Seit Olympus die E-1 auf den Markt gebracht haben, stirbt die Kamerasparte von Olympus. Und gerade läuft das mal wieder rum. Nur weil das Gerücht eineinhalb Jahrzehnte alt ist, muss es ja nicht falsch sein, denkt man. Vielleicht trifft es ja jetzt zu….
Die Fakten sind simpel: Die Kamerasparte von Olympus macht seit gut zehn Jahren im besten Fall eine schwarze Null, meistens aber Verlust. Gerade macht sie mal wieder Verlust, weil die Fabrik in China zugemacht und die Fertigung komplett nach Vietnam verlagert wird. Das hat, man höre und staune, erst mal gar nichts mit Kosteneinsparungen zu tun, sondern mit Qualität und Commitment der Angestellten. Olympus pflegt eine Kultur des „We are family“. In Vietnam ist die Kultur ähnlich. In China sind viele Leute Wanderarbeiter, die exakt dort arbeiten, wo es das meiste Geld gibt. Olympus zahlt vergleichsweise schlecht, dafür werden die Leute aber normalerweise nicht rausgeworfen. Das kommt der vietnamesischen Mentalität entgegen. Also gibt’s in Vietnam auch Werkswohnungen.
Der Umzug von China nach Vietnam kostet Geld. Richtig Geld. Weil die Chinesen auch nicht so scharf drauf sind, dass die ganze Fabrik einfach abgebaut und verlagert wird haben sie hohe Ausfuhrschranken für High-Tech-Maschinen aufgebaut, so dass es oft billiger ist, selbst völlig intakte Maschinen zu zerstören und vor Ort zu verschrotten, als die Dinger mitzunehmen. Da die Maschinen natürlich alle in den Büchern stehen, resultiert das in einem riesigen Verlust.
Die Fabrik in China weiter zu betreiben ist aber auch keine Option – sie ist in großen Teilen schlicht am Ende der Lebensdauer angekommen. Und Olympus hat, was abgewohnte Immobilien betrifft, keine nostalgischen Gefühle – sieht man an der Europazentrale in Hamburg.
Wenn aber doch die Kamerasparte Verlust macht? Warum macht man sie nicht einfach dicht?
Das hat den gleichen Grund, aus dem es sie überhaupt gibt (man lese dazu meine Olympus-Geschichte, die ich letztes Jahr hier gepostet habe). Die Kamerasparte wurde seinerzeit aufgebaut, weil Olympus für seine Mikroskope Kameras brauchte. Und es gab in Japan keine Kameraindustrie, die Kameras in sehr kleinen Stückzahlen für die Olympus-Kameras liefern konnte.
Und genauso wenig gibt es heute eine Industrie, die zu vernünftigen Preisen verlässlich hochwertige Bildgeber in kleinen Stückzahlen für hochmoderne Mikroskope und Endoskope liefern würde. Olympus muss das ganze immer selbst machen, simpel auch, weil sie Technologieführer sind. („Make or buy“ stellt sich hier gar nicht.) Nun entwickelt Olympus zwar die Sensoren selber, kann die aber nicht in entsprechenden Stückzahlen fertigen. Also suchen sie sich einen externen Dienstleister, der die Dinger baut. Und der will aber mindestens 100.000 Stück bauen, sonst rentiert sich das Umrüsten der Fertigung gar nicht. Nun kriegt aber Olympus keine 100.000 Endoskope einer Serie los. Echt nicht. Also baut man die großen Stückzahlen in Kameras ein und verkauft sie an Consumer. Ganz nebenbei erreicht man dann auch die entsprechenden Stückzahlen bei Speichern, Prozessoren, Displays, Suchern, und man kriegt bessere Preise bei optischen Spezialgläsern.
Das ist jetzt nix Neues. Man muss Stückzahlen abnehmen, damit man bei Lieferanten Einfluss aufs Produkt nehmen kann. Und man braucht Stückzahlen, damit man überhaupt marktfähige Preise erreichen kann. Und man braucht bei Halbleitern Stückzahlen, dass man verlässliche Qualität bekommt. Es geht hier ja um Medizintechnik.
Aus diesem Grund ist, gerade bei Olympus, die Wahrscheinlichkeit, dass die Kamerasparte eingestellt wird, extrem klein. Es macht betriebswirtschaftlich keinen Sinn.
Was nicht heißt, dass das ein Selbstläufer ist. Denn die Kamerasparte muss die „Skalen“ liefern. Die benötigten Stückzahlen müssen auch abgesetzt werden, sonst ist es tatsächlich billiger, 100.000 Sensoren zu bestellen und 90% davon in die Tonne zu kloppen.
Und genau hier kommen die Gerüchte her. Denn Olympus hat sich mit seinen letzten Kameras verzockt. Die E-M10III und die E-PL9 sind schlecht gelaufen und auch die PEN-F blieb hinter den Erwartungen.
Die Gründe liegen im Marketing. E-M10III und E-PL9 sind beides Kameras, die weniger konnten, als die Vorgänger und weniger als Fotomaschinen als als Gadgets vermarktet wurden. Die angepeilte Zielgruppe – Blogger und Social-Media-Junkies – hat aber schon ein solches Gadget – nennt sich Smartphone. Und das kostet schon vierstellig, da braucht man nicht noch ein zweites Trumm im Louis Vuitton-Täschchen mitschleppen. Die andere Kamera, die nicht ging, war die PEN-F. Die wurde ebenfalls als Style-Accessoire vermarktet – dabei war und ist sie eine Künstlerkamera und gehört eigentlich bei Boesner ins Regal.
Nun hat man sich die Zahlen der letzten Jahre angekuckt und festgestellt, dass da irgendwas schief gelaufen ist. Deshalb sind jetzt Umstrukturierungen angelaufen. Um die Sache wieder auf die Füße zu stellen. Kamerasparte schließen? Näääh.
Die Kamerasparte von Olympus stirbt sogar schon viel länger. Spätestens als die OM-Familie weder auf AF (das 707 System war ja ein schlechter Witz) noch auf digital weiterentwickelt wurde.
Ich fühle mich auch schon ganz schwach, das liegt sicher an der verwendeten Kameramarke nciht an den Jahren. 😉
Mach mir die gute alte OM-707 nicht schlecht 😉 Ich hatte die, mit den beiden Zooms, auf ein paar InterRail-Reisen im Rucksack dabei und auch viele Fotos vom Mauerfall sind mit ihr entstanden. Die Kombi war ziemlich robust und wurde nicht geschont, überall dort eingesetzt wo mir mein OM-System zu schade war. Klar, vom Look&Feel gab sie nix her und wurde daher nach drei Jahren für eine OM4-Ti in Zahlung gegeben (was ich heute sogar bereue). Stand nur wenige Tage beim Händler. Die OM-Serie wurde dann bei mir letztendlich erst durch die E-M1 abgelöst (obwohl auch nicht vollständig).
Schaue ich in ein ganz bestimmtes Forum, dann wundert es mich doch sehr, dass viele bisher treue Olyaner nun von der Depression ergriffen wurden. Wenn mir sogar gestandene Berufsfotografen dort ihre Bedenken wegen vermeintlich ausgebliebenen Updates (oder eher Upgrades) zur E-M1 II darin begründen, dass sie wegen mangelnder neuer Features den Spaß und ihre kreative Entfaltung einbüßen, verstehe ich die Welt nicht mehr. Das geht bei einigen Forenten sogar schon leicht in Richtung Hysterie.
Irgendwie lässt sich das mit der OM-Philosophie nicht mehr vermitteln, oder wie Reinhard hier schon angesprochen hat, das Marketing rennt nun jeder Bewegung hinterher. Vielleicht sollte man einfach mal vom Karussell absteigen, bevor einem ganz schwindelig wird.
Zu OM-Zeiten gab es diese ganze „Pro“-Diskussion nicht. Olympus hat geile Kameras gebaut, die bei ihren Nutzern länger ihren Dienst verrichtet haben (auch ohne AF), oder es sogar noch tun, als so manche F4. Ich bin Olympus dankbar, dass sie mir stets solide Technik verkauft haben ohne mich mit irgendwelchem Firlefanz zu verführen.
„Wenn mir sogar gestandene Berufsfotografen dort ihre Bedenken wegen vermeintlich ausgebliebenen Updates (oder eher Upgrades) zur E-M1 II darin begründen, dass sie wegen mangelnder neuer Features den Spaß und ihre kreative Entfaltung einbüßen, verstehe ich die Welt nicht mehr.“
Dann musst du in dem Forum genauer lesen … 🙂
Beste Grüße Markus
Die Sense ist ja total verrostet, so wird das nix!
Die müsste Mal geschärft werden. 😉
Na zumindest muss man sich kein Umzugsärger antun, wenn man eh auseinander gehen will…
Nur damit das klar ist, 100.000 ist eine Größenordnung. Keine genaue Stückzahl. Ich kenne Stückzahlen, werde sie aber hier nicht nennen, weil sie nichts zur Sache tun. (Und jetzt laufen tatsächlich Diskussionen, welche Sensoren nun genau in welchen Medizingeräten verbaut sind. Leute habt ihr nichts Sinnvolleres zu tun? Fotografieren vielleicht?)
Die Medizintechnik ist dann vermutlich auch der Grund, warum Olympus keine Ambitionen auf größere Sensoren hat. Und warum überhaupt FT entwickelt wurde.
Zur PEN-F: Es wäre schade, wenn diese Serie nicht weiter gepflegt wird. „Einfach“ das Innenleben der zukünftigen M5-III nehmen und das PEN-F Gehäuse drum. Funktioniert in der Automobil-Industrie ja auch. Und mit M10 / PL hat Olympus dies schon exzerziert.
M10-III / PL-9: Das wäre nicht nötig gewesen, der Unterschied zur M10-II / PL-8 ist marginal und quasi nur im eingeschränkten, „einfacherem“ Menü sichtbar. Ich fände eine PL mit Ausklappsucher wie die Sony RX100 nicht schlecht. Aber zwei Serien im EInsteigerbereich reichen. M10-IV mit 20 Mpix und den Funktionen der M10-II sowie eine PL-10 mit dem gleichen Innenleben, Sucher und meinetwegen M10-III-Menü.
M10-IV, PL-10, M5-III, PEN-F-II, M1-III, M1X – Ein schlankes Portfolio, dass vergleichbar auch von Fuji angeboten wird (X-T100, X-A5, X-T30, X-E2, X-T3, X-H1 und zusätzlich X-Pro2)
Danke Reinhard! Solche Hintergründe tun einfach gut, die pesrönliche Kreativität mit seinem vertrauten Werkzeug nachhaltig zu pushen.