Island und Verkehr

In Island gibt es verblüffend viele Straßen. Man denkt, es hat eigentlich nur die Ringstraße und das war’s – aber da gibt es einen Haufen Nebenstraßen, Abkürzungen und Zweitstraßen. Das ist auch notwendig, weil es immer mal wieder vorkommt, dass eine Straße nicht passierbar ist. Schnee, Vulkanausbruch, irgendsowas. Damit man grob informiert ist, was unterwegs auf einen zukommt, gibt es in Island eine eigene Website, die den Straßenzustand anzeigt. Inklusive des dort gerade passierenden Verkehrs und Webcams an strategischen Stellen. Baustellen, Schlaglöcher, alles kann man da sehen. Dazu muss man wissen, dass Schlaglöcher in Island jetzt nicht wirklich selten sind. Wenn sie da extra stehen, dann sind das „Löcher in der Straße“.

Wer den isländischen Text beim Titelbild nicht versteht: „5 Tote dieses Jahr. Haben Sie ihren Sicherheitsgurt angelegt?“. In Island gilt 90 km/h auf Asphaltstraßen und 80km/h auf Schotterpisten. Entsprechend sind Steinschlagschäden in Frontscheiben ziemlich normal. Früher, als es noch keine Verbundglasfrontscheiben gab, wurde Touristen empfohlen, eine Folienscheibe mitzunehmen.

Dadurch, dass sich das Wetter in Island wirklich schnell ändern kann – man denkt an nichts Böses und auf einmal steht man im Schneesturm – sind die Straßen unberechenbar.

Man fährt gemütlich mit 90 durch eine Kurve und auf einmal fliegt man von einer Eisplatte von der Straße. Die Straßen in Island werden auch mit der Zeit immer höher. Da die Autos fast alle mit Spikes ausgerüstet sind und Frostaufbrüche und Vulkanspalten die Straßen stressen, sind die Isländer dazu übergegangen, die Straßen nicht zu reparieren, sondern einfach ne neue Straße drüberzubügeln. Hat den Vorteil, dass es schneller geht. Schotter zum Aufschütten gibt’s genug und wenn dann der Wind über die Straße fegt, pustet er auch gleich den Schnee davon. Nachteil: Wenn ein Auto den Abflug macht, liegt es gleich zwei Meter tiefer – nicht wie in Deutschland, wo die Karre nur über den Straßengraben drüber muss und dann meistens übers weiche Feld holpert. In Island gibt es neben der Straße kein „Feld“. Das ist stacheliges Eruptivgestein.

Das kann auch mal mehrere Meter hoch sein.

Wenn man den Abflug gebaut hat und noch lebt, dann kann man froh sein, wenn man noch an sein Handy rankommt – die Netzabdeckung ist toll – und Hilfe holen kann. Es kommt vor, dass man in einem Schneeloch gelandet ist und die Türen nicht mehr aufbringt, weil der Schnee von außen dagegendrückt. Dann ist man darauf angewiesen, dass ein Fahrer auf der Straße anhält und einem aus der Patsche hilft. Und da öfter mal ein Auto neben der Straße liegt, schaut da nicht immer jemand hin. Wer selber in Island unterwegs ist: wenn ein Auto schon „in Arbeit“ war, dann ist normalerweise gelbes Flatterband außenrum:

Wenn nicht, mal kucken, ob Hilfe benötigt wird. Es kann in Island saukalt werden und wenn jemand verletzt im Auto liegt, dann ist ohne Hilfe die Lebenserwartung ziemlich gering.

8 Replies to “Island und Verkehr”

  1. Die ganzen hochbeinigen 4×4 sind im Falle von Fahrfehlern oder Windböen noch mehr gefährdet einen Abgang vom Straßendamm in die seitlichen Geröllfelder zu machen. Wenn man an den Autowerkstätten vorbeifähren ist gab es doch einige ‚Rollover‘ 4×4 zu bestaunen.
    Da hilft nur einen zurückhaltende und konzentrierte Fahrweise. Nachts überland Fahren hab ich mir in Island verkniffen.
    lg
    Wolfgang

    1. Ich bin viel in Island unterwegs. Bin auch nachts überland gefahren und es ist wirklich kein Spass. Da kann einiges an Getier unterwegs sein und die Schlaglöcher sieht man viel später. Aber was soll’s, wenn man zum Einbruch der Dunkelheit im Quartier sein will. Der September kommt schneller als man denkt

  2. Die Straßeninfo im Web ist sehr wichtig. Da sieht man auch, ob die Straßen ins Hochland schon offen sind. Im Juni können einige noch von der Wintersperre betroffen sein. Und wenn an einer Straße ein Schild mit „ausgenommen 4×4“ steht, dann ist das genau so ernst zu nehmen wie „nächste Tankstelle 386km“, und zwar Schotterpiste. Ich habe Enten-Fahrer gesehen, die das 4×4 Schild und den Hinweis auf tiefe Furten ignoriert haben. Enten schwimmen bekanntlich, und sie sind durch gekommen. Andere, auch große Geländewagen zieren das Gästebuch einer Hütte im Thorsmörk, bei deren Furt der Troll gerne mit Autos spielt und sie auf Grund legt. Das ist meist ein Totalschaden, bei Mietautos ist Wasser explizit von der Versicherung ausgenommen.

    1. F-Pisten mit Furten sind aus meiner Sicht nur was für Leute deren eigenes Fahrzeug das ab kann und die auch auf eine Bergung vorbereitet sind.
      Würder sowas nur im Verbund von mindestens 2-3 Fahrzeugen machen wo die Mannschaften auf sowas eingespielt sind.
      LG
      Wolfgang

      1. Schlaue Entenfahrer fahren im Konvoi und haben einen Unimog dabei, der sie im Zweifel durch die Furt zieht – denn wenn man schweres Gepäck rausnimmt, schwimmt die Ente tatsächlich lange genug, dass man sie ohne Schaden über die Furt ziehen kann. Und ansonsten gibt es Freaks, die die Ente auf 4×4 umbauen: https://youtu.be/a9Mx5ESw23E

      2. Ja, F-Pisten muss man wirklich fahren können. Das sollte man ohne Training und passendes Fahrzeug tunlichst bleiben lassen. Ich kenne Stellen, da holt selbst der Linienbus den Hüttenwirt mit dem LKW, bevor er durch eine geänderte Furt fährt. Die sind ja manchmal nach besonderen Regenereignissen oder Schmelzwasser komplett anders zu fahren.
        Nicht umsonst hat die Straßenaufsicht im Hochland Autos, deren Reifen mir knapp unters Kinn reichen. Die müssen dort durch, wo alle anderen stecken geblieben sind.

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