Seit ein paar Tagen geht die Sache durch’s Netz: Wenn man mit einem Cloud-Adobeprodukt eine Datei aufmacht, die eine Pantone-Farbe enthält, wird die schwarz dargestellt. Man braucht ab sofort ein Plugin, das 21$ pro Monat kostet.
Das klingt etwas schräg, aber zum Verständnis vielleicht mal ein paar Fakten. Was macht Pantone überhaupt: Die definieren eine bestimmte Farbe, bezeichnen sie mit einer Nummer. Und wenn ein Farbenhersteller diese bestimmte Farbe herstellen will, dann muss er an Pantone Lizenzgebühren abdrücken. Wichtig: Nicht Pantone stellt die Farben her, das macht wer anders. Pantone sagt nur „Ein bestimmtes Rotorange hat jetzt die Nummer 021C.“ Und wenn man etwas herstellen will, das „021C“ enthält, also Software, Bilder oder Farben, muss man Geld an Pantone abdrücken. Natürlich könnte man die gleiche Farbe auch mit ihrem RGB-Wert 254-80-0 herstellen, aber dann darf man nicht mehr Pantone dranschreiben.
Welchen Sinn hat das dann? Man gibt am Monitor eine Pantone-Farbe an (und damit man sich nicht mit einem schlecht kalibrierten Monitor vertut, gibt’s gedruckte Farbfächer, an denen man den Wert ablesen kann – ein Paar für matt und glänzend für 192$) und der Drucker greift ins Regal und haut die passende Farbe in den Drucker. Alle glücklich. Vor allem Pantone. Die stellen nämlich tatsächlich selbst nichts her. Wenn man auf ihrer Website shoppen will, gibt’s vor allem Merch. Also farbige Tassen und so. Und so einen Farbfächer wie im Titelbild.
Die Deutschen sind aber nicht doof, bei denen gibt es den HKS-Farbfächer, der das gleiche kann. Nur dass HKS auch die passenden Pigmente dafür herstellt, Farbfächer für verschiedene Bedruckstoffe (Kunstdruck, Naturpapier, Zeitungsdruckpapier, Endlosdruckpapier) liefert und – last but not least – das auch schon seit 1968 macht. Die Ersten war aber der Reichs-Ausschuß für Lieferbedingungen 1927. Die haben die erste RAL-Tabelle mit 40 Farbtönen erstellt.
Und was hat nun Adobe damit zu tun? In Adobe-Produkten (also zum Beispiel auch Indesign) kann man Pantone Farben angeben. Ich habe eine bestimmte Pantone-Farbe in meinem CI-Schema (Corporate Identity) und wenn ich neues Briefpapier drucken will, schicke ich die Datei zum Drucker, der sieht „Aha 021C“ und der Lack ist gesoffen, ich kriege jedes Mal identisches Briefpapier.
Und nun hat aber Adobe aufgehört, Lizenzgebühren an Pantone abzudrücken und Pantone hat gesagt „sooooo lefft des net“. Also darf Adobe kein Pantonefarben mehr verwenden. Will der Kunde nun seine alten Dateien wieder kucken, muss er das Plugin installieren und das Geld direkt an Pantone schicken.
Adobe schiebt den schwarzen Peter jetzt zu Pantone. Nur: alle, die noch eine Nicht-Cloud-Version von Adobe-Produkten ihr Eigen nennen, grinsen darüber nur. Die können ihre Pantone-Farben nach wie vor genießen. Das ist das Problem: man mietet ja nur. Und wenn sich der Funktionsumfang ändert, dann ändert sich das halt. Kann mehr werden. Kann auch weniger werden. Merkt der Kunde dann schon.
Das ist so das Problem – wenn man Cloud-Software anbietet. Man denkt, man hat seine Kunden festgenagelt – aber man ist blöderweise auch in Geiselhaft der Lieferanten. Wenn da einer nicht mehr mitspielt, verlieren die Kunden von heute auf morgen wesentliche Funktionen. Denn natürlich ist eine Software, die keine Pantone-Farben unterstützt, professionell nicht mehr verwendbar. Und klar, für einen Profi sind 21 Dollar im Monat nicht die Welt. Aber ein Profi ist darauf angewiesen, dass das Werkzeug auch morgen noch funktioniert. Und wenn man des Morgens an die Kamera geht, draußen steht eine Großfamilie für die Bilderchen fürs Familienalbum und die Kamera grinst Dich an „Nada, Baby, mein Hersteller hat keine Lizenzgebühren für den RAW-Konverter gezahlt, Du kriegst keine JPGs mehr – und damit auch kein Bild im Sucher.“ dann ist das das letzte Mal, dass ich von diesem Hersteller eine Kamera gekauft habe….
Hallo Reinhard,
ist es eine allgemeine Befürchtung deinerseits, dass die Kamerahersteller zukünftig
Lizenzgebühren verlangen könnten oder hast du bereits irgendwelche Gerüchte gehört?
Hier war es lediglich als Verdeutlichung gedacht, aber kostenpflichtige Firmwareupdates sind ja in der Branche nix Neues. Ein „Abomodell“ für Kameras eines Herstellers halte ich aber aus den oben genannten Gründen für nicht durchzusetzen. Allerdings hat Adobe es erfolgreich geschafft, das System bei Software durchzusetzen. Aber die haben es auch geschafft, eine Software wie Pagemaker zu droppen und dafür InDesign durchzusetzen. Die Nürnberger Abendzeitung ist an InDesign verreckt. Wenn es jemand durchsetzen kann, dann Canon.
Wirkt auf mich ein bisl wie moderne, digitale Wegelagerei