
Ich habe von einem Leser freundlicherweise einen drei Jahre alten Patona Protect BLS-5-Clone zugesandt bekommen, der deutlich aufgebläht war.
Einen Protect hatte ich noch nicht offen und Patona behauptet ja, dass da jetzt alles schick ist mit der Elektronik und überhaupt. Also habe ich mich mit dem Uhrmacherschraubendreher drangemacht und Sesam öffne Dich gespielt.

Ein bisschen am Rand hebeln und das Teil springt auf. Und zwar buchstäblich. Die Zelle unten war schon so dick, dass sie Druck auf die obere Zelle ausgeübt hat.
Bei der Gelegenheit weise ich dringend darauf hin, das nicht selbst auszuprobieren. Selbst wenn die Zellen nach außen leer erscheinen können Sie tatsächlich noch geladen sein. Wenn’s nur funkt ist das noch harmlos, aber das Zeug kann auch anfangen zu brennen. Man sollte also sehr genau wissen, was man tut.

So sieht das dann aus. Die Zellen sind mit dem Deckel und untereinander verklebt, im Gehäuse selbst sind sie nicht verklebt. Die Zellen stehen übrigens nicht so schräg, weil ich das hübsch finde – es geht nicht anders. Beule und so.
Also erst mal die Zellen inspizieren:

Hergestellt sind sie am 22. September 2020, sie sind also relativ frisch zum Kunden gekommen, hier handelt es sich also wahrscheinlich nicht um Altlagerware oder Zweitverwendungen. Das sind neue Zellen vom gleichen Fertigungsdatum. Die Type hat allerdings im Allgemeinen keine 1100mAh sondern nur 1000mAh. Es sind vermutlich LiPos. Die Type wird mit 1000mAh bei Abnahme von 100 Stück für knapp unter einem Dollar verkauft. Mit 600mAh kriegt man sie für 35 Cent. Ich habe allerdings auch eine Version mit 1100mAh gefunden – es kann allerdings sein, dass da die Kapazität wieder eher optimistisch angegeben wurde. RD ist vermutlich das Herstellerkürzel, das mir nicht bekannt ist. Unter „Ausgewählten Marken-Hochleistungszellen“ stelle ich mir etwas anderes vor. Das Gehäuse ist angeblich „Feuerhemmend“ und widersteht Temperaturen bis 90° ohne sich zu verformen. Letzteres kann ich bestätigen – 99° warmes Wasser beeindruckt das Gehäuse nicht. „Feuerhemmend“ ist eine Brandschutzklasse und bedeutet, dass es einem Feuer 30 Minuten stand hält ohne seine Funktion zu verlieren. Das Plastik des Gehäuses kann man schlicht mit einem Streichholz anzünden. Es fängt zuerst an zu schmelzen, dann zu brennen. „Feuerhemmend“ – nuja. Gelegentlich hat man mehr Probleme, eine Kerze anzuzünden.

Die Elektronik. Hinter „T“ steckt der Thermowiderstand. Und der funktioniert, kann also die Temperatur sauber ans Ladegerät melden und arbeitet auch sehr flott. Problem ist natürlich, dass der Widerstand unter einer wirklich dicken Schaumstoffschicht sitzt und dadurch gut gegen die Zellen isoliert ist. Aber die generelle Temperatur des ganzen Blocks wird immerhin gemeldet.

Die Bestückungsseite. Der „JK-D 175“ ist die Kurzschlusssicherung. Rechts sind die beiden Anschlüsse für die Akkus und links der „BC“ – der Mittenabgriff für die beiden Zellen. Das IC mit den sechs Beinchen ist ein HY2120. Ein Batterieschutzschip der das Load Balancing macht. (Hycon Technology, Taipei) der IC mit den acht Beinchen ist ein NC8205E, der dazugehörige MOSFET (NCEPower, Hongkong und Shenzhen und Ningbo) Dann noch ein paar Widerstände und Kondensatoren. Fertig ist die Laube. An der Elektronik kann man nicht meckern, das ist OK und taugt.
Problem ist hier nicht die Elektronik, sondern die minderwertige Zelle, die bereits nach etwa 50 Ladezyklen den Geist aufgegeben hat. Auch BLS-1 von Olympus sind bei mir mittlerweile mit dicken Backen ausgemustert worden – aber die waren alle schon über zehn Jahre alt.
Positiv: wenigstens die Elektronik haben sie mittlerweile im Griff. Da hat die dauernde Nerverei dann doch was gebracht. Und das mit den Werbeaussagen – das wird sicher auch noch.
Steter Tropfen höhlt den Stein! Es ist mal eine richtig gute Nachricht, dass sich etwas in die richtige Richtung entwickelt und ich gönne dir gerne den Erfolg.
Ich vermute aber, dass die Ursache für die verbesserte Elektronik auch in Japan zu suchen ist: Dort sollen mittlerweile Schutzeinrichtungen wie NTC und Loadbalancing für Akkus gesetzlich vorgeschrieben sein. Es wäre schön, wenn sich die Brüsseler Bürokraten daran ein Beispiel nehmen und sich für unsere Sicherheit mit der gleichen Vehemenz stark machen würden wie für USB-C Ladebuchsen. Damit würde nebenbei auch eine ganze Menge Elektronikschrott vermieden.
An den Werbeaussagen sollte Patona in der Tat noch arbeiten. Mit der Aussage „Der Akku ist 100% baugleich zu dem Original Akku.“ bewegen sie sich auf dünnes Eis und brauchen sich nicht über eine Abmahnung wundern. Das wäre doch mal ein gefundenes Fressen für OMDS…
das Tüfteln und die Erklärungen, dafür gebe ich eine 1.
Der darauf folgende Kommentar ist ein gutes Argument für unsere Bürokratie etwas zu tun.
Nur etwa 50 Zyklen wäre selbst für Nickelmetallhydrid-Akkus (1,5V Batterie-Ersatz) ein schlechter Wert. Aber irgendwie muss man ja die Mehrkosten für den Thermowiderstand und bestückten Load-Balancer ja wieder reinholen, um die Gewinnspanne zu halten… Nee im Ernst, schade eine Chance verspielt. Ordentliche Elektronik und gute Zellen, wenn das gesichert ist und sich rumspricht, bzw eine entsprechende Haltbarkeit der Akkus, ist das bessere Werbung als vollmundige Sprüche auf dem Papier.
NTC (Thermowiderstand) vorgeschrieben in Japan hab ich auch irgendwo gelesen, aber auch Load-Balancing? Ohne Kenntnisse in japanisch kann ich das leider nicht verifizieren. Load-Balancing wäre zwar absolut sinnvoll, stelle ich mir aber etwa als EU-Vorschrift schwer vor zu überprüfen.
Danke Reinhard. Immer interessant, Berichte über Akkus zu sehen. Habe grad vor kurzem 3 neue BLH-1 von Patona, Premium Series, gekauft für meine EM-1 II. Leider ist nirgendswo ein Fabrikationsdatum vermerkt. Bin gespannt, wie die sich in der Praxis verhalten. Werde gelegentlich hier dann darüber berichten.
Gruss
Georg
Ich frage mich immer, warum die Ersatzakkus für die Qualität so teuer sind oder warum es nicht sehr gute Akkus für viel weniger Geld gibt? An den Herstellungskosten kann es doch nicht liegen oder sind die Stückzahlen so gering und der Vertrieb so teuer?
Das ist anders als bei den Mignon AA Alkali-Batterien. Da lieferen Aldi & Co fast identische Qualität zu bekannten Marken wie zB Varta und Duracell, für einen wesentlich geringeren Preis.
Bei NiMH sieht es wieder anders aus, Eneloop lohnt sich noch immer.