
Wenn man eine Band bucht, die auch nur ein bisschen was auf sich hält, kriegt man als allererstes den „Technical Rider“ um die Ohren gehauen. Da steht drin, was man der Band zur Verfügung stellen muss. Stromanschlüsse mit genauer Angabe der Sicherungen, Bühnenbreiten, Platz in der Umkleide, Anfahrtsmöglichkeiten für LKW und Füllung des Getränkekühlschranks.
Nachdem ich mich heute mit einer Kollegin unterhalten habe, hier nun mal ein „Technical Rider“ für Fotografen – zur gefälligen Lektüre der Auftraggeber.
- Es gibt einen zugänglichen und nicht blockierten Parkplatz für den Fotografen.
- Der Fotograf hat grundsätzlich ungehinderten Zugang zu allen Punkten der Location, von wo aus fotografiert werden kann.
- Es gibt einen Platz, an dem der Fotograf sein Equipment deponieren kann, so dass er es jederzeit im Zugriff hat und wo es andererseits nicht unbeaufsichtigt ist. Beispiel: Hinter der Bar o.ä.
- Der Fotograf ist nicht an einen Dresscode gebunden.
- Der Veranstalter weist zu Beginn der Veranstaltung darauf hin, dass ein Fotograf anwesend ist und dass man ihm gefälligst nicht im Weg stehen soll. Coknipser müssen sich mit Abstand hinter dem Fotografen sortieren.
Persönliche Bedürfnisse
- Der Fotograf hat jederzeit Zugang zu einer sauberen Toilette ohne Wartezeit.
- Der Fotograf bekommt, wenn alle essen, auch zu essen. Nicht gleichzeitig mit den anderen, sondern als Letzter, so dass er während der Essensausgabe noch fotografieren kann.
- Er hat einen festen Sitzplatz, an dem er die gesamte Veranstaltung im Blick hat und von dem er jederzeit schnell den Platz wechseln kann.
- Der Tisch ist groß genug, dass er seine Kameras neben sich auf den Tisch legen kann.
- Es gibt eine freie, zugängliche und funktionierende Steckdose exklusiv für den Fotografen.
- Der Fotograf erhält jederzeit Getränke.

Informationen
- Der Fotograf erhält vorab Informationen über den zeitlichen Ablauf der Veranstaltung. Schriftlich.
- Der Fotograf erhält vorab eine Liste der Leute, die unbedingt zu fotografieren sind – mit Bild.
- Der Fotograf erhält vorab eine Liste der Leute, die auf keinen Fall fotografiert werden dürfen. Mit Bild.
Honorar
- Das Honorar des Fotografen ist zu akzeptieren. Oder eben auch nicht – aber dann bitte jemand anderes engagieren.
- Entstehen nach der Honorarvereinbarung Zusatzwünsche („Tante Erna will noch ein paar Fotos mit ihrem Dackel!“) dann werden diese ohne Diskussionen auf Stundensatz vergütet.
Unterkunft
- Wenn eine Übernachtungsmöglichkeit gestellt werden muss, dann bitte ein anständiges Bett, Dusche, kostenfreies, leistungsfähiges WLAN und ein essbares Frühstück. Und Parkplatz.
- Die Übernachtungsmöglichkeit sollte vom Veranstaltungsort nicht allzuweit entfernt sein, so dass man sie auch nach 14 Stunden hinter der Kamera noch findet ohne unterwegs am Steuer einzuschlafen.
DSGVO
- Der Veranstalter klärt über die DSGVO auf, klärt die Teilnehmer auf, wer die Fotos bekommt, was mit den Fotos gemacht wird.
- Listen mit DSGVO-Unterschriften werden dem Fotografen nicht ausgehändigt. Dies sind Daten, die der Fotograf nicht braucht und nicht haben darf.
Mit dem Fotografen sprechen
- Wenn der Fotograf fotografiert oder die Kamera in der Hand hat, ist er nicht anzusprechen.
- Verwickelt ein Teilnehmer der Veranstaltung den Fotografen in Blendenäquivalenzdiskussionen oder ähnliche Dinge, wird pro angefangene Stunde der dreifache Stundensatz fällig. Auch der Versuch ist strafbar.

Vielleicht wäre es eine Marktlücke, den letzten Punkt separat anzubieten, ohne die Fotografiererei… 😉
zwar kannte ich den Terminus „Technical Rider“ bislang nicht, aber Du listest ziemlich genau die Punkte auf, die ich im Vorwege mit Auftraggebern, egal ob Brautpaar oder z.B.Veranstaltern von Fachtagen usw. besprochen habe wenn ich einen Auftrag annahm. (Mittlerweile fotografiere ich fast ausschließlich zu meinem Vergnügen)
Nicht zu vergessen die Kontaktdaten von Auskennern wie z. B. Trauzeugen oder Tagungsleitung.
Gruß aus HH Achim
Blendenäquivalenz ist das zweitwichtigste Thema überhaupt, nach Global Warming.
Was würde dieser Kommentar eines Gastes kosten: „Mit dem Händi macht man doch eh bessere Fotos, oder?“
Dem würde ich nicht widersprechen.
Zum einen weil es natürlich Menschen gibt, die mit ihren Telefonkameras bessere Bilder machen können als ich mit meinem Fotoapparat. Zum anderen deshalb nicht, weil ich bei einem Fotojob auf einer Veranstaltung keine Zeit für solche Diskussionen habe.
Für mich war es immer die größte Herausforderung mir den einen Onkel, den es auf jeder Hochzeit gibt vom Hals zu halten der mir von seiner tollen Kamera mit dem richtig großen Objektiv vorschwärmt und mich von der Arbeit abhält…
Gruß aus HH
Achim
„Der Fotograf ist nicht an einen Dresscode gebunden“
Er sollte aber soviel Selbstachtung und Anstand haben, dass er nicht aus dem Rahmen fällt! Viele Fotografen haben leider eine Berufskleidung: Fotowesten und viel zu große (meist im Schritt) Jeans – meine Beobachtung.
N.B.: Ich habe das Wort ‚Schlampigkeit‘ vermieden und wollte auch nicht das fast entschuldigende ‚casual‘ ins Gespräch bringen.
Was heißt „nicht aus dem Rahmen fallen“?
ein guter Fotograf ist über Stunden immer in Bewegung. Kniet sich mal in den Dreck, manchmal schmeißt er sich auf den Boden, oder klettert ne kleine Mauer rauf.
Da sollten T-Shirt und bequeme Jeans+ Sneaker’s
möglich sein. Er ist ja kein Gast, sondern er arbeitet dort.
Das darf man auch ruhig sehen.
Kniet ein guter Fotograf sich mal im Dreck, schmeisst er sich auf den Boden, klettert er ne kleine Mauer rauf – dann ist eben das der Rahmen und es gibt übrigens auch noch andere Rahmen und es gibt übrigens auch Fotografen, die über Stunden nicht in Bewegung sind und dennoch gut sind.
Der Fotograf kann gerne einen Dresscode bedienen – aber der Auftraggeber kommt für die Kosten auf!
Wenn ich mir den schwarzen Anzug ruiniere, weil ich mich in einer „hippen“ Location an einer grob verputzten, weiß gekalkten Wand vorbeischieben muss, dann zahlt der Kunde die Reinigung und ggf. sogar die Neuanschaffung des Anzugs. Ganz einfach…
Ein Fotograf ist auf einer Veranstaltung um zu arbeiten. Er trägt daher Arbeitskleidung, die ihn dabei unterstützt. Wenn ich wo fotografiere, dann mit vollem Einsatz. auch körperlich. Ich will also nicht nachdenken müssen, ob ich mich da hinlegen kann oder ob ich im Schritt frei stehe, wenn ich etwas weiter grätschen muss. Ich trage daher saubere, aber definitiv funktionale und bequeme Kleidung. Die Hosen oder Jacken mit vielen Taschen erlauben, nicht wegen jeder Kleinigkeit zur Basis zu müssen und dauernd am Laufen zu sein. Das Gewand ist ziemlich sicher schwarz, weil es dann kaum wo störende Reflexe verursacht, die den Fotografen ins Bild bringen.
Dann noch die psychologische Seite: Mit Anzug sehe ich aus wie der Onkel, der auch Fotos macht oder wie ein Teilnehmer der Veranstaltung. Gerade bei Firmenveranstaltungen kann das Gewand schnell zur Status-Anzeige werden und mein Anzug ist nicht vom Designer und nicht aus der aktuellen Saison. also bin ich unten in der Hackordnung. In meinen schwarzen Cargohosen bin ich klar nicht von dieser Welt und kann, als Fotograf erkennbar auch den Generaldirektor dazu bewegen, mir Platz zu machen oder sich für das Foto passend hinzustellen. Den Bonus zu verschenken ist sträflicher Leichtsinn 😉
Der Rauchfangkehrer, der Koch und der Rettungssanitäter tragen ihre Kleidung aus genau diesen Gründen. Warum also nicht auch Fotografen?
********** (falls jemandem wo ein Stern im Text fehlt)
Helge, grundsätzlich stimme ich dir zu!
Allerdings hatte ich tatsächlich schon Veranstaltungen, wo der Kunde zur Bedingung gemacht hat, dass ALLE Dienstleister einen bestimmten Dresscode bedienen. Das waren natürlich keine Privatveranstaltungen, wo wir mit dem Onkel vom Kunden verwechselt werden konnten. Die Köche und der Rauchfangkehrer sind bei den Veranstaltungen nicht zwischen den Gästen rumgelaufen, die Rettungssanitäter zum Glück auch nicht, und die Kellner hatten den selben Dresscode (plus Serviette über dem Arm).
Und tatsächlich hat mir einer der Kunden mal einen kompletten schwarzen Anzug bezahlt. Das war nicht gesponnen…
Ob der das über seine Versicherung abgewickelt hat oder es unter „Sonstiges“ in der Kalkulation lief, war mir seinerzeit egal.
Hatte ich auch mal. Ein Event mit „Vintage-Fotostudio“. 12 Stunden in schwarzer Hose, weißem Hemd und Hosenträger. Aber ich musste nicht in der Gegend rumhechten sondern nur immer den gleichen Sessel mit unterschiedlicher Füllung ablichten.
Ich habe einmal einen Firmenevent im Anzug gemacht – der war hinterher reif für die Reinigung. Und wenn man frisch gekalkt durch die Gegend latscht ist der Dresscode auch für den Popo. Seitdem renne ich in Megaflex-Jeans, schwarzem T-Shirt mit aufgedruckter DSGVO-Erklärung und schwarzer Fotoweste rum. Und bekomme nur positives Feedback. Jeder weiß sofort, wo der Fotograf ist, jeder weiß, an wen er sich wenden muss, wenn er nicht geknipst werden will, die Fotoweste ist schmutzabweisend und ich habe immer Ersatzakku und Ersatzspeicherkarte und Optikputztuch und … und… und am Mann. Ich bin Handwerker. (Steht auf meiner Handwerkskarte drauf) und ich renne in den entsprechenden Klamotten rum. Und ich habe einen Bus mit fünfmeterdreißig und dafür brauche ich einen Parkplatz.
Und das Personal, das rumrennt und die Leute pampert, weiß, was sie von mir zu halten haben. Dass sie mir keinen Sekt anbieten brauchen, aber ich ab und zu nen halben Liter Flüssiges zum runterkippen brauche. oder nen Kaffee mit Trinktemperatur. Und nein, ich habe keine Schuhe mit Ledersohlen an. Ich bin nämlich nicht lebensmüde.
EinT-Shirt mit aufgedruckter DSGVO-Erklärung? Bitte ein Bild 🙂
Die Idee finde ich gut.
Christine
Das wichtigste an einem „Technical Rider“ sind übrigens die Konsequenzen, was passiert, wenn er nicht erfüllt wird…
Sonst bleibt es nämlich bei einem „Ups, hab ich nicht gelesen“ oder einem „Ach, das hat wohl nicht geklappt. Hatte ich aber xy gesagt“. Dann ist der ganze Rider nix wert.
Je nach Art der Nichterfüllung bzw. was davon nicht erfüllt worden ist geht es von Zusatzkosten bis Nichtauftritt bei voller Bezahlung.
Der Kunde hat den Rider bei Auftragserteilung schriftlich zu bestätigen.
Wenn er weiß, dass er bestimmte Punkte nicht erfüllen kann (oder will), dann ist dies vorab mit der Band zu besprechen und diese hat wiederum ihre Zustimmung zur Abweichung vom Rider zu bestätigen (ggf. inkl. der anfallenden Mehrkosten, wenn z.B. die Band zusätzliches Equipment selber mitbringen muss oder das Hotel selber bucht…).
Wichtig ist, einen jeweils aktuellen Rider zum Kunden zu schicken.
Nichts ist für den Kunden frustierender, als wenn er (finanziellen) Aufwand betreibt, um den Rider zu erfüllen, und die Band dann vor Ort sagt: „Och, das brauchen wir gar nicht, das steht nur noch im Rider!“
So macht man sich als Band keine Freunde und wird nicht wieder gebucht oder in Zukunft die Rider nicht mehr ernst genommen.
Da gibt es die Geschichte von Van Halen, die in ihrem „telefonbuchdicken“ Rider stehen hatten, dass im Backstage Bereich eine Schüssel mit M&Ms stehen muss, aber ohne „brown M&Ms“, ansonsten muss der Veranstalter die gesamte Gage ohne Konzert zahlen. Wieso? Es ging natürlich nicht im M&Ms, sondern um ihre Riesentechnik, die in alten Locations Probleme mit Anfahrt, Maßen, Stromversorgung usw. machen konnte. Es war ein „Canary“. Wenn es doch braune M&Ms gab, dann mussten die Band-Techniker aus Sicherheitsgründen alles nochmal penibel kontrollieren, weil man sich nicht darauf verlassen konnte, dass der Veranstalter den Rest des Vertrages gelesen und eingehalten hatte. David Lee Roth erzählt es hier selbst: https://youtu.be/_IxqdAgNJck Have fun.
Wie so oft hier, ein durchaus gehaltvoller Artikel, der auch Olympus-Pessimisten ein mindestens ein amüsiertes Grinsen abringt …
(Zur Klarstellung: Ich mag Pessimismus nicht!)
Zur Relativierierung:
Ja, Fotografen haben auch Rechte. Das wird viel zu oft schnöde vergessen.
Es gibt aber auch Fotografen, ob mit Olympus oder nix, die müssen in Sport- oder Kletterschuhe am Berg, auf Baustellen nur mit Helm, oder gar mit Bleiweste in den Herzkatheter und in schnöder OP-Kleidung und mit Maske in den OP-Saal.
Und nein, da gibt es keine Getränke, und wehe man steht dem Chefarzt im Weg, 4h sollte man da schon am Stück still stehen und nicht stören können …
Zur Bezahlung sage ich lieber nix.
Nur mal so als Randnotiz.
Weil nicht jeder Fotograf kann nur Hochzeiten oder Eventfotografie machen.
😉