GfO: Orton aus der Kamera

Auf oly-e war’s ein Thema im letzten Monatsthema und ich war ein bisschen verblüfft, dass dieser uralte Hut tatsächlich wieder ausgegraben wurde. Ich hatte 2009 im E-520 Profibuch ne Seite über den Effekt geschrieben und dachte eigentlich, das wäre erledigt. (Das Bild oben ist aus diesem Buch.) Der Effekt war mit Picasa ziemlich billig zu erzeugen und deshalb dachte ich, ich muss mich da nie wieder drüber auslassen.

Also kurzer Abriss der Geschichte: Wer hat’s erfunden? Michael Orton. Er hat zwei Dias der gleichen Szene, einmal scharf, einmal unscharf, hintereinander gerahmt. Fertig. Da die Dias natürlich Helligkeit weggenommen haben, musste er die Szenen überbelichten.

So, wie baut man Orton jetzt direkt in der Kamera?

Da gibt’s mehrere Möglichkeiten, die unterschiedlich kompliziert sind. Alle erfordern erst mal ein stabiles Stativ. Und ich meine, wirklich stabil. Idealerweise betoniert. Weil man zwischen zwei Fotos an der Kamera rummachen muss. Allerdings gibt’s eine Version, wo das kritisch ist, und eine Version, bei der ein bisschen Wackelei kein Problem ist.

Man kann es mit Doppelbelichtung machen, oder mit Doppelbelichtung mit Überlagerung oder mit reiner Überlagerung. Ich zeige hier die Egebnisse aus einer reinen Überlagerung. Warum? Weil man da wunderbar die Gewichte der beiden Aufnahmen einstellen kann, also nicht während der Aufnahme bereits die Belichtung anpassen muss. Man kann einfach zwei korrekt belichtete Bilder zusammenbauen. Fertig.

Einfachste Version: Ein scharfes Bild und ein unscharfes Bild überlagern:

Hier habe ich einfach mit Gewicht 1 beide Bilder überlagert (Bild aufrufen, OK drücken, auf zweiten Bildschirm scrollen, wo “Überlagerung” steht, OK drücken, zweites Bild auswählen, OK drücken, Gewichte Auswählen, fertig.) Der Effekt ist ein überbelichtetes Bild. Was man sieht: wenn das unscharfe Bild zu unscharf ist und das Gewicht zu groß, passieren solche seltsamen Überlagerungen wie der helle Schein auf den Haaren.

Hier sind jetzt die Gewichte angepasst, aber hübsch ist das auch nicht. Das ganze Bild wirkt irgendwie seltsam. Es fällt auseinander. Problem dabei: Das “scharfe Bild” ist mit f/2,8 gemacht und tatsächlich nur das Mädel scharf. Überlagert man unscharfe Bildteile mit noch unschärferen Bildteilen wird es unter Umständen seltsam. Dazu kommt noch der Effekt des Fokus-Breathings, also der Brennweitenänderung bei Fokusänderung. Außermittige Bildelemente bekommen asymmetrische Unschärfen. Auch das sieht seltsam aus. Man sollte also das “scharfe” Bild auch tatsächlich durchgängig scharf fotografieren, damit der Effekt gut kommt.

Es gibt noch eine Möglichkeit für einen Orton-Effekt: Man fotografiert zweimal mit gleicher Fokuslage aber unterschiedlicher Blende. Damit hat man das Problem des Fokus-Breathings erschlagen und bekommt eine coolen Hintergrundeffekt:

Hier ist f/8 und f/2,8 kombiniert. Je größer der Blendenunterschied wird, desto krasser wird natürlich der Effekt. Wind sollte zwischen den Bildern nicht aufkommen. Und weder Motiv noch Kamera wackeln, sonst sieht das so aus:

Das ist eine Kombi zwischen f/10 und f/2,8. Die Ränder der Blätter bekommen hier diesen typischen Orton-Schein, aber das muss man eben auch in der heftigen Version wollen.

Ist ne irre Spielwiese, auf der der persönliche Geschmack und das gewählte Motiv die Regeln vorgeben. Meistens ist hier weniger mehr. Also weniger Schärfeunterscheid kommt meistens besser als zu viel. Im Verzweiflungsfall einfach das Gewicht der unscharfen Version beim Überlagern reduzieren.

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