Lauf F.J.Strauß muss man als Ratte oder Schmeißfliege geboren werden, um Journalist werden zu können….
Das Verwaltungsgericht Minden hat in einem Urteil die Journalisteneigenschaften eines YouTubers bejaht. Und nun dreht der Deutsche Journalisten Verband am Rad. Der verweist gleich auf ein Urteil des europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. (Allerdings ohne das Urteil zu nennen.) Nach der Auffassung des DJV sind nur Vollzeitjorunalisten, die von ihrer Tätigkeit leben können, Journalisten.
Sie sind damit leider nicht so ganz auf dem Boden der deutschen Gesetzeslage. Denn in Deutschland kann sich buchstäblich jeder Journalist nennen. Da gibt’s auch keine zwei Meinungen dazu. Genauso wie sich jeder Fotograf oder Fotodesigner nennen kann, der lustig ist. Hauptberufliche Journalisten, die im Augenblick das mit dem „davon leben können“ davonschwimmen sehen – ChatGPT sei Dank – sind da aber extrem angefressen, wenn da irgendein YouTuber oder Blogger daher kommt und sich erfrecht zu recherchieren. (Was ja der eigentliche Job eines Journalisten ist – und nicht das kontrollieren der monatlichen Gehaltsabrechnungen eines großen Medienhauses.)
Im praktischen Betrieb sieht es dann etwas anders aus. Ein Fotograf hat sich gefälligst um seine HWK-Anmeldung zu kümmern, wenn er mit Assis arbeitet, muss er BG zahlen. Und ein Journalist muss bei jeder Gelegenheit seine „Journalisteneigenschaft“ beweisen. Ein Presseausweis ist dabei nur in Grenzen hilfreich. Tatsächlich hilft er eigentlich ziemlich selten. Der Trick ist, Behörden sind gegenüber Journalisten auskunftspflichtig. Und wenn jeder sich Journalist nennen darf, dann kann im Prinzip auch jeder die Behörden löchern. Was der Sinn der Sache ist. Zumindest war das mal so gedacht. Die Presse sollte als vierte Macht im Staate die anderen drei kontrollieren. Mittlerweile sind die großen Medienunternehmen aber sehr dahinter her, dass niemand ihr Informationsmonopol angreift und der DJV ist da voll dabei. Der Cheffe vom DJV, Prof. Dr. Frank Überall, ist Dozent an der HMKW und hat natürlich keinerlei Interesse daran, dass da Leute recherchieren, ohne beim CDU-Mitglied Überall in die Lehre gegangen zu sein. Überall ist übrigens der Meinung, dass PR-Texter auch Journalisten seien. Da braucht man sich über die Texte, die so in unseren Medien als „Journalismus“ auftauchen, nicht mehr zu wundern. Überall schreibt übrigens für den WDR und für das ehemals linke Blatt „taz“. Ist halt ein Qualitätsjournalist. Und der soll ja Geld kosten….
Für die Photopia habe ich mich akkreditiert und musste dabei zweimal meine Journalisteneigenschaft nachweisen. Einmal um überhaupt auf den Presseverteiler zu kommen, und dann noch, damit ich bei der Messe akkreditiert werden kann. Ich habe da mittlerweile eine „Bank“ mit meinen über 40 Büchern, die ich vorweisen kann und muss dann nicht den Ordner mit den Belegexemplaren der Tageszeitungen rauskramen.
Wenn man nun aber denkt, weil man Journalist wäre und ein Presseschild vorne im Auto liegen hat, wäre irgendwas einfacher. Viel hilft das nicht. Ich komme bei Festivals, bei denen ich fotografieren soll, auf den Mitarbeiterparkplatz ohne groß diskutieren zu müssen, aber das war’s schon. Ich muss mich für jede Veranstaltung extra akkreditieren (anmelden) und dabei jedes mal angeben, für welches Medium ich schreibe. Und wenn das Medium nicht ins Beuteschema des Veranstalters passt, dann gibt’s halt keine Akkreditierung. Wenn man bei ner Rallye fotografieren will, dann muss man für ein Motorsportmedium knipsen. Sonst gibt’s da nix. (Früher war das leichter, aber da sind dann zu viele Amateure plattgefahren worden, manche Veranstalter geben deshalb überhaupt keine Akkreditierungen mehr raus.)
Bei den Journalistenevents der Kamerabranche kriegt man sowieso ne persönliche Einladung – und da sind die Zeiten, in denen kritische Journalisten ein Ticket bekamen, längst vorbei.
Also: Im Prinzip ist man Journalist, wenn man so bezeichnet wird. In der Wikipedia hat jemand verzweifelt versucht, mich als Journalisten zu bezeichnen. Weil ich halt nach der Wikipedia-Definition und der Definition der Verwaltungsgerichte einer bin. Aber irgendein Wikipedia-Blockwart, der noch nie was von gedruckten Zeitungen gehört hat, verhindert das. So what – solange die Leute der Meinung sind, die ich um eine Akkreditierung bitte, kann es mir egal sein, ob die Wikipedia mich für einen Journalisten hält oder nicht….
Bilder: Oben: Wahlplakat 1980, Mitte: Alois Karl am politischen Aschermittwoch 2007. Unten Wahlkampf 2009. Pandemie 1.0 (Als damals zwei Schwäne etwas spät aus den Puschen kamen und Morgenjogger dachten, die seien tot, musste die Feuerwehr mit Tatütata ausrücken und das Gebiet um die Schwäne absperren. Als die dann nach ausgiebiger Morgentoilette den Abflug gemacht haben bevor der Veterinär angerückt kam, habe ich immerhin einen Artikel mit einem Knipsbild zweier fliegender Schwäne in die Zeitung gebracht. Von wegen Naturfotografie sei brotlos…..)
Ratte oder Schmeißfliege trifft es wahrlich gut. Wenn man von den richtigen Leuten so bezeichnet wird, weiß man, man macht einen guten Job. Unangenehm, nicht durch einen einfach Handstreich fortzuscheuchen, verbissen an einer Story nagen, bis die unschöne Wahrheit ans Licht kommt. Als 4. Gewalt auch gegen den Willen der mächtig Einflussreichen.
So die Theorie, die guten alten Zeiten.
Heute, pfff, Paywall, politische Korrektheit, Agenturmeldungskopiere, die Seiten müssen halt mit irgendwas gefüllt werden, was die Geldgeber und Werbekunden nicht verschreckt, füge hier ein Symbolbild ein.
Schön, dass ihr über Missstände berichtet. Dort ist ein Missstand. Punkt. Hier der Nächste. Punkt. Eine Meinung dazu? Neeee, nicht mit uns. Kritisch Hinterfragen? Erst recht nicht. Die Ursachen aufdecken und den Sumpf durchwaten, sich dreckig machen? Wo kämen wir hin.
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Später werden sie fragen, wie es so weit hat kommen können. Man hätte es ja nicht ahnen können. Da kann ja keiner was dazu.
Der DJV kann ja mal neidisch über den Tellerrand schauen: Wer zum Beispiel versucht, sich als Architekt auszugeben, ohne bei der zuständigen Architektenkammer registriert zu sein, kriegt schnell alle möglichen Schwierigkeiten (bis hin zu Geldbußen von Tausenden von Euro, die die Architektenkammer typischerweise direkt selbst verhängen darf). So weit haben es die Journalisten noch nicht geschafft.
Dass der DJV anscheinend glaubt, der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hielte nur “Vollzeitjournalisten” für wahre Journalisten, ist befremdlich. Im Urteil “Magyar Helsinki Bizottság v. Hungary” zum Beispiel hebt das Gericht die Bedeutung von “citizen journalism” für die Verbreitung von politischen Inhalten hervor, die von Mainstream-Medien ignoriert werden. In “Falzon v. Malta” wird zugunsten eines ehemaligen Politikers entschieden, der Meinungsbeiträge in wöchentlichen Publikationen veröffentlichte und vom Gericht als “non-professional journalist” bezeichnet wird. Der EGMR weist mit Nachdruck darauf hin, dass er den Begriff “Journalismus” nicht explizit definiert, sondern erweitert die Funktion des “public watchdog” – mit den damit verbundenen, aus dem Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention abgeleiteten, Freiheiten, Pflichten und Verantwortlichkeiten – ausdrücklich über die Presse hinaus, etwa auf NGOs, akademische Forscher und Autoren von Materialien öffentlichen Interesses. Ferner gerade im Hinblick auf Artikel 10 auch Blogger und Nutzer sozialer Medien, vor dem Hintergrund der wichtigen Rolle, die das Internet für den öffentlichen Zugang zu Neuigkeiten und Informationen im Allgemeinen spielt. Demnach urteilt das Verwaltungsgericht Minden zumindest meiner unmaßgeblichen Meinung nach durchaus im Einklang mit der Rechtsprechung des EGMR und der DJV hat mit seiner Behauptung unrecht.
„… das ehemals linke Blatt „taz“ …“
Wieso ehemals?
Hat der Herr Strauß auch gesagt als was man geboren werden muss,
um Politiker werden zu können?
Was will uns der Autor sagen? Ich habe es ehrlich gesagt nicht verstanden, denn es kriegt doch fast jeder eine Breitseite ab: der Journalistenverband, der seine Mitglieder schützen will (das machen Interessenverbände nun mal so und das erwarten die Mitglieder auch von ihm), die sozialen Medien, die qua Methode vielem Unsinn Raum geben (und nein, genauso wenig wie jeder YouTuber ein guter Journalist ist, ist auch jeder YouTuber ein GPTClown), die Veranstalter, die nur gute Presse wollen und ihr Fachpublikum handverlesen, die nicht unfehlbare Verfahrensweise von Wikipedia (ja, ich habe mir die Historie zu deinem Eintrag angeschaut, da ist nicht alles gut für den Autor gelaufen), oder ist es einfach nur ein Rant gegen die Ungerechtigkeit der Welt und das früher doch alles besser war – außer vielleicht FJS…?
Deine Bildauswahl könnte für eine andere Interpretation stehen – geht dir der Wahlkampf in Bayern auf den Zeiger?
Erstaunlich, wie früher die Wahlplakate ausgehen haben:
Der FJS guckt nicht mal in die Kamera und die Tätigkeit,
die er ausübt wäre bei heutigen Plakaten auch undenkbar.
Außerdem fehlt das bayerische Blau im Bild, stattdessen
ist das Bild relativ stark in braunen Farbtönen gehalten.
Da sieht man mal wieder: Reinhard hatte recht, man soll
so viel wie möglich dokumentieren. Es wird immer einige
Menschen geben, die sich für etwaige Fotos interessieren.