Dreimal Trioplan 100mm

Das Trioplan 100mm f/2,8 ist ob des Seifenblasenbokehs legendär. Das Trioplan ist kein „Teleobjektiv“, sondern ein „Fernobjektiv“, weil es hintendran keine „Barlowgruppe“ hat. Das Teil muss also so lang sein, weil es eben 100mm Brennweite hat.

Aufgrund des Bokehs ist das Trioplan ne ganze Zeit lang zu völlig absurden Preisen gehandelt worden – mittlerweile hat sich das beruhigt, weil es sich rumgesprochen hat, dass Bokeh kein Motiv ist und ein Bild nicht besser wird wenn der Hintergrund schräg auskuckt. Oder die Bokeh-Fans haben jetzt den „Swirl“ für sich entdeckt. Oder so.

Auf jeden Fall kam in der Hochzeit des Hypes eine deutsche Firma auf die grandiose Idee, das nachzubauen und für absolut irre Preise zu verkaufen. Und die Chinesen, nicht faul, haben es auch nachgebaut. Oben links der deutsche Nachbau unter dem Namen Meyer Optik Görlitz, daneben das alte unter dem Namen „Meyer-Optik Görlitz“ und ganz rechts das Chinateil von TTArtisan.

Das Objektiv links hat mFT-Bajonett, das Originale hat ein Exakta-Bajonett und ganz rechts ist ein M42-Anschluss verbaut. Die letzten beiden brauchen natürlich Adapter, damit sie an mFT passen und werden damit länger.

TTArtisan 100mm
Original Meyer–Optik 100mm
Nachbau Meyer Optik 100mm

Was fällt auf: Der Nachbau ist eine Drittel Blende heller als die anderen beiden Objektive. Der Bildausschnitt ist beim Nachbau etwas nach oben verrutscht. Die Bilder sind vom Stativ und auch beim Studiotest vom schweren Studiostativ hatte ich das gleiche Problem. Als wäre das Bajonett nicht plan. Macht nicht viel aus, man sieht es aber.

Das TTArtisan ist von der Schärfe her sehr deutlich überlegen. Der Nachbau erreicht selbst abgeblendet nicht die Schärfe, die das TTArtisan Offenblende hat. Dazu kommt, dass der Nachbau beim Scharfstellen zwei Schärfemaxima hat, dazwischen wird es wieder unscharf. Ich würde sagen, das Objektiv ist defekt. Nachdem aber das 50mm hier aber auch nichts taugte und auch das Trimagon seinerzeit eher suboptimal war, glaube ich ein Muster zu erkennen.

Das Original Trioplan ist dazwischen. Die Unschärfe ist nicht so allumfassend wie beim Nachbau, man hat schon bei Offenblende scharfe Bildteile und wenn man abblendet, wird es schon bei 5,6 scharf bis in die Ecken. Also das, was man seinerzeit bei einem analogen Fernobjektiv erwartete. Nicht so digital scharf, wie bei „modernen“ Optiken, aber da schmiert nichts mehr zu, das passt alles.

Das TTArtisan ist in der Mitte von Anfang an scharf, braucht aber auch bis f/5,6., dass die Ecken auch so scharf sind – aber es ist dann dem Original deutlich überlegen, deutlich kontrastreicher.

Das TTArtisan hat für mich einen Vorteil: Eine Rastblende. Ist mir persönlich lieber.

Bei den Flares halten sich alle drei Objektive sehr zurück. Klar, bei nur drei Linsen, was soll da Flares verursachen. Die Blendensterne sind beim Nachbau und dem TTartisan schon bei Blende 4 deutlich, beim Original wird es Blende 5,6. Hier die Sterne bei Blende 22, die auch zeigen, wie die Konstruktion des Objektivs ist.

Blendenstern Nachbau
Blendenstern Original
Blendenstern TTArtisan

Auch hier: Das TTArtisan ist klar definiert.

Wer viel Seifenblasen und brauchbare Schärfe haben will: Das Original. Wem die Schärfe wichtiger als die Seifenblasen sind: TTArtisan. Wer zu viel Geld hat: Nachbau. Das Ding ist so unscharf, dass ich beim besten Willen keine Idee habe, was man mit dem Objektiv machen will. Selbst zu analogen Zeiten wäre so ein Objektiv als zu schwach in der Tonne gelandet. Ich habe keine Ahnung, wie so etwas heutzutage durch die Qualitätskontrolle kommt.

Ich habe natürlich wieder Unmassen Siemenssterne, aber ich zeige jetzt nur die Mitte der Aufnahme vom Nachbau mit f/2,8:

Das ist die Mitte. Und ich habe manuell mit Sucherlupe und allem auf den Stern scharfgestellt. Mehr Schärfe ist da nicht.

Und jetzt der Disclaimer: Das Objektiv gibt’s seit Jahren nicht mehr. Meyer-Optik verkauft heute das Trioplan 100mm f/2,8 II, das völlig anders aussieht. Ob das besser ist? Keine Ahnung. Schlechter kann ich mir kaum vorstellen. 999 Euro.

Übrigens: Bei der Recherche bin ich mal wieder auf Andrzej Wrotniak gestoßen. Dessen Site ist anscheinend seit 2019 nicht mehr aktualisiert worden, der Artikel zur E-M1X blieb unvollständig. Mittlerweile ist auf der Site kein Inhalt mehr. In einem Forum wurde behauptet, er sei 2019 gestorben. Weiß irgendwer hier Genaueres und kann uns aufklären?

3 Replies to “Dreimal Trioplan 100mm”

  1. Swirl Bokeh. Zu häufig für alles mögliche Eingesetzt, nach der 10ten Aufnahme hat man Sich satt gesehen.

    Wenn das Original und die Namensrechte darauf in die Hände Dritter gelangt, muss es danach unbedingt besser werden.
    Danke für die Information.

  2. Danke für den Vergleich! Seit es das TT-Artisan gibt, haben die völlig überteuerten Ebay-Preise für das Original deutlich nachgegeben. Gut so!
    Konkurrenz ist immer gut für die Kunden.

  3. Das Trioplan 100mm f2,8 erstand mein Vater vor ca. 60 Jahren zusammen mit einer Praktica IV F und zwei weiteren Objektiven. Seit dem fotografiere ich mit diesem Dreilinser. Mittlerweile mit Adapter an meinen Olympus Kameras. Ich weiß um die Schwächen dieses Fernobjektivs, aber auch um dessen Stärken. Es ist nicht nur das berühmt berüchtigte Seifenblasen Bokeh (der Begriff war sowohl meinem Vater als auch mir damals nicht nur unbekannt sondern auch gänzlich gleichgültig) sondern die zarte Anmutung und gewisse Weichheit der damit erstellten Portraits und Blumenbilder. Mittlerweile nutze ich es meist mit Kenko Zwischenringen und arrangierten Gegenlicht für bestimmte Nahaufnahmen mit Fokus auf einen bildwichtigen Teil fast ausschließlich bei Offenblende. Weit im Hintergrund kommen Lichtquellen zum Einsatz die deutliche Unschärfekreise verursachen die für einen angenehmen Hintergrund sorgen. Gerade bei Tabletops mit Modellbaufiguren im HO Maßstab sorgt die weiche Abbildungsqualität des Objektivs dafür, dass die oft recht groben Gesichtszüge der Figürchen nicht so hart daherkommen sondern schön soft und mit einem gewissen Glow dargestellt werden. Das will ich dann so und die Ergebnisse gefallen mir. Will ich gnadenlos scharf bleibt das Trioplan in der Schublade. Für scharf gibt es reichlich andere Möglichkeiten z. B. das 60/2,8 Makroobjektiv.
    Ich nutze das 100/2,8 weil ich es nun mal besitze und damit Bilder nach meinem Gusto machen kann. Die vor Jahren aufgerufenen Preise um die 4-500€ hätte ich nie ausgegeben und einen der Nachbauten mit Sicherheit auch nicht.
    Absolute Schärfe ist schon ne feine Sache, aber der Charme eines solchen Altglases hat in der Hand desjenigen der weiß damit umzugehen schon auch seinen Reiz.
    In diesem Sinne, immer schön neugierig und experimentierfreudig bleiben.
    Gruß aus HH
    Achim

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