Das ist ein Zitat von Hauke Fischer. (Jaja, sobald andere Dich zitieren, hast Du es geschafft und kannst aufhören, andere zu zitieren.). Hauke lässt sich in diesem Artikel über die Leute aus, die behaupten, man könne mit Smartphones nicht fotografieren, man brauche dazu unbedingt, wenn nicht noch größer. Auf jeden Fall teuer. Sonst wird das nix.
Ich gehöre zu der von ihm gescholtenen Spezies der Handy-Verächter. Ich hab – wie so ziemlich jeder – so ein Ding, und ich mache Fotos damit. Und wenn ich gerade Bock habe, aktiviere ich den Expertenmodus und stelle den ganzen Kram selber ein und dann funktioniert das auch ganz anständig. Nicht schnell, aber es tut.
Eine meiner liebsten Spiele zu dem Thema ist immer ein „Shootout“. Man steht gegenüber, jeweils Kamera/Handy in der Tasche. Go. Und fotografiert sich gegenseitig. Steckt Kamera wieder weg. Dann sieht man, wer den anderen in welchem Status fotografiert hat. In den allermeisten Fällen habe ich die Kamera bereits weggepackt, bevor der Kollege auch nur auslösen kann. Und das Handy hat dabei noch den Vorteil, dass es bereits eingeschaltet ist.
Das hat aber natürlich nichts mit Fotografie zu tun. Also mit „Bilder gestalten“. Ich habe in den letzten Monaten einer Frau die Kamera nahegebracht, die mit ihrem Handy durchaus gute Bilder zuwege gebracht hat. Sie fotografiert nun lieber mit der Kamera als mit dem Handy. Die Bilder sind natürlich „technisch“ besser geworden, sie kann schneller fotografieren, sie kann mehr fotografieren und sie hat natürlich den weit größeren Brennweitenbereich. Sind die Bilder deshalb gestalterisch besser geworden? Ich würde sagen, nein. Gib einem Koch besseres Werkzeug und das Essen wird nicht besser schmecken, es wird nur schneller fertig sein und der Koch tut sich beim Kochen leichter.
Wenn ich die Wahl zwischen PEN-F, die ich dabei habe, und dem Handy, das ich dabei habe, habe, werde ich immer zur PEN-F greifen. Die Fotos werden dadurch nicht besser – aber es wird mir leichter gemacht, zu fotografieren.
Und am Ende des Tages kommt es wieder auf den Punkt an, sein Werkzeug zu beherrschen. Wer eine ausgefinkelte Foto-App auf dem Handy hat, die ihm „in die Hand“ konstruiert ist, wird damit bessere Ergebnisse erzielen, als mit einer PEN-F wo er erst mal den Einschalter suchen muss. Und ich werde mit meiner PEN-F immer bessere Ergebnisse erzielen, als mit meinem Handy, weil ich das a) nicht mag und b) keine Foto-App drauf habe und c) nicht intus habe, wie es funktioniert, welche Dinge es aktiviert oder abschaltet.
Und genau das ist der Punkt, den Hauke in seinen Betrachtungen ganz oft außer Acht lässt. Ich versuche den Leuten beizubringen, wie ihr Knipskasten funktioniert, so dass sie wie eine Kamera denken können und die Möglichkeiten in ihre Bildgestaltung einbeziehen.
Hauke geht davon aus, dass seine Leser ihre Kamera bereits beherrschen, so wie er sie beherrscht. Und gerade wenn man selbst die Kamera – oder auch das Handy – als drittes Auge mit direktem Draht zum Hirn begreift, dann ist es so unverständlich, welch „irrelevanter Schrott“ draußen fotografiert und gezeigt wird. In Wirklichkeit ist es aber einfach so, dass nicht nur 95% der Handybesitzer (mich eingeschlossen) nicht wissen, wie die eingebaute Kamera wirklich funktioniert, sondern eben auch 95% der Kamerabesitzer ihre Knipse nicht beherrschen.
Hier muss angesetzt werden. Dieses „im Schlaf beherrschen“ ist nicht nur ein wohlfeiles Schlagwort. Ein kleines Beispiel: Ich habe letzthin eine Hochzeit fotografiert. Gefordert war natürlich der Brautwalzer. Ich habe meine Kamera perfekt auf die Lightshow des DJs eingestellt, ein passendes Objektiv montiert, den Weißabgleich abgestimmt und saß an der richtigen Stelle für etwas Gegenlicht um die Lightshow ins Bild zu integrieren. Der Brautwalzer fing an und der DJ schaltete das Licht aus. Also zur Kameratasche drängeln, Blitz montieren, frische Akkus rein, Kamera Weißabgleich ändern, ISO ändern, Blitz einstellen, Blitz an der Kamera auf Slow einstellen, Belichtungskorrektur, umstellen auf mechanischen Verschluss, AF-Feld vergrößern weil das Licht schlechter ist, wieder zurück an die Tanzfläche drängeln, in den Hintergrund ein paar der übriggebliebenen Lichter positionieren um Raumtiefe zu haben und los. Das Ganze in grob 30 Sekunden. Da ist kein Platz für „wie geht das noch mal? Machen wir erst ein paar Testshoots?“ Und so ist das halt oft. Das Foto vorbereiten und wenn es dann doch anders kommt, Nerven behalten und wissen, was zu tun ist. Wobei man auch für die Vorbereitung des Fotos meistens nur ein paar Sekunden hat. Vielleicht eine Minute, wenn man Glück hat.
Wissen, was man tun muss.
Damit man sich auf das konzentrieren kann, was man tun möchte.
„Bilder gestalten“ ist sicher ein Aspekt der Fotografie. Für manche ist gestalten, Perspektive und vielleicht noch grob den Moment festlegen (Tag vs. Nacht z.B.), aber ansonsten abknipsen was man vorgefunden hat. Manche bauen das komplette Motiv exklusiv von Null auf (Bsp. David La Chapelle).
Manche wollen aber ganz bewußt, dass in dem Augenblick wo der Auslöser gedrückt wird, der Zufall mitschwingt.
Lange habe ich überlegt, ob ich meinen Senf dazu gebe, weil das so eine schöne Geschichte ist. Zudem ist da für mich natürlich auch das Eis ziemlich dünn.
Bisher bin ich nur mit mittelmäßigen Smartphones durch die Gegend gestapft und habe deren Kamera höchstens für QR-Codes oder visuelle Notizen genutzt. Tatsächlich als Kamera, nur wenn mal was Unerwartetes kam und ich ohne Knipse unterwegs war.
Seit letzten Sommer ist so ein Apfel 15 Pro mein Begleiter und eigentlich hätte alles so bleiben können wie es war.
– Auf der Fähre von Rostock nach Gedser wollte ich den Flettner-Rotor filmen. Das ist so eine riesige Säule auf dem Schiff, die sich dreht. Pralle Sonne im Rücken und das Ding weiss. Mit dem 12-40mm F2.8 nichts zu machen und natürlich keine Graufilter griffbereit. Smartphone gezückt und einfach Video gestartet. Das Ding kommt in weiss mit allen Konturen und der Himmel wie mit Polfilter tiefblau.
– Spätabends (nach der blauen Stunde) Ausfahrt aus Gedser. Hafen nur spärlich beleuchtet. Mit der Knipse ein Gewürge. ISO hoch, Blende auf, um noch eine akzeptable Verschlusszeit hinzubekommen. Das sah dann im besten Fall halt so aus, wie es in natura aussah. Belichtungsreihen brachten in dieser Situation wie zu erwarten nichts. Smartphone aus der Tasche gezogen, nur um mir selbst zu beweisen, was ich doch in dieser Situation noch mit einer Kamera herausholen kann. Wieder nur in den Standardeinstellungen. Das Teil macht irgendwas Komisches, man könnte meinen mehrere Bilder hindereinander. Tiefblauer Himmel und an Land alles perfekt eingefroren. Ja, das Bild ist irgendwas, hat nichts mit dem Original zu tun, aber macht Eindruck.
Bei allen übrigen Fotos hättte ich meine Kamera nicht missen mögen. Die sind technisch besser, mehr Auswahl an Brennweiten und einfach mehr Spass dabei.
Geräte beherrschen hin oder her. Spätestens dann, wenn ich mit meiner Kamera an die Grenzen komme, dann packe ich nun auch mal das Smartphone aus. Nicht weil ich damit gezielt irgendwas besser machen könnte, sondern weil man manchmal eine Überraschung erlebt. Überraschungen sind ja eigentlich das Gegenteil von „ein Gerät beherrschen“.
Es ist nicht einfach jemanden von einer Kamera zu überzeugen, wenn der diese dann einfach mal auf iAuto einstellt und zu dem Ergebnis kommt, dass das Ding da weniger kann, als sein Telefon. Das Smartphone kann sich bewegende Objekte erkennen und meistens die passende Belichtungszeit wählen und nachts macht der Rechenknecht im Smartphone das irgendwie, wo ich mit meinen Belichtungsparametern der Kamera am Ende bin oder nur noch Rauschen produziere.
Eine Kamera gewährt mir die volle Kontrolle und ich kann vorhersagen, wie das Ergebnis aussieht. Beim Smartphone habe ich mit einem Klick meistens ein vorzeigbares Bild. Eine Oly wird ohne Eingriffe des Fotografen, selbst im iAuto erheblich mehr Mist produzieren. Sicher kann man ein paar Leute davon überzeugen zur Kamera zu wechseln, am einfachsten durch Brennweite oder optische Qualität bei notwendigerweise entsprechender Präsentation. Wenn ich denen aber mit LiveComposite komme oder ob mir beim Stacken ein Fokusschritt fehlen könnte …
Wer beim Smartphone nichts vermisst wird schwer zu bekehren sein, weil die aktuellen Telefone mittlerweile eine Software und Rechenleistung haben, wogegen eine Kameraautomatik gar nicht mehr mithalten kann. Klar kann man mit Können und Wissen um die Funktionen mit einer Kamera zumindest technisch besserer Fotos erstellen. Aber einem Einsteiger diese auf den Tisch zu legen, führt bei dem doch erstmal zu einem riesen Frust, wenn er nicht von vornherein der Fototechnikbegeisterte ist. Was für mich zählt ist der „Ein-Klick-Vergleich“. Das muss ich nicht in einem Pro-Gehäuse haben. Aber es braucht erstmal Geräte, die eben ohne Hirnschmalz einzusetzen gegen ein Smartphone anstinken können.
Danke an Frank W. für den Beitrag. Da ist (leider) so, dass moderne Smartphones mittels Verrechnung von Bildern und KI oft gefälligere (nicht immer realitätstreue) Fotos machen als der JPG-Output einer Kamera, wenn man die Fotos für Anzeige im Web, Smartphone oder Social Media nutzt. Mittlerweile auch in Lichtsituationen, wo ich vor ein paar Jahren kein Smartphone genommen hätte. Die neuen Generation der Flaggschiff-Smartphones sind mittlerweile kleine Wunderwerke und bei schnellen Video aus dem Stand unerreicht. Das Argument „geht nicht schnell genug“ liest sich etwas merkwürdig, wenn ich beim Smartphone nur die App aufrufen und den Auslöser betätigen muss. Den Rest machen heutzutage die Automatiken. Wenn die Dinger schlecht wären, hätten wir weiterhin einen prosperierenden Fotomarkt mit Kompaktkameras. Haben wir aber nicht mehr.
Eine schöne und wirklich interessante Diskussion! Meines Erachtens gilt immer noch der gute alte Spruch: “Die beste Kamera ist die, die ich gerade zur Hand habe“.
Keine Frage, wenn ich irgendwie in Foto-Laune bin und denke, nimm mal die Kamera mit, dann habe ich auch meine E-M1 Mk II oder meine E-M10 Mk II, oder beide, irgendwie an mir rum baumelnd dabei. Und dann gelingen damit meist auch gute und sehenswerte Bilder, zumindest technisch. Erst kürzlich bei einem abendlichen Fackel-Spaziergang mit anschließendem Stockbrot-Grillen mit Kindern am Lagerfeuer war ich mit dem 7-14 f 2,8 ganze hervorragend aufgestellt. Die Teilnehmer waren überrascht, dass ich dort ohne Blitz brauchbare Bilder knipsen konnte.
Mein üblicher regelmäßiger Tagesablauf lässt mir aber leider für solch geplante Fotolaune viel zu selten Freiraum. Trotzdem liegt die E-M1 Mk 2 meistens in ihrer Kameratasche im Auto rum. Aber auch das Auto ist nicht immer gerade da, wo ich bin. Und wo sich etwas zu fotografieren lohnt. Das Smartophone habe ich dagegen jederzeit bei mir, tatsächlich 24/7 (nachts auf einem kleinen Metallständer, damit sich möglich Erhitzung nicht direkt in die Matratze auswirkt
– Rauchgasentwicklung 🙁 ).
Ja, ich habe den letzten 10 Jahren seit Einstieg in die E-M10 Fotografie (davor natürlich auch das ein oder andere Mal) durchaus das eine oder andere Bild knipsen können, dass mir gefällt und dass ich auch gerne her zeige. Aber gerade in den letzten Jahren, jetzt mit dem SG Note 9, gab es doch auch eine ganze Reihe von Szenen, die sehenswert waren und die ich mit dieser Handy Knipse anständig für die Foto Chronik einfangen konnte.
Am Ende entscheidet sowohl der Blick des Fotografen für eine sehenswerte Szene und dann das Gefühl für angemessene Komposition. Viele Analogbilder, auf die wir vor 30 Jahren stolz waren, würden heute mit modernen Smartphones bequemer, vielleicht sogar realistischer ausfallen.
Ich bin froh und glücklich, über beide Systeme verfügen zu können, insbesondere, im entscheidenden Moment wenigstens eines von beiden zur Hand zu haben.