
Über einen Artikel über „Culling“ (was für ein überflüssiger Anglizismus) bei Excire bin ich auf Imagen AI gestoßen. Weil die Software verspricht, die Fotos automatisch zu optimieren, auszurichten, zu beschneiden. Einfach Klick und fertig. OK, kostet ein bisschen was, ein paar Cent pro Bild. Aber die Influencer überschlagen sich. „Das ändert alles“. OK, ich bin jetzt nicht so der Fan einer Software, die von alleine alles ändert, aber man kuckt sich doch mal an…
Was ist das für ne Firma? Kein Impressum. Kontakt nur per Kontaktformular. Das kann man zwar auf Deutsch umstellen, aber die vorgegebenen Texte bleiben in Englisch. Die Preise sind 7 Euro pro Monat mindestens , für jedes Bild zahlt man.

„Austrichten“ kostet pro Bild einen Cent extra. Die „Prespektive“ gleich zwei. Will man mehr als tausend Bilder bearbeiten, gibt’s nen Discount.
Also habe ich mich, aufsässig wie ich bin, per Kontaktformular an die Damen und Herren gewandt und ihnen gesagt, dass sie sich bei ihrer Website schon etwas mehr Mühe geben könnten. Das klänge nicht sehr vertrauenserweckend. Die Antwort kam prompt. Mitten in der Nacht, kurz nach Ende des Schabbats, ist da noch ne KI auf, die zuerst meine deutsche Lästerei ins Englische übersetzt hat, daraufhin eine englische Antwort formuliert und diese wiederum ins Deutsche übertragen hat. Bei der Hin- und Herübersetzerei ist der KI natürlich nicht aufgefallen, dass ich mich da über zwei Rechtschreibfehler lustig mache – die werden ja nicht übersetzt, also hat mir die KI versichert, dass ihre Preisgestaltung voll transparent ist und niemand meine Bilder ankuckt, außer der KI. (Beides hatte ich gar nicht angesprochen.)
Der bezahlte Influencer Stefan Schäfer, der das Programm total supi findet und davon seine Bilder automatisiert verarbeiten lässt (Braut mit leuchtend gelborangenen statt dunkelblonden Haaren – wenn’s schee macht.) erklärt, wie auch Imagen, dass die Bilder bei Amazon auf den Servern landen. Also außerhalb der EU. Scheiß doch auf die DSGVO.
Bei Leuten, die Geld von mir haben wollen und die kein Impressum haben, werde ich immer neugierig. Also die sechsseitige Privacy Policy der Firma gefunden, denn da steht meistens irgendne Adresse drin. Und Bingo: das Hauptquartier ist in Giv’atajim, Bezirk Tel Aviv. Ist ne tolle Adresse, in dem Hochhaus sitzt auch IBM:

Und ein Coworking-Space-Anbieter.
Also wieder ein Laden mit Briefkastenadresse? Die Recherche führt weiter zu Trustpilot. Dort ist Imagen seit 2021 Mitglied, sie sind also seit Beginn um ihren guten Ruf im Internet besorgt. Bei Trustpilot haben sie eine andere Adresse in Tel Aviv: Feierberg St 16.

Deutlich weniger spektakulär, hat aber auch was.
Trustpilot führt Buch über seine Mitglieder. Mit lustigen Statistiken. Imagen haben zum Beispiel 93% ihrer negativen Bewertungen beantwortet. Sie haben sich im letzten Jahr über 21 ihrer Bewertungen insgesamt 23 mal beschwert. Wenn ich mich nicht verzählt habe, waren das so ziemlich alle Nicht-Fünf-Sterne-Bewertungen. 11 Bewertungen wurden daraufhin von Trustpilot entfernt. Nicht weil das, was drinstand falsch wäre, sondern weil die Bewerter auf Nachfrage von Trustpilot nicht reagiert haben.
Die negativen Bewertungen dort – die verheerend sind – wurden also doppelt gecheckt und Imagen fällt nichts anderes ein, als zu versuchen, sie aus dem Netz zu kegeln. Man liest dort von grauenhaften, automatischen Bearbeitungen, heftigen Problemen Abos zu kündigen, und als Antworten immer die gleichen Textbausteine, die ich auch gekriegt habe.
Aber immerhin findet man den Geschäftsführer auf LinkedIn. (Sogar mit seinen Angestellten im Pool. Muss ne krasse Fete gewesen sein.) Und siehe da – der erklärt, sie hätten mittlerweile ein ganzes Stockwerk in dem Gebäude. Allerdings schreibt er nicht, in welchem.
Fett.
Wer mal grob wissen will, was die Jungs draufhaben: Es gibt von Imagen ein Analysetool für den persönlichen Insta-Account. Das ist gratis. Das checkt den Account und gibt Tipps, wie man den so richtig durchstarten lässt. Zum Beispiel mit bis zu drei Posts am Tag. Und Hashtags. Ein halbes Dutzend pro Post. Das ändert alles. Garantiert.
Der Gag: Das kann man auch auf den Insta-Account von wem anders anwenden. Zum Beispiel vom bevorzugten Kamerahersteller….. 😀
Da lobe ich mir echt die Jungs in Lübeck von Excire. Die sprechen Deutsch. Die antworten mir auf Mails. Und die fangen nicht an, irgendwelches Geld abzubuchen und verstecken sich auf LinkedIn. Die haben Gesichter auf der Website und ne eindeutige Postadresse.
Titelbild: das hat mit nichts was zu tun. Ich habe gerade nach Gummibärchenbildern gesucht – und Excire hat die einzigen drei Gummibärchenbilder gefunden, die ich geknipst hatte. Und am gleichen Datum war die Teekanne. Also die.
SCNR: „Culling“ bedeutet wörtlich „keulen“, aussondern, auswählen, abschießen. Und „Shooting“ ist das, was die Amis dauernd machen weil zu viel Waffen im Umlauf sind. Wenn man nach einem „Shooting“ den Rest „cullt“, dann klingt die Nummer nach Schlachthof und nicht nach Hochzeit.
‚culling‘ ist (auch) im Sinne von ‚taking and choosing (out of a group)‘ zu verstehen, so das Cambridge English Dictionary (UK) und der Merriam Webster (US)
Es ist für das Fotografische eigentlich das ‚editing‘ (durch klassisch einen picture editor). Weil ‚editing‘ heutzutage aber – ich sag mal ‚in der Fläche‘ eher mit Nachbearbeitung (oder diesem ‚entwickeln‘ …) gleichgesetzt wird, kommt mehr und mehr das ‚culling‘ dafür zum Einsatz 😉
ach so – an und für sich ist das, da es im Grunde um das Zusammenstellen von Bildstrecken jeder Art geht, eine höchstpersönliche Angelegenheit und | oder eine für jemanden, der sich mit Bildern so richtig gut auskennt (inhaltlich, Aufbau, keineswegs diese bekloppte Pixelnabelschau) *und* zusätzlich um den Zusammenahng weiss, in dem die Bilder erscheinen sollen.
zu excire :
Update auf 4.02 funktionierte nicht, samstag 1530 mail an Support, 1930 antwort, tip hat geklappt
Oh, ich hatte auch einen Fehler, aber noch keine Zeit näher zu forschen.
Was war denn die Lösung bei Dir?
Ein llink zum Download der exe außerhalb von excire und dann inormal starten, erkennt die installierte Version und aktualisiert sie
Danke, hat bei mir auch geklappt!
Was mir dazu einfällt: Für culling liefert mir dict.cc als erstes die Übersetzung „Keulung“.
Und darunter versteht man das meist behördlich angeordnete Vernichten von Tierbeständen in der Hoffnung damit die ein oder andere Seuche vor der man Angst hat einzudämmen, anstelle den Tieren bessere Lebensbedingungen zu schaffen. In den USA zahlt man gerade bis zu $20 für einen Eierkarton, weil dort aus Angst vor Vogelgrippe massenhaft Hühnerbstände gekeult wurden.