Fotos auf Privatgrund machen

Ich glaube, ich sollte mal wieder ein paar Dinge klarstellen:

Auf Privatgrund bestimmt nur einer, wer fotografiert und was da fotografiert wird: Der Eigentümer. Das nennt sich „Location Release“. Ohne Location Release darf weder fotografiert werden, noch dürfen diese Fotos veröffentlicht werden. Deshalb steht in einem Location Release auch drin, für welche Zwecke die Fotos verwendet werden. Dies betrifft übrigens auch Hotelzimmer, AirBNB-Zimmer und selbst, in Grenzen, Mietwohnungen. (Private Fotografie ist dort eine zu duldende Nutzung, kommerzielle Fotografie ist das nicht automatisch!)

Die Panoramafreiheit gilt nicht von privatem Grund aus. Wenn ich das Nachbarhaus fotografieren will, dann muss ich mich dazu auf öffentlichen Grund begeben. Von meinem eigenen Grundstück aus darf ich nur mein eigenes Grundstück fotografieren. Oder eben den Nachbarn fragen, ob ich darf. (Das Dokumentieren der Oben-Ohne-Pool-Party im übernächsten Garten mit dem Tele vom eigenen Balkon aus ist also schlicht illegal.)

Das „in private Räume knipsen“ ist auch von öffentlichem Grund aus verboten. Also wenn da in der Erdgeschosswohnung einer in Feinripp-Unterhemd mit seiner Bierdose vor der Glotze sitzt, dann ist das durchs Fenster vielleicht malerisch anzukucken, aber das Fotografieren ist verboten. Dabei können mehrere Dinge problematisch sein: Das Fotografieren in einen „geschützten Raum“ ohne Genehmigung. Bei neueren Häusern – also Häuser, bei denen der Architekt noch keine 70 Jahre tot ist – ist auch auf die Innenräume Urheberschutz drauf. Das Hausrecht des Bewohners. Und das Recht auf das eigene Bild des Bewohners. Wenn er tatsächlich in Feinripp dort sitzt, kann sogar noch das Verbot von „entwürdigender Darstellung“ in Frage kommen.

Für Filmaufnahmen gilt das Gleiche. Mit einem Unterschied: Bei Filmaufnahmen wird im Allgemeinen auch noch Ton aufgezeichnet.

Tonaufzeichnungen, neudeutsch „Field recording“, sind nur mit ausdrücklicher Einwilligung der Aufgenommenen zulässig. Verdeckt aufgezeichnete Telefongespräche, Mitschnitte von privaten Unterhaltungen, selbst Mitschnitte von – zum Beispiel – Stammtischgesprächen sind eine Straftat. Wenn man etwa zu Beweiszwecken ein Telefonat aufzeichnen will, darf man nur seine eigenen Aussagen protokollieren. Das Mitschneiden eines Skype-Chats ist ohne eine Genehmigung des Partners illegal. Selbst die Lautsprecherausgabe ist verboten, wenn sich andere Personen im Raum befinden und der Gesprächspartner darüber nicht informiert und um Genehmigung gebeten wurde.

Diese Gesetze gelten auch für Journalisten und Detekteien. Ich kann mich also nicht rausreden „Ich mache gerade eine Recherche über Typen in Feinripp die Bier trinken und deshalb muss ich die Leute knipsen, weil die das ja nur heimlich machen“. Ich muss Leute finden, die ausreichend hacke sind, dass sie sich in Feinripp von mir ablichten lassen, damit ich meine Reportage machen kann. Illegal knipsen und abhören und dann aus der Anzahl der „Zischhhhhhs“ auf die Menge an Bierdosen schließen, die beim Spieltag geleert wurden, ist illegal, auch wenn ich noch so viel Bohei drum mache und die Reportage in ein cooles Layout verfrachte.

Es gibt dabei eine Ausnahme: Und zwar wenn die rechtswidrig beschafften Daten (Foto/Ton) so gravierende Missstände aufdecken, dass das Recht der Öffentlichkeit auf Information ein höheres Gut darstellt, als der Schutz der bespitzelten Person.

Sprich: Wenn der Herr in Feinripp Besuch von einem Herrn Doppelripp bekommt und die beiden zusammen konkret den Überfall auf die lokale Bank planen. Stellt sich aber raus, dass die beiden lediglich Krimiautoren sind, die an ihrem nächsten Roman arbeiten, könnte es sein, dass der Möchtegernjournalist und Retter der Menschheit ein Problem bekommt. Zu Recht.

Es ist schlimm genug, dass uns Amazon, Google, Apple, die CIA, NSA, der BND, das BKA und einer der vielen Verfassungsschützer ausspioniert. Wenn wir uns noch gegenseitig ausspionieren und das auch noch für heldenhaft halten, dann sind wir wieder in echt finsteren Zeiten angekommen.

Und damit keine Missverständnisse aufkommen: Ich bin kein Anwalt und dies ist keine Rechtsberatung.

6 Replies to “Fotos auf Privatgrund machen”

  1. …aber immerhin eine gute Information über Dinge, die vielen Knipsenden sicherlich nicht ausreichen klar sind / bis dato klar waren. Insofern: Danke auch dafür.

  2. Ich erntete ungläubige Blicke als ich vor kurzem einer Gruppe junger Menschen erklärt habe, dass sie den nächtlich beleuchteten Eiffelturm nicht einfach fotografieren und das Foto auf „Insta“ hochladen dürfen weil auf der Illumination ein Urheberrecht von Pierre Bideau drauf ist.
    Zum Glück gibt es dafür anscheinend pragmatische Lösungen („Copyright Tour Eiffel – Illuminations Pierre Bideau“), denn durch die „Fotografie“ mittels vernetzter Endgeräte wird ja massenhaft gegen geltendes Recht verstoßen.

    1. Das ist bei der Dame de Fer eine seit längerer Zeit obsolete Situation, solange es sich um reine Urlaubs-Erinnerung-wichtig-teilen-bin-auch-da-gewesen-Knipsbilder handelt.
      Findet sich auf den Seiten toureiffel.paris und der sete.toureiffel.paris
      Kommerziell ist eine andere Geschichte, wie überall.

  3. „Selbst die Lautsprecherausgabe ist verboten, wenn sich andere Personen im Raum befinden und der Gesprächspartner darüber nicht informiert und um Genehmigung gebeten wurde“…. Interessant! Wie ist die Lage, wenn das Telefonat im Freien stattfindet? Da hört man heutzutage ja ständig Telefongespräche mit, wenn die Smartphones wie ein Butterbrot vor den Mund gehalten werden und Freisprechen aktiviert ist. Peinlich oft, z.B. wenn Beziehungsstreitereien für jedermann hörbar ausgetragen werden. Oder im Zug, Geschäftsgespräch, ich war schon mal nahe dran zu sagen „schönen Gruß auch von mir!“

    1. „Geschäftsgespräch, ich war schon mal nahe dran zu sagen „schönen Gruß auch von mir.“

      Ich als Spassvogel habe ein „WC-Spülgeräusch“ auf meinem Smartphone.
      Das halte ich öfters mit voller Lautstärke an solche Öffentlichkeitsquatscher in der Straßenbahn. Die Reaktionen sind „köstlich“…

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