Ein bisschen was zu Sami

Altafjord Camping ist nicht etwa am Altafjord, sondern eigentlich am Langfjord in Bognelv. Der Campingplatz ist eine Art Dauercampingplatz, allerdings auch für Zelter und Wohnmobile. Wie es sich gehört, hat er auch eine Küche, Aufenthaltsraum und sogar sowas wie Sanitärräume. Und eine „Galerie“. Diese ist riesig und so eine Mischung aus Heimatmuseum, Wohnzimmer, Trödelschuppen, Bibliothek und Zeitkapsel. Das Titelbild ist ein Bild aus der Bibliothek. Es gibt noch mehrere Regalwände voll – inklusive ganze Reihen von „lustigen Taschenbüchern“ auf norwegisch. In einem Eck habe ich sogar eine norwegische Modezeitschrift von 1951 gefunden, mit einer Geschichte von Bente Bratt. (Die ist in Deutschland unter „Berte Bratt“ bekannt. Eigentlich hieß sie Annik Saxegaard. Ich habe mir seinerzeit die Reprintrechte für alles von ihr gesichert, könnte also die Kurzgeschichte übersetzen und veröffentlichen. Irgendwer Interesse?) Es geht hier aber nicht so sehr um Literatur, sondern um Fotografie. Und ganz nebenbei hängen in dieser Galerie auch ein paar Fotos aus Sami-Alltag. Ich habe die einfach so mal abgeknipst.

Die Fotos sind natürlich ausgeblichen, aber sie sind bereits farbig und erkennbar nach 1945 entstanden. Hier geht es nicht drum, Dinge aus einer fernen Vergangenheit zu zeigen, einige der gezeigten Personen leben vermutlich noch.

Die Bilder zeigen den damals völlig normalen Sami-Alltag. Rentierherden, Kälte, Schnee, harte Arbeit.

Da denkt man, das ist eine lustige Schlittenpartie, tatsächlich wird hier aber Holz gesammelt. Auch von lustigen Schlittenpartien gibt es Fotos, und tatsächlich auch von einem Motorschlittenrennen. Wirklich krass wird das aber erst dann, wenn man mitten in der Pampa sowas findet:

Das sind Sami-Hütten, die bis die 70er Jahre hinein bewohnt waren. Das sieht innen so aus:

Und nein, in den meisten Hütten gab es nicht etwa offene Feuerstellen, sondern Öfen. So richtig eiserne Öfen, mit Ofenrohr und Herdplatten. Und teilweise sogar Regale. Und auch Fenster. Die Türen hatten Schlösser. Plumpsklo etwas abseits – aber auch nicht anders als auf vielen heutigen Toiletten an Rastplätzen in der norwegischen Pampa.

Klopapier ist auch noch da, allerdings ist es schwierig, das von der Rolle zu fuddeln. Und ja, natürlich haben nicht alle Samis in solchen Hütten gewohnt, manche hatten auch sowas:

Schnuckelig, gelle? Knapp vier Meter breit, acht Meter lang. In diesem Haus wohnte das Ehepaar, 11 Kinder, Opa, Oma und noch mehrere Brüder des Hausherrn. Gleichzeitig. Ein „typisches Haus“ für Sami die an der Küste wohnten und Fischfang betrieben. (Die mit dem Stockfisch, hatten wir schon.) Auch dieses Haus war bis vor kurzem noch bewohnt. Erst mit den Gesetzesänderungen in den letzten 50 Jahren, die den Sami mehr Rechte zugestanden, verbesserte sich deren Lage so weit, dass sich auch die Wohnsituation verbesserte. In Norwegen war es den Sami bis 1920 sogar verboten, in rechteckigen Häusern zu wohnen. Man wollte die Sami auf der Ebene einer Art Naturvolk halten. Bildung gab’s nur Basics. Erst die Sowjets haben durchgesetzt, dass die samische Sprache überhaupt verschriftlicht und den Menschen Lesen und Schreiben beigebracht wurde. Durch den Erzabbau und mittlerweile den Tourismus werden die Lebensräume der Sami auch heute noch immer weiter eingeschränkt. Erst vor kurzem (23.1.2020) konnten die Sami in Schweden nach jahrelangem Rechtsstreit ein Urteil erwirken, dass ein samisches Dorf das Recht hat, Jagd und Fischlizenzen auf seinem Gebiet auszustellen. Der Staat hatte also nicht mehr das Recht, Tourismuskonzernen Lizenzen auszustellen, die die Lebensgrundlage der Sami zerstörten.

Zu der Rentierhaltung vielleicht noch ein paar Takte. Es gibt zwar noch wilde Rentiere, aber in verschwindend geringer Anzahl. Es sind eigentlich alles „Ausreißer“ von Herden. Die Sami kümmern sich darum, dass die Rentiere über den Winter kommen. Ohne die Winterfütterung würden die Herden gerade durch die immer kleiner werdenden Lebensräume innerhalb kurzer Zeit verschwinden. Wir haben es hier also mit im besten Sinne ökologischer Landwirtschaft zu tun.

Wenn ihr also in Norwegen einen Sami-Shop am Straßenrand seht: ja, das ist teilweise alberner Touristenkitsch. Aber meistens haben die dazwischen tolle Sachen und so ein Rentierfell ist auch keine dumme Idee. Allerdings sollte man berücksichtigen, dass die Haare von Rentierfell leicht brechen. Also nicht wie ein Schaffell benutzen. Was ihr allerdings im August nicht kaufen braucht, sind die Blaubeeren. Die gibt es überall im Wald gratis.

Es gibt übrigens zwei Arten Fell: die mit hartem Leder, die kosten etwa die Hälfte, und die mit weich gegerbtem Leder. So ein weiches Rentierfell kostet mit dem derzeitigen Umrechnungskurs so um die 120 Euro. Ich habe Touristen gesehen, die da ernsthaft maulten, dass das viel zu teuer sei. Dann stieg man in das 90.000 Euro-Wohnschiff ein und gondelte nach Starnberg zurück.

Ach ja, auch das Thema hatten wir schon: die Sami-Shops sind oft noch nicht an die allgegenwärtige Bargeldlosigkeit angeschlossen. Dort wird Cash bezahlt. Also packt ein paar Scheine ein.

5 Replies to “Ein bisschen was zu Sami”

  1. Kurze Frage zu: „einige der gezeigten Personen leben vermutlich noch“.
    Gilt hier das Recht am eigenen Bild nicht, weil es Fotos von Fotos sind? Oder weil es Samen sind?
    Herzliche Grüße Wilhelm

    1. Das Recht am eigenen Bild ist nach deutschem Recht sogar vererbbar. Bis zu zehn Jahre nach Tod der Person. Hat man aber einmal der Veröffentlichung zugestimmt, ist es vorbei. In diesem Fall kann man aber davon ausgehen, dass die Personen der Veröffentlichung zugestimmt haben, weil die Bilder sehr groß abgezogen öffentlich an der Wand hingen, der erste Verletzer wäre also der Fotograf.
      Das größere Problem in diesem Fall ist nicht das Recht der abgebildeten Personen, sondern das Urheberrecht des Fotografen, das absolut sicher noch nicht abgelaufen ist. Sollte also jemand den Fotografen bzw. seine Erben ermitteln können – mir war das nicht möglich, obwohl ich es versucht habe – so bitte ich um Mitteilung.

      Das mit „weil es Samen sind“ hättest Du Dir sparen können.

  2. Das Haus mit dem Gründach sieht aus, wie wenn
    es aus dem Boden gewachsen wäre – wie ein Baum.

    Was ist das für ein heller beigefarbener Fleck
    im Hintergrund des Blaubeerenbildes – ein Pilz?
    Ich dachte, dass man mit MFT soviel Unschärfe
    gar nicht hinbekommt. 😉

    1. Gähn. Ich dachte, die Sache mit dem Sensorgrößenschärfetiefenquark hätten wir jetzt mal durch? 😉
      Und Grasdächer sind eine prima Isolierung. Wäre speziell auch bei uns in Städten z.B. gar nicht verkehrt, sogar ökonomisch und ökologisch sinnvoll (z.B. extensive Dachbegrünung). Speziell die vielen Flachdächer….

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