React: PEN-F, what is all the hype?

Ich bin erschüttert. Meine Lieblingsambassadorin Emilie macht ein Video und erklärt uns, warum die PEN-F so toll ist. Sie wäre so eine prima Immer-Dabei-Knipse für den schnellen Street-Shot oder mal nen Sonnenuntergang knipsen. Und die dollen Knöppkes, die es bei so gar keiner anderen Kamera gäbe. Und so schön retro. Und man könne so schnell auf die Artfilter umschalten.

Ich kotze.

Die Kamera ist jetzt seit acht Jahren auf dem Markt und die Vertriebsheinis von OMSystem haben sie immer noch nicht kapiert. Dass eine wie Emilie nicht weiß, was die Kamera ist, klar, ist verständlich. Aber dass die Stichwortgeber von OMSystem ihr nicht wenigstens ein vernünftiges Factsheet mailen ist ein Armutszeugnis.

Warum graben sie die PEN-F jetzt wieder aus? Haben sie sich jetzt doch entschlossen, den längst entwickelten Nachfolger auf den Markt zu bringen, weil sie sonst komplett abkacken? Oder ist das nur ein Versuchsballon, um zu kucken, was die Leute unter das Video schreiben um zu schauen, wer die Kamera verstanden hat?

Leute, wenn ich nicht beruflich diesen ganzen Quark querlesen- und -sehen müsste, ich bekäme davon nichts mit. Ich würde mit meiner PEN-F rausgehen und knipsen und ihr könnt eure Hype-Diskussionen ohne mich führen.

Was ist nun der Gag an der PEN-F?

Das dritte Rad für die Belichtungskorrektur. Hat keine andere Oly. Der Anschluss für den Drahtauslöser. Hat auch keine andere Oly. Ja, Gag, aber noch kein Grund, für eine acht Jahre alte, gebrauchte Kamera, die nicht mehr repariert wird, Phantasiepreise zu bezahlten

Das Creative Dial, mit dem man zwischen fünf Bildstilen blitzartig wählen kann. Das ist immer noch nicht der Knüller. Das wird es erst in der Kombi mit dem COLOR und dem MONO Modus.

Und diese beiden Modi werden immer als Filmsimulationen mistverstanden. A la Fuji oder Panasonic. In Wirklichkeit hat die PEN-F das, was jetzt bei Pana die „LUT“s sind, schon damals gehabt. Nur dass man die in der Kamera zusammenbasteln konnte. Vor Ort.

Der Gag an den Bildern aus der PEN-F ist, dass sie auf den ersten Blick gar nicht „manipuliert“ aussehen. Beim Titelbild habe ich das Grün rausgenommen und das Rot stärker gesättigt. Die Wirkung ist subtil, aber genau die, die ich haben wollte. Die Version hier ist das ungeänderte „Natural“.

Hier noch ein Beispiel aus Griechenland:

Das „Olymp-Massiv“ von Litochoro aus. In Natural sieht das so aus:

Der Boden ist braun. Das hat mich aber nicht interessiert, ich wollte diese Wüsten- und Steinfarbe, weil das meinem Gefühl zu diesem Zeitpunkt entsprach. Dafür wollte ich ein bisschen mehr Blau im Himmel. Klar kann man das alles hinterher am Rechner basteln. Aber es geht darum, vor Ort zu stehen, sich zu überlegen, wie wirkt die Szene auf mich, welche Farben machen das Motiv aus, welche stören mich. Welche Dinge will ich hervorheben, welche Dinge kann ich zurücknehmen.

Beim MONO-Modus ist es ähnlich. Durch die verschiedenen digitalen Farbfilter muss ich mir ankucken, welche Farben hat mein Motiv. Welche davon soll die Struktur meines Bildes bestimmen. In welchem Umfang? Kleines Beispiel aus Theassaloniki:

Die Schrift „Solo“ ist in hellem grün. Ich will sie hervorheben, also wähle ich einen Grünfilter. Will ich sie verschwinden lassen, nehme ich einen Rotfilter:

Wech isse. Dafür sieht man jetzt die Rostflecken.

Das ist alles, nur kein „ich knips da mal schnell ein bisschen Street in der Gegend rum“. Das ist eine Kamera, die Dich dazu erzieht, Dinge genauer anzukucken. Farben zu analysieren, das fotografische Wollen zu hinterfragen und Dir Zeit zu nehmen. Denn wenn Bildelemente auf einmal verschwinden oder präsenter werden, muss man vielleicht das Bild ganz anders aufbauen – Dinge, die man daheim am Computer nicht mehr kann.

Scheitern gehört natürlich dazu. Wenn man so ein Analysewerkzeug in der Hand hat, dann kommt es halt vor, dass man ne Viertelstunde vor dem Motiv steht und rumschraubt und dann feststellt – das wird nix. Ich kann die Farben nicht so fein manipulieren, wie ich das will. Dieses eine Grün hätte ich gerne präsenter, das andere Grün etwas zurückgenommen. Geht mit der PEN-F nur begrenzt. (Das wäre ein Ding für eine PEN-FII, einen feiner justierbaren Colormodus) Und ja, manchmal kriegt man es nicht gebacken. Dann haut man halt nen Artfilter drauf.

Oder sucht sich ein anderes Motiv.

DAS ist die PEN-F.

Und das macht sie bis heute einzigartig.

Und die Vertriebler und Influencer haben es immer noch nicht kapiert.

5 Replies to “React: PEN-F, what is all the hype?”

  1. Es braucht Zeit und Passion, sich auf die einzigartigen Gestaltungsmöglichkeiten der PenF einzulassen, genau wie Du schreibst.
    Sie ist für mich (wie die M1X) eines der wenigen Produkte, die im Sinne von Maitani (vielen Dank für die tolle Serie Deiner Beiträge!) von überzeugten und fähigen Technikern statt von Salesmen entwickelt wurden. Leider haben sich die Salesmen durch mangelndes Marketing gerächt und den wirtschaftlichen Misserfolg der großartigen Geräte mitverantwortet.
    Der Zeitverlauf aber zeigt die Einzigartigkeit beider Entwürfe und ihre geniale Qualität – die unvergleichliche Haptik bei beiden, die Ergonomie der X, die Kreativität der PenF sowie die Wertschätzung durch ihre langjährigen Benutzer.
    Mit der PenF und einem 56 oder 75er kannst Du ohne allzuböse Nachbarblicke in Elphi oder gar Bayreuth erscheinen – auch wenn der AF nicht zu den Stärken einer PenF gehört.
    Eine Marke, die sich keine Leuchttürme leistet, wird leider nicht gesehen – und die personelle und sprachliche Vernachlässigung des europäischen Marktes zugunsten schnelllebiger US-Influencer ist das genaue Gegenteil japanischer Stärken, nämlich kurzsichtig und dumm.

  2. Mich stört grundsätzlich bereits die Betonung von schnell und rasant ohne Überlegung einzusetzender Technik.
    Und dann auch noch von käuflichen Missionaren und hochstaplerisch als „Ambassador“ bezeichneten Star-Kult-Personen des Marketings. Dies verlässt das Spektrum seriöser Darstellung, desavouiert das eigene Image.
    Der meist nur verkürzt als Hochstapler bezeichnete Harry Domela tat dies, da er als staatenlos gewordener trotz seiner Fähigkeiten keine seriöse Arbeitsstelle fand nach der Entlassung aus der Truppe.
    Aktuell schaffen Konzerne solche in den Werbenetzwerken existierende Personen und entziehen mit Effekthascherei sich der auf Grundlage solider technischer Entwicklungen existierenden Produkte ihres eigenen Rufs.

    p.s.:
    Die alten Boliden wie die E-3 verfügten über einen Drahtauslöseranschluß. Prima funktional für das (Repro-)Stativ.
    zur Erheiterung:
    Im Fotoclub fragte mal wer nach einem ausleihbaren Drahtauslöser. Gemeint war aber ein kabelgebundener und damit vom verwendeten System abhängiger Auslöser …
    e.

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