Ich habe das Kamlan 50mm f/1,1 ja schon beim FolyFos im August gezeigt. Damals hatte ich gerade die Auflösungstests mit den Siemenssternen gemacht und war alles andere als begeistert: Das Objektiv war in der Mitte erst ab f/5,6 richtig scharf und am Rand eigentlich nie. Ich bin da vom Voigtländer 42,5 anderes gewohnt und war deshalb alles andere als gnädig. Aber ich habe nie einen Artikel hier geschrieben, weil ich ja weiß – Schärfe ist nicht alles.

Hier haben wir zum Beispiel ein bisschen Rose mit Bokeh im Hintergrund. Klar, von der Rose sind ein paar Blütenblattkanten scharf und sonst nichts, aber das Ding ist halt auch f/1,1. Wer da Schärfentiefe erwartet, der sollte mal einen DOF-Rechner bemühen. Die Schärfentiefe ist an der Naheinstellgrenze bei f/1,1 bei einem Millimeter.

Was macht man mit solchen Bokehmonstern? Porträts. Klar. Hier natürlich mal wieder Elke. Elke hat bei solchen Aufnahmen einen großen Vorteil, sie bewegt sich nicht. Wenn man winzige Schärfentiefen hat, empfiehlt es sich, das Model einzubetonieren. Und ein Stativ zu verwenden. Gerade bei einem manuellen Objektiv.

Beim Crop sieht man das Problem. Das eine Auge ist halbwegs scharf, aber das war’s dann auch schon. Aber was man hier sieht: Man kann überall scharf stellen – das Objektiv ist überall auch bei Offenblende halbwegs scharf – aber halt im Rest vom Bild dann nicht. Aber selbst das kann man so nicht sagen, denn tatsächlich ist die Unschärfe einer heftigen Bildfeldwölbung zu verdanken. Wenn man in der Mitte scharf stellt, ist der Rand unscharf, stellt man am Rand scharf, ist der ganze Rand außenrum gut, aber die Mitte unscharf.

Hier die ganze Elke am Rosenbusch. Schärfentiefe 15cm.

Die Bauchbinde leidlich scharf,

Das Gesicht nicht.

Update: das grüne Gesicht kommt nicht von der Birke, wie ich vermutet habe, sondern von einem Blau-Grün-Stich des Objektivs. Weißabgleich ist hier „Wolken“. Das ist normalerweise sehr sauber. Abhilfe: Graukarte. Wenn man viel mit dem Objektiv fotografiert, dann eventuell einen benutzerdefinierten Weißabgleich für die bevorzugte Lichtsituation bauen. (Oder mit AutoWB versuchen.)

Hier noch ein Foto von Samstag vormittag in der Rösterei Machhörndl in Nürnberg.

Gesamturteil: Schnäppchen, wenn man eines für mFT kriegt. Klar, man muss mit Sucherlupe scharf stellen, man hat bei Porträts Offenblende gerade 6cm Schärfentiefe. Nichts für schnelle Schnappschüsse. Aber die Sorgfalt lohnt sich. Das Objektiv ist unempfindlich bei Gegenlicht, hat keine verhaute Geometrie, die Farbe kann man korrigieren und das Einzige ist die Bildfeldwölbung, die aber nicht weiter stört, wenn man sie kreativ verwendet. Und das Bokeh ist absolut fein.

Auf den Sternenhimmel braucht man damit nicht losgehen – das ist Quark. Und die Bücherregale auch nicht. Das ist ein Porträtobjektiv. Und im Gegensatz zu anderen, sündteuren Porträtobjektiven, die nur in der Mitte scharf sind und dann einen „Swirl“ außenrum produzieren und damit bei der Bildgestaltung das Motiv in die Mitte nageln, kann man hier das Motiv dort platzieren, wo es passt.

Die Schärfe ist nicht analytisch und kontrastoptimiert, 200% sollte man nicht vergrößern, aber für „schöne“ Porträts ist das wirklich eine feine Sache.

Das Ding passt.

6 Replies to “Kamlan 50mm f/1,1”

    1. Ich habe es noch mal gecheckt – das Objektiv hat tatsächlich einen blau/grünen Farbstich. Ist anscheinend eine Krankheit des billigen Shenzhen-Glases. Danke für den Anschubser.

    1. Hallo Wolfgang,
      bin überhaupt nicht deiner Meinung. Ich vermute, Dein Urteil ist ein Schnellschuss aus der Hüfte nach dem Kriterium eine Pixelpeepers. Hast du das Objektiv je benutzt?
      Robin Wong hat einen informativen Erfahrungsbericht zur MarkII-Version dieses Objektivs geschrieben, die angeblich etwas besser als die Erstversion sein soll. Ich habe die Mark I-Version und weiß nicht, welche von den beiden Reinhard getestet hat. Ich habe mir dieses Objektiv vor Jahren neu um ca. 160.- Euro gekauft, aus reiner Neugier.
      Ich bestätige die Ergebnisse von Reinhard und Robin Wong, möchte aber einige persönliche Bemerkungen anbringen. Ich habe dieses Glas getestet gegen die digitalen Modi Weichzeichner und Portrait der Oly`s, das Resultat ist besser. Dieses Billigglas liefert eine cremige Unschärfe im Umfeld des beabsichtigten Schärfebereichs, die unglaublich ist. Ein klein bisschen abgeblendet ist auch dieser Schärfebereich zufriedenstellend, eben genau für Portraits und nicht für Briefmarken.
      Das Objektiv ist nur geeignet für bedächtiges Fotografieren von Models, die mitarbeiten oder in einer Freundesrunde, die gemütlich rumsitzt. Aber genau da habe ich immer wieder ungläubiges Staunen über die Ergebnisse erlebt.

  1. Hallo Werner,
    nein, ich habe keine Pistole. Ich bin kein Pixelfreak mit zigfacher Vergrößerung zwecks Beurteilung. Ständig sollen die Kamera Hersteller bessere AF Leistung und Sensor Technologie auf den Markt werfen. Selbst, kastriere ich als Endverbraucher meine Kamera / den Sensor mit Objektiven die es nicht Wert sind hergestellt, in den Handel gebracht zu werden. Sicherlich nur meine Meinung. Im Oly oder Fujifilm Forum werden solchen Konstruktionen und den daraus resultierenden Bildergebnissen wahrhaft Schamanische Kräfte zugesagt. Objektive von Pentacon, Zeiss , Minolta, Nikon, usw, bringen ein Gleichwertiges, gar bessere Bildergebnis.
    Analoge Fotografie, sauber belichtet und ein gutes Fotolabor zur Entwicklung miteinbezogen braucht sich in Anbetracht der oben gezeigten Bilder nicht zu verstecken.
    Wie gesagt, nur meine Meinung.

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