Die nächste Fotomesse ist tot

Die Photo + Adventure in Duisburg ist tot. Man sieht: Outdoor ist der total boomende Fotomarkt. Es macht total Sinn, da zu investieren und sein komplettes Produktportfolio darauf auszurichten.

Die Aussteller sind ausgeblieben. Genauso wie bei der Photopia. Die Besucher gehen noch hin zum Kucken – Aber die kommen eben zum Kucken – nicht zum kaufen. Und da überlegen sich dann die Hersteller – lohnt nicht. Und weil die Hersteller sich ins Internet verziehen – da fallen ihnen die lästigen Kunden nicht auf den Wecker – macht das jetzt die Photo + Adventure auch. Online-Seminare und Vortragsreihen. Weil es davon ja noch nicht genug gibt. (Wahrscheinlich werden die dann irgendwann von einer KI gehalten, Anmeldung läuft über die Blockchain und bezahlt wird mit Etherium.)

Ich war ja selber lange auf Messen als Aussteller. Von der Systems in München über die Buchmesse in Frankfurt bis zu lokalen Gewerbemessen. Messe ist cool. Adrenalin und so. Ausstellerausweis ist halt was ganz anderes, als so ein popeliger Besucherausweis. Die Messevorbereitung ist cool, mit dem Messebauer Stände entwerfen, Konzepte erstellen, Flyer, Pressekonferenz, Giveaways. Ist echt ultra. Und ultrateuer.

In den ersten Jahren haben wir auf der Messe immer jedes einzelne Gespräch protokolliert, Visitenkarte dran und dann nach der Messe die Kontakte „nachbereitet“. Bis wir dahintergekommen sind, dass die allermeisten Kontakte keine potenziellen Kunden waren, sondern eben Labertaschen, die nur kucken und sich wichtig machen wollten. Wenn man dann die Kosten der Messe kalkuliert hat – und was dann an Umsatz dabei rumkam, dann war das ein Verlustgeschäft. Immer. Wenn man die Manpower und die Zeit und das Geld in das Produkt gesteckt hätte, hätte man mehr davon gehabt. Weit mehr.

Es gibt Messen, die sind immer noch wichtig. Fachmessen ohne Endpublikum. Da werden tatsächlich noch Kontakte geknüpft und Deals gemacht. Weil da dann auch Leute dort sind, die einen Zettel unterschreiben dürfen. Und nicht einfach nur gemietetes Standpersonal.

Endkundenmessen sind wichtig, wenn man dort tatsächlich auch verkauft. Beim Stand in Zingst waren die Promotoren von Eric und direkt daneben der Fachhändler, der den frisch überzeugten Kunden gleich das Geld abgenommen hat. Das rentiert sich. Aber Endkundenlabermessen sind aus betriebswirtschaftlicher Sicht ein Draufzahlgeschäft. Kein Wunder, dass die Hersteller die Präsenzen zurückfahren und die Messen immer kleiner werden.

Aber in den Foren liest man doch, „Ich war auf dem Stand und habe mich mit XYZ unterhalten“. Ja, tatsächlich. Ganz wichtig. Aber es ist eben ein „Die anderen sind auch da, also muss ich auch, weil sonst sieht das doof aus.“ Und alle Hersteller, denen das völlig egal ist, ob das doof aussieht, die gehen halt nicht hin. Weil ein Besucherrekord eben nur mehr Arbeit, aber nicht mehr Umsatz bedeutet. Die Zeiten sind vorbei, in denen an den Ständen Vitrinen mit einem großen Schild „Messeneuheit“ zu bewundern waren. Und bei OMDS gibt es sowieso seit Jahren nichts Neues mehr auf Messen. Alles ist schon längst bis zum Erbrechen durch die Influencer durchgekaut bis auch nur das erste Trumm im Laden auftaucht.

Dieses Gefühl „Ich war einer der Ersten, die das in Deutschland hatten!“. Vorbei. Die Influencer hatten das Zeug schon Monate in der Mache und erklären Dir haarklein, was Du davon zu halten hast.

Wozu dann noch auf Messen gehen? Die Werbesprüche kann man sich auch im Internet anhören.

Photoadventure will noch Wien aufrechterhalten. Mal sehen, wie lange das noch geht.

Titelbild: Suche mit Excire „Die Fotomesse ist tot“. Was findet die Software? Ein Foto von der Photokina 2012 von der Hasselblad Lunar. Die wurde auf der Messe wie blöd an russische Oligarchen verkauft – weil teuer und toller Holzkasten dabei – und danach war das Zeug Blei.

14 Replies to “Die nächste Fotomesse ist tot”

  1. Kleine Korrektur: Es finden (noch) Workshopwochenenden statt, wie am vergangegen Wochenende und auch wieder Ende April.
    Diese scheinen (noch) gut besucht zu sein.
    Aber die Preise kennen auch nur eine Richtung: nach oben. Und über 300 Eur für einen 5-6 stündigen Workshop war dann doch zuviel.
    Die Photo-Adventure war schon immer eine Verkaufsmesse. Foto Erhardt, Foto Koch, Calumet, Rollei Werksverkauf mit Ramschpreisen etc.
    Aber das reichte nicht für die große Halle.

    1. Tja, ich habe 350 Euro für ein komplettes Wochenende in Rocksdorf verlangt. Mit Model und All Inclusive. Seit Corona ist das zusammengebrochen. Keine Nachfrage.

  2. Alles ändert sich.
    Innenstädte sterben aus, Fachhandel kann immer weniger kostendeckend wirtschaften. Laden mieten steigen ins unermäßliche. Das Geschäft wird im Internet gemacht.
    Fachberatung von Menschen mit Ahnung und Erfahrung nicht mehr so wichtig, und wenn muss aktuell für Beratung extra bezahlt werden, weil Leute lassen sich kostenlost beraten lassen wollen und kaufen dann aber im Internet. Kein Grund mehr an freien Tagen durch die Einkaufszentren der Welt zu bummeln, leere Schaufenster sind ja auch langweilig. Innnenstadtsterben! Fachandel Sterben! Leute Ihr braucht nur nen Laptob oder ein Smartphone und könnt die Welt mit aufs Klo nehmen. Schöne neue Welt!

    1. Das ist nicht die Schuld der bösen Kunden sondern die Schuld der Hersteller. Die versuchen ihren Umsatz zu maximieren, indem sie ihre Produkte in alle Kanäle pumpen. Und anstatt dass sie den Preisvorteil des Onlinevertriebs selbst abschöpfen, beliefern sie Onlinehändler zu besonders guten Konditionen. Und OMDS macht es besonders schlau, Die bieten ihren Krempel auf ihrem eigenen Shop oft unterhalb des Händler-EKs an. Früher konnten Fachhändler mit den Internet-Preisen mithalten. Das haben die Hersteller fast alle abgestellt – Gier frisst Hirn – und sich damit eines kompletten, sehr engagierten Vertriebskanals beraubt. Aus dem Fall Samsung haben sie nur eines gelernt: wenn man den Fachhandel ausschaltet, hat man höhere Margen.

  3. Ist aber kein exklusives Problem der Photobranche. War selbst jahrelang als Aussteller stellenweise vier Wochen dauerbeschäftigt mit Aufbau, Messedienst und Abbau. Da wurde auch richtig Umsatz auf der Messe generiert mit dem reinen Fachpublikum. Heute sind diese Messen fast ausgestorben, die nötigen Informationen bekommt man im Netz besser aufbereitet dargestellt. Früher waren da die Messen halt optimal um an zwei Tagen einen guten Überblick über das Angebot zu bekommen.

    Diese Messen heutzutage dienen fast der reinen Kontaktpflege. Und dafür ist es dann zu teuer geworden in unserer Branche. Schade, ich war gerne dort als Aussteller und jetzt als Besucher. Messen sind cool.

  4. Ich habe auf Messen (nicht nur Fotografie) oft feststellen müssen, dass das Standpersonal selbst keine wirkliche Ahnung von der ausgestellten Ware hatte. Das waren oft Studenten die für ein Taschengeld nicht viel mehr getan haben als die Stände zu bewachen. Ja danke, dafür brauche ich auf keine Messe. Um die Geräte mal in die Hand zu nehmen und die Ergonomie zu testen waren lange Zeit Fachhändler die erste Wahl, aber auch die sterben leider immer weiter aus bzw. führen sie keine Produkte des eigenen Kamerasystems mehr. Traurige Entwicklung.

  5. Ich glaube die großen Messen sterben wie von Reinhard beschrieben wegen der großen Kosten. Dann lieber auf kleinen Hausmessen direkt in den Fotogeschäften kleine (günstige) Präsenz zeigen und der überzeugte Kunde kann an der Händlertheke gleich kaufen.
    So ist es mir persönlich mit einem Sigma Objektiv gegangen. Einiges im Vorfeld dazu gelesen und auf der Hausmesse hat es mir der nette Herr am Sigma Stand gegen meinen Ausweis für eine Stunde geliehen. Danach stand fest:Haben wollen!
    Leider ist MFT für Sigma anscheinend kein lohnender Markt mehr.

    PS: habe während meines Studium ein paar Mal auf Messen gejobbt (von Aufbau über Ausstellung bis Abbau) und unterschreibe es auch sofort: Messen sind geil!

  6. Alles korrekt, was hier gesagt wurde.
    Aber eines sollte man vielleicht auch nicht vergessen:
    Messen sind Werbung. Werbung kostet. Werbung ist auch immer ein Draufzahlgeschäft (mehr oder weniger, je nach Medium, Streuverlusten, etc.). Aber ohne Werbung denkt keiner mehr an Dich, geht also auch nicht.
    D.h. die Firmen haben mittlerweile beschlossen, dass der Werbekanal „Influencer“ am besten ist.
    Ob das wirklich so ist, mag jeder für sich entscheiden (und die Firmen werden langfristig sehen, ob die Strategie eher geschickt war oder eher nicht).

  7. Erstaunlich, dass die Messe „Photo + Adventure“ von den Herstellern
    aufgegeben wird, obwohl es einen Besucherrekord gab.

    Wenn irgendwann alle Messen und Fotoläden verschwunden sind, wo
    sollen dann die Kunden zukünftig z.B. die Haptik der Kameras
    ausprobieren könne – etwa in den Onlineshops?

    Wie sieht es im europäischen Ausland aus? Verschwinden dort auch
    reihenweise Fotomessen? Die „Photo + Adventure“ in Wien läuft ja
    weiter.

  8. Warum sollte man diese inzwischen veralteten Erkenntnisse noch festhalten und wertvolle Zeit darauf verwenden? Die Digitalisierung hat den Markt schließlich schon vor langer Zeit verändert. Sparen ist für alle unumgänglich, und persönliche Beratung wird zunehmend überflüssig. Wer gute Online-Quellen nutzt, ist oft besser informiert – auch wenn ich das Persönliche daran vermisse. Angesichts der Vielzahl an Blogs im Internet hat kaum einer davon noch wirklich Bedeutung und wird meist nur oberflächlich gelesen. Am Ende des Tages spielt das aber ohnehin keine große Rolle, es gibt schließlich wichtigere Dinge im Leben.

  9. Das war doch keine Messe. Das war Mickimaus. Messen sind oder waren Hannover Messe, CeBIT, Photokina. Alle sehr klasse und auf allen war Olympus. Mehr oder weniger.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert