand ich sie billig genug (Sonderangebot …), so dass ich mir eine Lizenz “zum Spielen” zugelegt habe. Aber ich höre doch hier immer wieder heraus, dass sie eigentlich zu oft Unsinn erkennt (und kann das auch mit meinem Bilderbestand nachvollziehen). Also ist sie nun nutzlos oder hat sie doch noch einen gewissen Nutzen? Gibt es vergleichbare Produkte, die signifikant besser sind?

    1. Es kommt drauf an, wie das Anforderungsprofil ist. Wenn Du tatsächlich in einem großen Bestand irgendwas suchen musst, was nie verschlagwortet wurde, dann scrollst Du Dir mit einer normalen Software einen Wolf. Mit Excire finde ich über Freitext, automatische Schlagwörter oder im Notfall Ähnlichkeits- oder Personensuche die Bilder maximal in einer viertel Stunde. Meistens bei der ersten oder zweiten Suche. Wenn Du ne Million Bilder durchsuchen musst, kannst Du Stunden und Tage damit verbringen… Es gibt eigentlich nur ein vergleichbares Produkt, das ist MyLio, das arbeitet aber über die Cloud und kostet jährliches Abo.

      1. Ich kenne die Software nicht, aber naheliegend wäre es doch, die automatische und händische Verschlagwortung getrennt zu erfassen. Bei der Suche ein Häcken setzen und es wird nur in einem oder beiden Bereichen gesucht.

        1. Die automatische und händische Verschlagwortung ist getrennt. Es geht eben darum, Bilder zu finden, die nie händisch verschlagwortet sind.

      2. laut Info auf der MyLio website gilt (zumindest) für die Personal Version:

        “Die meisten Fotoverwaltungsprogramme benötigen Cloud-Speicher. Mylio lässt Ihnen die Wahl, wo Sie Ihre Bilder speichern möchten: auf Ihren lokalen Geräten oder auf Ihren lokalen Geräten und in der Cloud. “

        1. Danke für’s Aufmerksam machen. MyLio hat anscheinend sein Lizenzmodell geändert. Man zahlt jetzt für eine Lizenz 20 Euronen im Monat. Und angeblich haben sie tatsächlich mittlerweile ein lokales Erkennungsmodell.

          Ich habe es gerade ausprobiert. Ich nehme alles zurück. MyLio ist absolut keine Konkurrenz zu Excire. ich habe jetzt gerade alle Bilder analysieren lassen, die ich 2025 geschossen habe. Folgende Tags wurden erkannt: Belichtung, Berg, Bäume, Gebirge, Gewächs, Himmel, Hügel, Richtig Belichtet und Visuelle Eigenschaften. Bei 12601 Fotos. Was das sein soll, wissen die Götter.

  4. Langsam werde ich beim Thema KI misstrauisch. Weiss ich denn, ob Beiträge und Kommentare hier nicht auch aus der KI KIste kommen?? 🙂

    1. Ich hab’s mal versucht, mir einen Artikel von der Ki schreiben zu lassen. Ich glaube, ich habe darüber berichtet. Bei den Kommentaren weiß ich es natürlich nicht. Ein relativ sicherer Hinweis für einen menschlichen Autor sind Rechtschreibfehler…. “KI KIste” kommt ziemlich sicher nicht aus der KI…

  5. Ich habe mal chatGPT nach einem blauen Auto vor rosa Haus suchen lassen. ChatGPT hat das zwar selber nicht angezeigt, aber mir eine Quelle gezeigt. Hier mal die Antwort von ChatGPT:

    “Es tut mir leid für die Verwirrung! Leider kann ich dir kein Bild direkt anzeigen, aber ich kann dir helfen, es zu finden.

    Hier ist, was du tun kannst:
    1. Besuche Unsplash (https://unsplash.com/de/)
    2. Gib in die Suchleiste ein: “Blue car pink house”
    3. Du solltest eine Vielzahl von passenden, freien Bildern finden.

    Falls du möchtest, kann ich dir auch eine andere Quelle oder eine spezielle Suchanfrage empfehlen. Lass mich wissen, wenn ich noch weiterhelfen kann!”

    Gesagt, getan, auf der ersten ergebnis Seite 2 Bilder die man gelten lassen kann

Leave a Reply to Martin Cancel reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *