GfO: Nits und Candela

Ich habe ja in den letzten Tagen ein bisschen was über HDR, Dynamik und die Unmöglichkeit, High Dynamic Range -Dateien darzustellen, geschrieben. Bei der Gelegenheit ist mir aufgefallen, dass an vielen Stellen im Internet die beiden Einheiten “Nits” und “Candela” mit einem Gleichheitszeichen versehen werden. Die beiden Einheiten wären das Gleiche.

Nun könnte ich einfach auf den entsprechenden Artikel in der Wikipedia zur Leuchtdichte hinweisen, Case closed, aber wenn andere Webseiten das ganze Thema so weit vereinfachen, dass Nits gleich Candela sind, dann kann ich auch ein bisschen vereinfachen und mal klären, was hinter der Sache steckt – und warum viele Nits toll sind – aber eben auch in Bezug auf HDR-Darstellung überbewertet werden.

Also mal zur Klärung: Lichtstärke (wir reden hier nicht von Objektiven sondern von aktiven Leuchtkörpern) wird in Candela angegeben und ist der Lichtstrom (Lumen) bezogen auf den Raumwinkel Steradiant.

Lumen hat jeder schon mal gesehen, das steht auf jeder Lampenverpackung drauf. Das ist die Menge des Lichts, die eine Lichtquelle insgesamt abstrahlt. In alle Richtungen. Eine Glühbirne strahlt in alle Richtungen, ein LED-Panel nur in eine Richtung. Ein 1000 Lumen Panel über dem Schreibtisch macht also heller als eine 1000 Lumen Birne an gleicher Stelle. Die beleuchtet nämlich im Wesentlichen eben nicht meinen Schreibtisch.

Was ist nun der Steradiant? Das ist jetzt ein bisschen kompliziert. Man stelle sich eine Kugel vor. In der Mitte der Kugel ist die Lichtquelle. Die Kugel hat einen Meter Radius. Ein Steradiant ist nun der Raumwinkel – also eine Art Kegel, der aus der Kugel herausgeschnitten wird – dessen Oberfläche auf der Kugelfläche 1 Quadratmeter beträgt.

CC BY-SA 3.0, Quelle: https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=356598

Denken wir uns diesen Raumwinkel nun als einen Kegel mit einer kreisförmigen “Bodenfläche” auf der Oberseite der Kugel, so haben wir einen Öffnungswinkel des Kegels von 65,5411 Grad. (Um alle zu verwirren: Ein Raumwinkel von 1 Steradiant kann auch jede andere Form haben, es ist nur der Flächeninhalt auf der Kugeloberfläche relevant – diese Fläche kann auch sternförmig sein, oder sogar gepunktet.)

Glühbirnen sind nun eine Punktlichtquelle, die so ziemlich in alle Richtungen gleich ausstrahlt. Viiiiele Lumen. Sagen wir mal 1000. Wieviel Candela hat die nun? Knapp 80 Candela. LEDs strahlen nicht in alle Richtungen, sondern in etwa im 60 Grad-Winkel. Eine einzelne Monster-LED mit 1000 Lumen hätte also grob auch etwa 1000 Candela. (Es geht hier nicht um absolute Zahlen, sondern einfach um die grobe Richtung.) Mit dem Beispiel der Schreibtischlampe sehen wir, dass wir, so wir annehmen, dass wir einen großen Raum mit dunklen Decken haben, eine 1000 Lumen Birne einen Meter über dem Schreibtisch die gleiche Helligkeit auf meine Tastatur zaubert, wie ein LED-Panel mit – festhalten – 80 Lumen und einem Abstrahlwinkel von 60 Grad. Beide liefern 80 Candelas.

Nachdem wir die Candelas geklärt haben, nun die Nits.

Nits sind keine Lichtstärke, sondern Leuchtdichte. Candela pro Quadratmeter. Das gibt also an, wie hell eine Fläche erscheint. Dabei muss diese Fläche gar nicht aktiv leuchten, sie kann auch “nur” reflektieren.

Nun sind 1000 Candela ziemlich heftig, wenn man sie direkt ins Auge geballert bekommt. Man nehme eine 10 Watt Reflektor-LED und halte sie sich einen Meter vor die Nase. Und nun gibt es Notebooks, die mit 1600 Nits werben. Glücklicherweise handelt es sich hier um Candela pro Quadratmeter. Also wenn das Notebook ein Display von einem Quadratmeter hätte, hätte es 1600 Candela. Ein 15,6″-Display (16:9)mit 39,6cm Diagonale hat 665 Quadratzentimeter = 0,0665 Quadratmeter. Ein 15,6″-Display mit 1600 Nits liefert also – 106 Candela. Das ist jetzt nicht so die Lichtquelle, mit der man die Bude daheim beleuchten kann. (zum Vergleich: die LED-Panels, mit denen wir unseren Maschinenraum beleuchten, liefern 12.000 Nits)

Trotzdem ist das ziemlich anständig, Andere Hersteller liefern gerade mal 250 Nits, also auf der gleichen Fläche noch 16 Candela. Wie kann man mit der Funzel dann arbeiten?

Naja. Es kommt immer auf die Umgebungshelligkeit an. (Dynamikumfang des Auges, wir erinnern uns.) Wenn wir im Dunkeln sitzen und uns 106 Candela anstrahlen (wir erinnern uns, das ist mehr als eine 1000 Lumen – 100 Watt – Glühbirne liefert) dann kneifen wir die Augen zusammen. In der Sonne, draußen, ist das notwendig, damit man auf dem Display was erkennen kann.

Trotzdem wird natürlich ein Display, selbst wenn es einen Kontrast von 2000 oder 4000:1 könnte, nicht gleichzeitig diesen Kontrast auch darstellen – das Auge kann das nicht aufnehmen. Man will nicht Text lesen, der auf einer 100 Watt Glühbirne erscheint.

Und jetzt ganz schnell wieder den Spin zurück zur Fotografie: Was ist nerviger als ein zu dunkles Display in praller Sonne? Ein zu helles Display in der Nacht.

Und warum ist noch niemand bei OMDS auf die grandiose Idee gekommen, einen billigen Helligkeitssensor in die Kameras zu bauen, wie er heutzutage in den einfachsten Handys verbaut ist? Ach nee, warte mal, waren da nicht mal welche in den Olympus-Kameras eingebaut? Früher mal? Es gab sogar mal Displays die sich konstruktionsbedingt an die Helligkeit angepasst haben, weil der Displayhintergrund die externe Helligkeit “zurückgespiegelt” hat . Je mehr die Sonne aufs Display geknallt hat, desto heller wurde es. Die E-620 hatte so ein Display drin.

Aber ich nehme an, so ein Helligkeitssensor ist zu teuer. Reichelt verlangt für einen Everlight-Helligkeitsssensor mit 3,5mm Durchmesser den Wahnsinnspreis von 0,35 Euro. Ist zu viel für ne Kamera, die 2000 Euro kostet. Sehe ich ein.

Der Lampengeist: Moni fotografiert von Alfred K. in Rocksdorf.

8 Replies to “GfO: Nits und Candela”

  1. nur zur Richtigstellung: Das Foto ist von mir – Alfred K, und was nicht vergessen werden sollte, es war ein Gemeinschaftsprojekt, bei dem alle Teilnehmenden kreativ mitgewirkt haben. Das war ein wirklich toller Workshop in Rocksdorf und ich wünsche mir zukünftig weitere Gelegenheiten für solche Workshops an diesem ganz besonderen Ort. Aber Du hast ja an anderer Stelle schon erläutert, warum Du das nicht mehr so anbietest. Vielleicht finden sich mal wieder ein paar Leute zusammen, die dabei mitmachen – mir fehlt nur gerade die Phantasie, wie diese Menschen zusammenfinden können!
    Herzliche Grüße aus Dortmund
    Alfred

  2. “Mit dem Beispiel der Schreibtischlampe sehen wir, dass wir, so wir annehmen, dass wir einen großen Raum mit dunklen Decken haben, eine 1000 Lumen Birne einen Meter über dem Schreibtisch die gleiche Helligkeit auf meine Tastatur zaubert, wie ein LED-Panel mit – festhalten – 80 Lumen und einem Abstrahlwinkel von 60 Grad. Beide liefern 80 Candelas.”
    Das ist übrigens der sehr anschauliche Grund, warum unsere Schreibtischlampen (die klassische Version) üblicherweise Lampenschirme haben:
    Wenn ich es nämlich schaffe, das Licht des (nahezu) Kugelstrahlers auf meinen Schreibtisch zu bündeln habe ich dort, wo ich das Licht brauche, mehr Candelas (“Kerzen”!) zur Verfügung. Brauche also weniger Lumen des Strahlers und damit weniger Leistung in Watt…
    Dass die gute alte Glühlampe (bitte nicht “-birne”, denn Birnenform haben zwar viele Glühlampen, aber eben nicht alle) aufgrund des anderen Lichtspektrums viel Energie im nicht-sichtbaren Bereich aussendet (Wärme) und deshalb auch noch viele Watt elektrischer Leistung benötigt, die gar nicht für Beleuchtung zur Verfügung steht, ist doof. Und hat ihr, gesamtökologisch richtig, auch eine Ende bereitet. Für einzelne Anwendungen ist das Licht des Glühfadens allerdings immer noch toll. Und gefühlt auch dichter an der namensgebenden Kerze für die Lichtstärke… 😉

  3. Helligkeitssensor wäre echt gut… auch im Sucher ist’s nachts manchmal zu hell. Aber er sollte nicht dauernd die Helligkeit “pumpen”. Wie man das praktisch am besten löst, hmm – vielleicht alle 2sec messen und dann gleitender Mittelwert aus den letzten 16 Messwerten der letzten 32sec oder sowas.

    Vielleicht kann man ja das ja auch irgendwie intelligent mit dem Sensor für die Sucher/Monitor-Umschaltung kombinieren, dann würde es gar keinen zusätzlichen Platz wegnehmen und nur einmal Akku brauchen. Aber sowas ist glaub ich ein Infrarotsender, oder?

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