Jupio BLX-1 Clone – geschlachtet

Diesen Artikel hatte ich vor ein paar Tagen schon mal gepostet, dann aber als “Work in Progress” zurückgezogen und nun komplett überarbeitet.

Auf der bekannten Werbeseite war letzthin ein Artikel zum Jupio BLX-1-Clone, der da fotogen in Braun mit einem Preis von 100 Dollar präsentiert wurde. Kurze Recherche und ich hatte schon die erste Hälfte eines Artikels geschrieben, in dem ich mich über Chinaimporteure lustig gemacht habe. Dann habe ich die Kontaktmail von Jupio rausgesucht und denen eine Mail geschrieben, ich würde gerne ihren Akku testen. Innerhalb von Stunden kam die Antwort: Klar doch. An welche Adresse sollen wir ihn schicken?

Heute ist er gekommen, ausgepackt, er ist nicht braun, sondern schwarz. Mitgeliefert wird ein kleines USB-Kabel, aber keine Plastikbox wie beim Patona und OMSystem-Akku, die sehr praktisch ist.

Und natürlich dachte ich zuerst, na doll, ein Patona Platinum mit falscher Kapazitätsangabe. Danke für’s Gespräch. Angeschlossen zum Aufladen und – Überraschung – der lädt anfangs mit 9 Watt, schaltet aber fast sofort auf 7 Watt runter. Der Patona nimmt nur 5 Watt und braucht entsprechend lange zum Aufladen. 9 Watt nimmt auch der Originale BLX-1. . Allerdings kann der Jupio genauso wie der Patona nicht im OMSystem-Lader geladen werden.

Der Akku wird ein bisschen warm beim Laden. Ist normal, steht in der Betriebsanleitung und die anderen Akkus werden genauso warm.

Jupio ist, wie alle China-Importeure, ein bisschen verschlossen, was die Firmenniederlassung angeht. Aber mittlerweile weiß man, wo man zu suchen hat. Impressum wird stark überbewertet, in “About us” steht nur, dass man sich 2006 zu dritt zusammengetan hat um total tolle Produkte zu entwickeln, aber in “Terms and Conditions” wird man dann fündig.

Und siehe da, die Firma ist in Groningen in einem Industriegebiet, hat dort ne schöne Lagerhalle, sogar mit Leuchtreklame. Natürlich stellen die dort nichts her. Mit der Handvoll reservierter Parkplätze kriegen die gerade ihre Verwaltung bestückt. Aber immerhin sind sie nicht in einem Hinterhof mit handgeschriebenem Zettel am Briefkasten.

Und wie ich gerade feststellen durfte, sitzt da jemand, der sich für Öffentlichkeitsarbeit interessiert. Ich habe dann gleich OMDS angeschrieben, denen mitgeteilt, dass ich da einen Clone mit höherer Kapzität für einen billigeren Preis bekomme (Straßenpreis 65 Euro) und ob sie mir für eine Woche einen neuen BLX-1 zur Verfügung stellen können, meine haben ja nun schon zweieinhalb Jahre harten Betrieb auf dem Buckel und dürften nicht mehr wirklich konkurrenzfähig sein. Nein. Man habe gerade auch nur alte Akkus da. OK. Dann halt so. Der Vergleich liefert ja dann auch ne Aussage, wenn auch eine andere.

Zum Test habe ich meine Standardprozedur. Kamera aufs Stativ, Intervallaufnahmen bei gleichbleibendem Licht und ohne AF. Mechanischer Verschluss. Wer mehr Bilder schafft, hat gewonnen. Der Jupio legte mit 788 Bildern sehr ordentlich vor.

Dann kam der zweieinhalb Jahre alte Olympus BLX-1 dran, der 827 Bilder schaffte. Und dann der eineinhalb Jahre alte Patona Platinum mit 738 Bildern (Der Letztere lag bereits vier Wochen rum und war nicht frisch geladen. Ein zweiter Test mit frisch geladenem Patona brachte als Ergebnis: 763)

Um das in Relation zu setzen. Der originale BLX-1 hat 2280mAh. Der Patona Platinum hat 2250 mAh und der Jupio angeblich 2400 mAh.

Ich will jetzt erst mal nicht in Frage stellen, dass der Jupio tatsächlich Zellen mit dieser Kapazität hat. Er liefert aber eben ziemlich genau die Energie ab, die auch der Patona abgeben kann. Er kuckt genauso aus und hat einfach nur einen anderen Ladechip drin. Sogar die Seriennummern sind mit der gleichen Type an die gleiche Stelle gedruckt. Allerdings klingt der Jupio an einigen Stellen hohl. Nachgewogen: Original und Patona wiegen 80 Gramm, Jupio wiegt 78 Gramm.

Was nebenbei auffällt: Die Recycling-Zeichen sind unterschiedlich. Das Jupio-Zeichen bedeutet, dass die Verpackung Recyclingfähig ist. Eine freiwillige Kennzeichnung. Bei dem Logo auf dem Original BLX mit dem blauen Kreis handelt es sich um das Logo des RBRC, einer nordamerikanischen Organisation, die sich auf das Recycling von Akkus spezialisiert hat. Das Logo des Patona neben dem gesetzlich vorgeschriebenen Mülleimer ist das Triman-Logo, das für den Verkauf in Frankreich Vorschrift war. (Da gab es allerdings letztes Jahr ein Vertragsverletzungsverfahren aus Brüssel dagegen.) (Und ja, laut Produktionsdatum ist der Originale älter als drei Jahre, aber er ist eben seit zweieinhalb Jahren bei mir im Einsatz.)

Ich habe Jupio um einen Kommentar wegen der geringen Kapazität und dem geringen Gewicht gebeten. Antwort: Sie haben bei ihrem Hersteller nachgefragt, und die haben gesagt, alles schick, die Zellen haben die Kapazität und die Akkus würden erst mit der Zeit – zehn Ladezyklen – ihre volle Kapazität erreichen. Diese Geschichte kenne ich, aber ich habe ja nun schon einige Akkus getestet – auch neue – und kein einziger hat seine Kapazität von “Neu” nach fünf Ladezyklen gesteigert. Einige sind sogar bereits nach fünf Ladezyklen schlechter geworden.

Aber ich bin ja lernfähig und habe den Jupio in den Dauertest geschickt..

Hier die Ergebnisse. Links der Originale, rechts der Jupio

Original, 3 Jahre alt, 2,5 Jahre im Betrieb.Jupio, Neu
827788
808823
846793
919795
845861
837786
874
784
779
781
Durchschnitt: 847Durchschnitt: 806

Theoretisch müsste der Akku, um auch nur die Leistung pro mAh des zweieinhalb Jahre alten Originals zu erreichen, 891 Bilder schaffen. In Wirklichkeit kann man davon ausgehen, dass der Original-Akku nach den drei Jahren Betrieb bereits mindestens 10% der Kapazität verloren hat (denn natürlich habe ich den Akku im Allgemeinen voll geladen gelagert, da ich nach der Fototour die Akkus immer sofort wieder auflade. Journalistenkrankheit. Akkus müssen geladen sein.) Der Jupio sollte also weit über 900 schaffen. 2% Plus Minus ist immer drin, aber hier fehlen 15%.

Der Jupio liefert in etwa das, was ein Patona Platinum geliefert hat. Etwa 5% weniger als der OMSystem-Akku. Warum?

Ein Grund dafür kann sein, dass der Akku ja keine korrekte Restkapazität an die Kamera zurückmeldet. Beim Original macht die Kamera bei 16-17% Restkapazität Schluss mit der Intervallaufnahme, bei den Clones blinkt die Kamera rot und beendet dann irgendwann. Es kann natürlich sein, dass die Kamera irgendwann sagt “die Spannung ist zu niedrig, es gibt keine Info vom Info-Chip, also Clone, Feierabend”. Aber die Leerlaufspannung des Jupio nach Abschaltung liegt bei 6,71 Volt, die Leerlaufspannung des Originals nach Abschaltung: 6,70 Volt. Daran kann es also nicht liegen.

Der Widerstand des “NTC”s: 9,96 kOhm. Nach einer Stunde im Kühlschrank: 9,92 kOhm. Also kein temperaturabhängiger Widerstand, sondern ein Festwiderstand.

Das ist so verdächtig, dass ich den Akku geschlachtet habe.

Schraubenzieher, Cutter, zwei Minuten stochern und das Ding ist offen. Grüne Akkus? Ernsthaft Panasonic-Akkus da drin?

Ähh….. Nö.

Die Typenbezeichnung – NCR18500A – ist zwar die von Panasonic, aber da folgt noch 240. Hersteller ist Yili Energy Corp aus Changde. (Nein, nicht Yili.Com, das sind Hersteller von irgendwelchen Haushaltsartikeln.) Und von der Type gibt’s zwei Ausführungen: Mit Aufschrift 2,40Ah und, wie hier, mit 2,32Ah. Plastik ist geduldig, nach meinen Messungen sind das eher Clone der Originalen Panasonics, die haben 2040mAh. Selbst wenn der Aufdruck stimmt, haben sie zu wenig Kapazität. (Die Akkus sind übrigens mit nur 300 Ladezyklen spezifiziert.)

Hier noch die Elektronik:

Dass da natürlich kein NTC drauf ist, habe ich schon angesprochen. Aber es ist auch kein Load Balancing drauf. Die beiden Zellen werden in Serie geladen. (Falsch! Da ist ein Load-Balancing mit Mittelabgriff!) Nachdem ich dann nachgesehen habe, hat anscheinend kein einziger dieser China-Akkus mit USB ein Load-Balancing. (Auch das ist falsch. Viele haben das nicht, aber der hier hat!) Das würde auch erklären, warum die Patonas, die anfangs nur 5% unter den Oly-Akkus waren, mittlerweile 15% zurückliegen. (Blanke Spekulation!)

Meine persönliche Meinung: Für unter 30 Euro kann man darüber diskutieren. Die Akkus haben Einkaufspreise von vielleicht 2 Euro bei der Menge. 60 Euro oder gar 100 Dollar ist Lack gesoffen.

Ich habe Jupio über meine Erkenntnisse informiert.

Jupio hat sich gemeldet und mir mitgeteilt “Auf der Grundlage Ihrer Testergebnisse und Ihrer Schlussfolgerung werden wir diese Angelegenheit untersuchen und Ihnen in der nächsten Woche antworten.” Ich werde berichten.

9 Replies to “Jupio BLX-1 Clone – geschlachtet”

  1. Hallo Reinhard,
    vielen Dank für diesen erneut sehr aufschlussreichen Akkutest. Ich hatte nach all den Jahren eigentlich erwartet, dass die Clones langsam besser werden und ein paar Cent mehr in der Elektronik stecken um zumindest ordentliche Basis-Qualität zu liefern. Aber anscheinend ist ja gar nichts passiert: keine Erkennung im Originallader, keine Temperaturkontrolle und kein Loadbalancing! Dafür will ich nicht einmal 10€ ausgeben, man muss es aber wissen…

    Ich hatte im ersten Release deines Artikels als Kommentar geschrieben, dass niemand bei einem neu gekauften Auto die allerbilligsten Winterreifen aufziehen wird. Reifen werden aber regelmäßig auch auf Herz und Nieren getestet, so dass man die Ergebnisse kennt. Leider werden aber Akkus außer bei Dir nirgends so getestet…

  2. Was ist der Kontakt oben links, mit gepunktetem Flachband, wenn ich das richtig erkenne? Das sähe ja nach Balance zwischen den Zellen aus.
    Unten mittig, neben dem Kontakt mit “T” dürfte der Festwiderstand sein, der sich als NTC ausgibt. Wäre spannend, ob an Info auch irgendwelche Daten raus kommen oder ob da Funkstille herrscht.
    Beim BLH-1 hab ich ja mal mitgehört, was da so an Daten ausgetauscht wird.

    1. Du hast völlig recht. Man sieht beim ersten Bild auch das Flachkabel, das von der Mitte da hoch geht. Mein Fehler!

      1. Kannst du mir die Beschriftung der größeren Chips zukommen lassen? Dann kann man eventuell sagen, was da funktional drin ist.
        Einer ist wahrscheinlich Akkumanagement und einer USB Protokoll für PD.

  3. Wie die meisten hier und wie es Reinhard schon oft beschrieben hat, bin ich fertig mit Akku Clons.
    Ich hab viele getestet weil die so schön billig waren und den Proof of Time hat keiner bestanden. Mit den Original Akkus hatte ich noch keine Probleme und selbst die aus meiner E-M1 Mk1 mit zehn Jahren arbeiten noch überraschend gut. Keiner hat sich aufgeblasen oder anderweitig verabschiedet. Und das bei zwei Dutzend Akkus von Olympus. Alles zwar irgendwie teuer, aber aber gleichzeitig auch kein Stress.

    1. Das mit dem „Proof of Time“ kann ich bestätigen, übrigens auch für andere Outdoorhersteller (Canon z.B.). Warum sollte es da auch anders sein, Clone ist halt Clone.
      Wie weiter oben schon geschrieben wundere ich mich aber auch, v.a. wegen des NTC – das kann doch nicht der Riesen-Kostenfaktor sein, den noch zu implementieren.
      Und dann – mit NTC und Load Balancing – hätte man doch wirklich vernünftige Fremdakkus. Natürlich mit günstigeren Zellen, deren Lebensdauer aber wenigstens gut ausgenutzt würde. Das wäre doch ein faires Angebot.
      Evtl. lohnt sich so ein Entwicklungsaufwand aber wirklich nur für Akkutypen der großen Hersteller, die in entsprechender Stückzahl abgesetzt werden können oder man verletzt damit irgendwelche proprietären Patente (Kommunikationsprotokolle?), keine Ahnung.
      So bleibt aus Gründen der Nachhaltigkeit und Stressfreiheit dann nur der Griff zum (leider überteuerten) Original.

      1. Der NTC kostet wahrscheinlich ein paar Cent mehr. Um zu wirken muss er aber nicht auf der Platine verlötet sein sondern an Leitungen zwischen den Zellen. Das lässt sich nicht so leicht automatisieren und wird daher deutlich teurer als ein automatisch bestücktes Teil.

  4. Der NTC ist eine Brandschutzmaßnahme. Dem Ladegerät die Existenz des NTC mittels eines Festwiderstandes vorzutäuschen ist xxx. OMDS könnte das eigentlich mal abmahnen lassen…
    Gegen die chinesischen Hersteller der brandgefährlichen Clones kann man vermutlich nichts unternehmen, aber die Importeure, die den Ramsch in Europa mit satter Marge unter die Leute bringen, sollten greifbar sein.
    Falls sich die Politiker in Brüssel mal wieder langweilen: Von einer Vorschrift, Temperaturüberwachung und Loadbalancing in Akkus zu implementieren, hätten wir alle mal was.

    1. Der Jupio hat einen Ladechip drin, der einen eingebauten NTC hat. Der misst zwar nur die Temperatur des Chips, nicht die der Akkus, aber der stoppt das Laden, wenn der Chip 135° C erreicht. Der NTC soll einfach die Temperatur der Akkus messen und entsprechend dann unterschiedliche Ladekurven schalten (der Ladechip kann das. Der verweigert zum Beispiel die Ladung der Akkus, wenn sie zu kalt oder zu heiß sind.) Wenn der halt nicht bestückt ist, muss man drauf achten, dass der Akku grundsätzlich zum Laden 21° hat. Sonst sind die Akkus ruckzuck kaputt.

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