Eine Welt bricht zusammen

Das ist ein altes „Croft“ in der Nähe von Haworth, West Yorkshire. Das sagt wahrscheinlich in Deutschland kaum jemand was. In England war Haworth in den 80ern sowas wie Wittenberg. Wittenberg ist ohne Luther nicht mehr denkbar und Haworth war „Brontë-Town“. Ich habe keine Ahnung, ob das heute noch so ist. Auf jeden Fall war das damals so und die „Brontë-Sisters“ waren sowas wie der „Werther“, als wir alle Plenzdorf lesen mussten. Pflichtlektüre, wenn man auch nur annähernd intellektuell erscheinen wollte.

Ich bin mit Emily Brontë in Kontakt gekommen, als Kate Bush seinerzeit Wuthering Heights rausbrachte. Den Song, bei dem die Radio-DJs immer dazu sagten, dass sie nicht genau wüssten, ob das nur eine riesengroße Verarsche sei, aber das sei ziemlich cool und Zack. Hitparade. Ich fand die LP richtig gut. Und da war eben Wuthering Heights drauf. Und irgendwann wollte ich wissen, um was es da geht. Und habe mir die „Sturmhöhe“ als Reclam-Ausgabe besorgt. Krasses Buch.

Und als ich mal mit der Ente in der Gegend war, bin ich auf Top Withins hochgestiefelt, das als Vorbild für den Hof „Wuthering Heights“ gedient haben soll.

Nicht sonderlich spektakulär, ein alter, unscheinbarer Croft mit Wellblechdach. Mittlerweile ist das Wellblechdach durch etwas „Originaleres“ ersetzt worden und die Wege sind besser ausgebaut und mit japanischen Hinweisschildern versehen. Und eigentlich stand Top Withins nur auf einer ganzen Liste von Farmhäusern, die Emily Brontë an ihren Verleger geschickt hat, als der fragte, wo denn nun Wuthering Heights lag. Damals war Top Withins noch in Betrieb. Es wurde 1893 von einem Blitz getroffen – der Hügel ist der Höchste in der ganzen Gegend – und hinterher noch mal repariert.

Direkt neben Haworth liegt Wycollar.

Das hier sind die Rest von Wycollar Hall, ein „Schloss“ aus dem Ende des 16. Jahrhunderts. Das Pflaster markiert den Boden des großen Ballsaals. Auch hier waren die Brontë-Sisters zugange, denn es hat ja nicht nur Emily geschrieben.

Auf jeden Fall war ich der Meinung, alle Engländerinnen haben Brontë-Sisters gelesen. Unbedingt.

Kommt davon, wenn man nur mit Engländerinnen unterwegs ist, die sich für Literatur interessieren. Die Dame ist übrigens seit mittlerweile gut 30 Jahren Bibliothekarin in Yorkshire.

Und was ist der Grund für meinen Weltzusammenbruch? Eine Arte- Doku über Kate Bush. Und da erzählt die knallhart, dass sie das Buch nie gelesen hatte und von einer Serienverfilmung inspiriert wurde.

irgendwie hatte ich gedacht, dass sie mir mit diesem Lied transportiert, wie eine echte Engländerin Cathy Earnshaw erlebt. Mir ist es jedes mal kalt den Rücken runtergelaufen.

Und jetzt ist das nur dreimal aufgekochter Horror.

Hmpf…

2 Replies to “Eine Welt bricht zusammen”

  1. Sieh’s doch positiv. Dir hat es jahrelang wohlige Schauer beschert und die Literatur näher gebracht, die du sonst wahrscheinlich links liegen gelassen hättest.
    Dass sie keine Ahnung vom Original hatte und trotzdem die Stimmung rüber gebracht hat erstaunlich.
    Ich hab auch einmal mit einem Freund eine Film gedreht. Ja, Super 8, mit einer damals ganz neuen Nikon R10. Bei der Vorführung in einem Fotoclub haben sich die Zuseher in psychologischen Metaphern und Deutungen ergangen. Was wir, damals noch recht jugendliche, in unserem Streben nach Identität und Selbstverständnis an Aussagen in den Film eingebaut hätten. Wir waren aber zu ehrlich und haben gesagt,, dass wir eigentlich ziemlich wild zusammengeschnitten nur die neuen Features der Kamera kennenlernen wollten.
    Autsch, da sind wir hochkant rausgeflogen und wurden nie wieder eingeladen.

  2. Dann lieber Kate zus. mit Peter: „Game Without Frontiers“. Hörte dies zum ersten Mal 1981 in einem Supermarket in Harare (Zimbabwe). Anschliessend Endlos-Loop im Kopf, so auch während stundenlangem Warten auf einen Transport am Pistenrand in Mosambik – still gives me the thrills.
    Georg

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