Illegale Fotomotive

In Island gibt es eine Gemeinde, die ist auf die grandiose Idee gekommen, ihre roten Lampen in den Ampeln mit einer herzförmigen Maske zu versehen. Kann man hier bewundern. Die sollen jetzt wieder entfernt werden, unter anderem weil

die Touristen, die die Ampel fotografieren wollen, sich auf Verkehrsinseln aufhalten und von dort in den Verkehr fallen könnten.

Und natürlich, weil die Herzampel nicht den Vorschriften entspricht. Könnte ja einer über ne rote Ampel fahren und hinterher sagen, die rote Ampel sei ja gar nicht gültig gewesen.

Klingt sehr deutsch?

Offensichtlich hat sich die deutsche Leitkultur schon nach Island ausgebreitet.

Langsam wird es immer alberner. Wir hatten mal bei einem Usertreffen ne Aktion, bei dem wir in der Nacht einen Kreisverkehr geentert und dort LiveComposite-Fotos gemacht haben.

Wir hatten dann nach einiger Zeit Besuch von Ordnungskräften, die gefragt haben, was wir da treiben würden, Autofahrer hätten sie alarmiert. Naja, nach was sieht’s aus, wenn da ein paar Leute mit Stativen und Kameras mitten in der Nacht auf der Kreisverkehrsinsel sitzen? Wir sollten fertig knipsen und uns dann vom Acker machen.

Werden jetzt alle Kreisverkehre wieder abgebaut, weil mal so ein paar Deppen auf die Idee gekommen sind, da drauf zu knipsen? ich warte drauf.

Ja, es gibt Fotografen, die sind Anwärter für den Darwin-Award. Der eine Typ, der am Bahnhof Kassel-Wilhelmshöhe mit der Blitzanlage zu gange war und sein Stromkabel auf die Oberleitung hat fallen lassen. (Generell: Fotografieren am Bahnhof geht für private Zwecke. Das ist aber kein Nobrainer, wie es teilweise behauptet wird. Im Gegenteil, man kann sich da erheblichen Ärger einhandeln.

Touristen fallen von Vulkanen, werden von Wellen ins Meer gerissen, von Lawinen verschüttet und erfrieren beim Berglauf. 379 Selfietote in 13 Jahren. Das sind zumindest die Toten, bei denen das Selfie die bekannte Todesursache ist.

Ich habe lange gegen Fotografen gekämpft, die Schienenfotos posten. Weil das ein mieses Vorbild ist. Und ich weise darauf hin, dass das nächtliche Fotografieren auf einer Kreisverkehrsinsel ebenfalls ne blöde Idee ist: a) irritiert das wirklich und b) kommt sowieso nichts Brauchbares dabei raus.

Aber ich bin dagegen, jede auch nur denkbare Gefahr durch Fotografen aus dem Weg zu räumen. Es gibt immer Idioten, die eine Gefahr für sich und andere darstellen. Wenn man flächendeckend Induktionsherde vorschreibt, verbrennen sich die Leute die Finger an was anderem.

Fotografen sind oft die Pest – sehe ich ein, bin ja selber einer. Aber die meisten sind dann doch so vernünftig irgendwo eine Grenze zu setzen, auch wenn manche dann doch die ganze Innung in Verruf bringen und im Extremfall sogar Retter in Gefahr bringen, die sie wieder aus der patsche ziehen sollen. Aber absolut gesehen, sind 95% anständig und rücksichtsvoll. Und der kleine Rest darf gerne noch kleiner werden.

5 Replies to “Illegale Fotomotive”

  1. Hallo Reinhard,
    allzu gerne werden deutsche Regeln durch den Kakao gezogen. Jedoch bei den Ampeln haben wir hier doch verschiedene Symbole einführen dürfen. Zugegeben, nur für Fußgänger. Erst vergangenen Freitag stand ich wieder in Singen, wo das „Poppele“ gehen, oder stehen gebietet. Weiter in Stuttgart gibt es das Äffle und Pferdle, in Mainz die Mainzelmännchen, …..
    Das Herz auf Island, meine Frau und ich hatten die Meldung wohlwollend aufgenommen, ist vielleicht tatsächlich nichts für die Kfz-Regelung. Hoffentlich wird es für die Fußgänger übernommen.
    Prinzipiell ist doch die Form egal. Rot heißt Stop und Grün steht für Bahn frei.
    Grüße,
    Stefan

    1. Nein, die Form ist außer für die meisten Ottonormals (wer ist das schon) ganz und gar nicht egal. Eine Information ist bestenfalls nicht nur auf eine Art umschrieben/codiert, insbesondere wenn eine breite Öffentlichkeit betroffen ist. Bei rein farblichen Unterschieden ist hier ganz schnell Unbenutzbarkeit für Leute mit gewissen Sehschwächen erreicht, und dann hilft die ganze Regelung nix mehr.

      Oder habt ihr euch schon mal gefragt, warum man sich nicht zwei oder drei Leuchtkästchen mittlerweile sparen könnte, wo die LED-Birnen dahinter locker RGB sein könnten und dann rot und grün eben nur noch aus einem Glas kommen? Weil oben/mittig/unten für eine nicht zu unterschätzende Zahl von Menschen eben die entscheidende Information ist.

      Schon mal hinter nem Ami-Wagen hergefahren, dessen Blinker nur aus einem auf der entsprechenden Seite rot blinkenden Licht besteht statt dem Dauerleuchten? Oder habt euch gefragt, warum das dritte Bremslicht eingeführt wurde, weil reine Helligkeitsunterschied im Rücklicht manchmal zu schlecht wahrnehmbar sind (und manche Designer es auch übertreiben)? Oder warum LInks im Web am besten nicht nur blau sind, sondern idealerweise auch unterstrichen (dem Blog hier sei die Ausnahme gegönnt, seine Besucher sind naturgemäß visuell eher noch fit)?

      Das hat alles mitnichten nur mit Regeln zu tun sondern auch einfach oft nur mit guter Benutzbarkeit, die auch für Ottonormals auf Schnelligkeit und Intuition abzielen.

      Wenn man das nicht macht, kommt sowas raus, dass ein Induktionsherd nur noch per Touch bedienbar ist, wo die Touchpunkte wegen den verschiebbaren Feldern aber nahe oder sogar auf einer heißen Zone liegen können. Oder der Godox X3 mit Bedienung im Touch-Nirvana ohne taktiles Feedback, um beim Thema zu bleiben.

  2. „Prinzipiell ist doch die Form egal. Rot heißt Stop und Grün steht für Bahn frei.“
    Stimmt nicht ganz. Nach der Straßenverkehrsordnung muss ein rotes Männchen stehen und ein grünes gehen. Deshalb durfte die Stadt Emden ihren Otto Walkes nicht mit einem Ottifanten ehren, sondern musste einen Hoppelmann nehmen. Allerdings gibt es eine gewisse Grauzone, in Wesel hab ich Ampelesel (wie heißt der Bürgermeister…) solo gesehen sowie zusätzlich unter einem Zweibeiner. In Bremen gibt es die Ampelmusikanten wohl auch alleine.

    Der Vollständigkeit und dem Lokalkolorit zuliebe möchte ich noch die Ampelkumpel im Ruhrgebiet erwähnen, Bergmänner mit Grubenlampe.

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