
Ich hatte es ja schon in einem anderen Artikel angesprochen: Die Isländer haben ein differenziertes Verhältnis zu der Schutthalde, auf der sie leben. Das oben ist ein Ferienhaus. OK. War es bis vor ein paar Jahren. Dann ist es abgebrannt und niemand war der Meinung, es lohne sich, das wieder aufzubauen. Nicht dass kein Bedarf für Ferienhäuser da wäre, im Gegenteil, man hat kurzerhand auf der anderen Seite der Straße zwei neue Ferienhäuser gebaut.

Schnuckelig, gelle? Bessere Aussicht und völlig ausreichend. Und viel billiger. Es gibt ganze Reihen dieser Fertighäuser, immer mit Parkplatz, überdachtem Eingang und ausreichend groß für maximal vier Personen. Und natürlich mit Stühlen davor.
Da Island unglaublich viel Landschaft hat, ist es meistens ziemlich wurscht, wenn da irgendwelche Schachteln in der Pampa stehen. Gelegentlich stehen da auch einfach solche Dinger rum:

Das ist natürlich kein Ferienhaus, sondern einfach ein leerer Lagercontainer mit Tür. Steht rum. Vielleicht mal bestellt und nicht abgeholt. Sehr praktisch, wenn man vor einem Blizzard Schutz sucht – wenn man Pech hat, kriegt man hinterher die Tür nicht mehr auf.
Nur um meinen Punkt zu unterstreichen, dass viele Isländer eher ein entspanntes Verhältnis zum Naturschutz haben. Hier plant ein Investor ein riesiges Hotel in einer ziemlich leeren Gegend und hier geht es darum, in einem unberührten Tal ein Geothermiekraftwerk zu errichten. Interessanterweise argumentieren die Initiativen, die dagegen sind, damit, dass das einen schlechten Einfluss auf den Tourismus, nicht, dass man eine Verantwortung gegenüber der Natur habe.
An der Westküste wird derweil wie blöd gebaut. In Vogar hat man ein Lavafeld zum Neubaugebiet erkoren und da kann man sich ansehen, was losgeht.

Von Nahem sieht das so aus:

Die rohen Betonfertigteile werden dann mit Dämmung versehen und dann kommt hübsches Zeug außen dran. Farbe, Holz, traditionelles Wellblech, was gefällt.

So sieht das dann aus, wenn es fertig ist. Wenn der Magmakanal, der von Grindavik herkommt und sich gerade füllt, hoch geht, dann hat man von diesen Häusern einen perfekten Blick auf das Spektakel. Aber ich bin sicher, dass die zuständigen Baulöwen sich vorher ganz genau erkundigt haben, ob der Felsen, auf dem das Baugebiet liegt, nicht ein Kandidat dafür ist, sich in Richtung Meer in Bewegung zu setzen. Und das Erdbeben, das mit 5,3 vor einer Woche Vogar erschüttert hat, hat mit Sicherheit nichts zu bedeuten.
Mir ist gesagt worden, das würden alles AirBnB – Unterkünfte werden. Kann ich nicht beurteilen. Fakt ist, in Island wächst die Bevölkerung jedes Jahr um etwa zweieinhab Prozent. Nicht weil die Isländer besonders gebärfreudig wären – die Geburtenrate liegt nur bei 1,56 Kindern pro Frau – sondern aufgrund des Zuzugs von Ausländern. (EU und Nicht-EU) Island hatte 2023 einen Ausländeranteil von 16,7%. Die Bedingungen für die Einbürgerung sind ziemlich strikt, deshalb sind Ausländer, die in Island wohnen, meistens auch weiterhin Ausländer.
Was wieder mal ein Problem ist: der Fachkräftemangel. Der einzige Fachchirurg für Lippen-Kiefer-Gaumenspalten hat die Arbeit eingestellt, was für die Betroffenen eine mittlere Katastrophe ist. Denn die OP kann mit brauchbarem Erfolg nur in einem bestimmten Alter vorgenommen werden und erfordert bis zu drei Monate Nachsorge. Man kann die OP zwar im Ausland vornehmen lassen, aber es gibt eben auch keine Nachsorgeeinrichtung in Island.
Bei all dem Bauwahn:
Es gibt praktisch nirgends eine richtige Kläranlage oder ähnliches.
Die menschlichen Exkremente laufen vielerorts nur rudimentär oder gar ungeklärt direkt in Flüsse/Seen/Meer.
Dann gibt es Konflikte zwischen Landwirtschaft und Tourismus wer denn da der Hauptverursacher ist.
Dann noch in den Fjorden immer mehr Lachszuchtanlagen die für ordentlich Verschmutzung bei minimalem Tierwohl sorgen. Nebenbei gefährden die ausgebüxten degenerierten Zuchtlachsen die natürlichen Lachsbestände.
Erinnert mich etwas an Neuseeland. Da bleibt vom grünen Image auch einiges auf der Strecke wenn man hinter die Kulissen blickt.