In einem Kommentar bin ich wieder mal auf „iMatch“ gestoßen worden, eine Bildverwaltung, die Made in Germany ist und seit mehreren Jahrzehnten entwickelt wird. Das Programm hatte ich vor vier Jahren schon mal ausprobiert und relativ schnell ad acta gelegt.
Diesmal habe ich das Programm auf 8TB Bilder losgelassen – mal als Anfang – und im Verlauf des 24-stündigen Experiments mitgeschrieben, was mir aufgefallen ist.
- Die Softwarelizenz ist in Englisch.
- Aber man kann die Interface-Sprache wählen und man kann auch bei der Installation auswählen, wo man seine Datenbank haben möchte. Man kann sogar ein Passwort für die Datenbank angeben.
- Dafür gibt’s nur eine Online-Hilfe und die ist auch noch in Englisch.
- Hat man die deutsche Oberfläche, kriegt man englische „Tipps zum Programm“.
- Bilder zur Datenbank hinzufügen scheiterte bei mir bei 194125 Dateien. Zack. Absturz. Neustart des Programms, immerhin ist die Datenbank da und schon fängt das Programm an, Metadaten zu importieren. Für 230.000 Dateien benötigt das Programm gut acht Stunden. Wenn man denkt, Super, jetzt ist es fertig. Denkste. Es geht mit „Hinzufügen und Aktualisieren“ weiter – noch mal 12 Stunden. Und dann sollte man die frisch angelegte Datenbank bitte schön noch optimieren. Nochmal ne halbe Stunde.
- Dann kann man mal anfangen, in der Datenbank zu kucken.
20 Stunden für 200.000 Bilder importieren? Ja OK, kann man mit leben. Muss man ja nur einmal machen. Wie verhält sich das Programm im Betrieb?
Richtig geil: iMatch wertet die Picasa Nametags aus und zeigt die Gesichter samt Namen an. Und hat sogar die Picasa-Personenliste aus den Tags extrahiert.
Olympus-Makernotes werden ausgewertet, das bedeutet, man kann auch Parameter sehen, die andere Programme nicht anzeigen.
Weniger geil: Man kann die Bilder nach verschiedenen Parametern sortieren. Zum Beispiel nach Dateinamen, Ähnlichkeit, Größe – und auch nach „ähnlichen Gesichtern“ – was völlig scheitert. Man kann die Bilder sogar bearbeiten. Irgendwelche lustige Formen mit Texten drauf auf die Bilder klatschen. Sogar in mehreren Ebenen. Muss nicht.
Die Benutzeroberfläche ist komplett überladen. Buchstäblich zig Fenster, tausende Möglichkeiten, teilweise haben die Icons ToolTips, teilweise kann man nur raten oder ausprobieren. Hat man ein Bild beim Bearbeiten groß und denkt, man kann mit dem Scrollrad reinzoomen – nein, mit dem Scrollrad wechselt man die Bilder. Man kann die Benutzeroberfläche zwar anpassen, aber dafür muss man erst mal wissen, was man davon unbedingt braucht, und was weg kann.
Das Programm ist sauschnell. Wirklich. Und wenn man mal rausgefunden hat, wie man eine Suche startet, dann funktioniert sicher auch das wirklich flott – ich hab’s zwar kapiert, wie man einen Filter macht, aber nicht, wie man den Filter aktiviert.
Und, was halt auch ne tolle Sache ist: man kann auch so ziemlich alle anderen Medien in iMatch verwalten und damit auch Projekte aus verschiedenen Medienarten zusammenstellen. Also etwa die Betreuung einer Band mit Bandfotos, MP3-Dateien und Imagevideos. Hat was.
Wenn man sich durch die englischen Anleitungen kämpft und mal zwei Wochen investiert, in denen sich iMatch durch die ganzen Medien-NAS gräbt, dann hat man eine wirklich mächtige Datenbank, die ziemlich viel kann. Bearbeiten sollte man die Bilder halt mit einem externen Programm.
Das Programm kostet 130 Euro, es gibt ne voll funktionsfähige 30-Tage-Lizenz und es ist für Leute, denen Excire nicht umfassend genug ist und die mit der natürlichsprachigen Suche von Excire nichts anfangen können, echt ne Idee.
Bei den 200.000 Bildern hat iMatch bei mir eine 8GB große Datenbank angelegt, das ist eher am unteren Rand entsprechender Datenbanken bei anderen Programmen. Also alles OK.
Kann man sich ankucken.
Ich hab’s nach 24 Stunden wieder deinstalliert – dabei wird die Datenbank nicht gelöscht, die muss man per Hand loswerden. Also wenn iMatch-Spezialisten mir erklären wollen, was ich falsch gemacht habe – hoffnungslos. Ich habe es nicht mehr auf dem Rechner.
Das Titelbild? Das hat mir Excire vorgeschlagen, nachdem ich den Blogbeitragstitel in die Klartextsuche eingegeben habe.
Ich nutze IMatch seit über fünfzehn Jahren (mit inzwischen ca. 120.000 Bildern) und würde sagen, dass es nicht die super-perfekte Lösung für alles ist, dass ich aber über die Zeit ziemlich glücklich mit IMatch bin.
Ja, die Lernkurve ist ganz schön steil. Da muss man sich am Anfang kräftig durchbeißen. Aber die Online-Doku ist in meinen Augen mustergütlig. Ja, nur englisch. Aber wirklich gut. Nicht nur Runterleiern von Funktionen sondern, wo nötig, auch Beschreibungen, wie man seinen Workflow organisiert bekommt, was da im Hintergurnd passiert, wo es Haken und Stolperstellen gibt. Dazu eine gut funktionierende Community in einem Forum, wo in der Regel der Entwickler die erste Antwort liefert.
Wichtig: Es ist eine reine Datenbank zum Organisieren der Bilder (oder sonstiger „digitaler Assets“). Bearbeitung macht man lieber extern. Man kann aber externe Tools natürlich aus IMatch heraus starten.
Aber Organisieren kann man mit IMatch großartig. Und auch ohne tiefstgründige Verschlagwortung kann man mit wenigen Klicks eine Struktur in Bilder bringen, mit der man später auch wieder etwas findet (nach Anlässen, nach Personen…). Und wenn man nicht selbst Schlagworte zuweisen will, kann man optional (!) doch auch automatisch aus der Cloud Schlagworte finden lassen (muss man aber nicht).
Nach meiner Erfahrung benötigt nur das initiale Einlesen großer Bildermengen Langmut. 1000 Bilder aus dem letzten Urlaub sind nach zwei, drei Minuten eingelesen. Das zeitaufwändige Rückschreiben von Änderungen in die Bilder (EXIF/XMP-Tags) versucht IMatch im Hintergrund auszuführen. Allerdings kann das bei 1000 Bildern dann auch mal ein paar Minuten dauern.
Die großen Vorteile, die ich sehe:
+ kein Abo, kostenlose Updates für ca. 2 Jahre bis zum nächsten „Major Release“
+ keine Cloud, alles (inlusive ziemlich guter Gesichtserkennung) läuft lokal
+ die DB ist echt schnell
+ viele Möglichkeiten, den eigenen Workflow zu automatisieren (und auch den Workspace aufgabenbezogen anzupassen)
+ praktisch alle Daten werden als Tags in EXIF/XMP gespeichert, sind also Bestandteil der Bilddateien und damit ziemlich „zukunftssicher“
+ sehr direkter Draht zum Entwickler, der in der Regel unverzüglich auf Fehler und Feature-Wünsche reagiert
Nachteile sehe ich natürlich auch:
– IMatch ist nicht Lightroom 😉
– IMatch kann an manchen Stellen zu viel (für die Bedürfnisse eines Einzelnen) und ist damit nicht immer intuitiv zu bedienen
– das ist eine One-Man-Show – sollte Mario mal ein Klavier auf den Kopf fallen, war’s das…
Es lohnt sich, das mal auszuprobieren.