Es war einmal ein Schornsteinmauerer, der aus der DDR „rübergemacht“ und in der Oberpfalz ein Unternehmen gegründet hat. Innerhalb weniger Jahre war er der größte Arbeitgeber im Ort und mit sämtlichen Honoratioren auf Du und Du. Bei den lokalen CSU-Veranstaltungen war er umschwärmter Stargast und finanzierte der Heimatgemeinde vom Marktplatz bis zum Freibad allerhand „Nice-To-Haves“. Dass er seinen Gartenzaun vergolden und in seinem Garten Denkmäler errichten ließ – irgendwie muss das Geld ja unter die Leute.
Während der Unternehmer bei den Politikern den besten Ruf hatte, war er bei seinen Mitarbeitern als Kontrollfreak verschrieen. Selbst als er schon mehrere tausend Mitarbeiter hatte, ging die komplette Post morgens über seinen Schreibtisch und wer auf seinem Auto keinen Firmenaufkleber hatte, musste angeblich mit der Kündigung rechnen.
2006 efüllte er seiner französischen Frau einen Traum: Ein Loire-Wasserschloss bei Postbauer:
Der Betonbau kostete richtig Geld, aber das störte den Unternehmer wenig – nebendran wurde ein Park gebaut, mit Tiergehegen und Pavillon. Ganz zu schweigen von See und Stall. Der Mann war nämlich Fahrsport-Fan.
Er war öfter „vier- und sechsspännig“ unterwegs, wie es in der Wikipedia so schön heißt. Wer ihn jemals mit seinen sechs Shetties auf der Landstraße gesehen hat, wird das nie vergessen. Gelegentlich stellte er sein Grundstück auch für Kutschentreffen zur Verfügung:
Klar, wenn man sich an das Schloss gewöhnt hatte, machte das was her:
Im Winter stand hier immer ein riesiger, beleuchteter Weihnachtsbaum. Doch dann gab der Unternehmer seine Firma an seinen Sohn ab, der versuchte, mit Solarheizungen das angestaubte Image des Betriebs zu modernisieren, scheiterte aber innerhalb weniger Jahre. 2010 war Feierabend, Insolvenz. Der „Tempel“ – das Firmengebäude des Unternehnnes schräg gegenüber steht nun leer:
In den Ritzen der riesigen Freitreppe wächst Unkraut, die völlig intakten Hallen, vor denen früher die rot-weißen Firmenwagen peinlich genau ausgerichtet standen, werden demnächst einem Supermarkt weichen, auf einem weiteren Teil des Grundstücks werden Eigentumswohnungen gebaut. Das Schloss wurde verkauft, das Logo des Unternehmers entfernt:
Der Schlosspark und die Stallungen sind leer:
Die Karawane zieht weiter, die alten Kumpels des Unternehmers sind immer noch in den Parlamenten. Ab und zu ist der alte Herr in seiner Stammkneipe im nächsten Dorf zu sehen – nur dass er da nicht mehr mit dem Maybach vorfährt.
Mitleid? Nein. Aber auch kein Hohn.
PS: Warum hier so ein Artikel? Weil auch künstlerisch wenig wertvolle Knipsereien gelegentlich für eine Story brauchbar sind. Und kaum sind zehn Jahre rum, schon ist der Kram historisch.