Schon wieder Orthodoxe? Jo, denn diesmal geht es um eine spannende vorher/nachher-Geschichte. Ich war 1990 schon mal am Dionysos-Kloster am Olymp. Und habe damals auch ein paar Fotos gemacht. Noch mit der Exakta und natürlich hatte man nur einen Film dabei, denn damals war das Kloster von uns nur zu Fuß zu erreichen, beim Abstieg von Prionia nach Litochoro. Mittlerweile führt eine kleine Asphaltstraße hin und man kann, so man die Absperrung ignoriert, direkt vor’s Kloster fahren. Das oben war die Sicht durch das Tor ins Kloster – ach ja, es gab kein Tor. Ich meine, durch diesen Torbogen.
Jetzt sieht das so aus:
Beim alten Foto sieht man rechts einen Pfeiler mit einem markanten viereckigen Loch – den sieht man hier auch. Man hat nur eine Rabatte außenrum gemacht und den Pfeiler stehen lasssen. Links gab es früher eine Art Schuppen. Da ist jetzt links ein überdachter Eingang. Dazu später. Hier noch ein altes Foto:
Wie man sieht, war das Kloster auch 1990 bewohnt. Als ich das festgestellt habe, habe ich mich seinerzeit wieder vom Acker gemacht, ich bin nicht so der Typ, der anderen Leuten ins Wohnzimmer knipst. Das Foto ist heute nicht mehr möglich, denn die Mauern, die man da sieht, sind die Grundmauern der Kirche, die in der Mitte des Klosters stand.
Das ist so noch die beste Perspektive, die so geht. Die Balken sind wieder durch Säulen ersetzt, das Eternit-Dach durch vernünftiges Steindach. Und eben links die Kirche ist wieder komplett. Man sieht am Sockel aber noch, wo die alte Mauer aufhört. Klar, der Boden im Inneren ist nicht so wellig, sondern sauber verlegt.
Auch jetzt ist das Kloster bewohnt und die Teile, die noch nicht wieder hergestellt werden, sind in Arbeit. Man hat versucht, so eine Art Visitor Center weiter oben an der Straße zu errichten, mit Verkauf von „Reinem-Kloster-Thymian-Honig“ und „Traditionellen, hausgemachtem Nachtisch“, das hat sich aber anscheinend nicht rentiert. Die Hütte steht noch, die Verkaufsstände stehen noch, aber alles verriegelt und verrammelt.
Das Kloster hatte in der Vergangenheit richtig Pech. Im 16. Jahrhundert vom heiligen Dionysos gegründet, wurde es öfter mal heimgesucht. Es brannte alle paar Jahre und am Schlimmsten 1750, 1790 und 1822. 1828 dann haben die türkischen Truppen das Kloster nahezu komplett zerstört und den Ostflügel in Brand gesetzt, der bis heute nur eine Ruine ist. Dann wurde das Kloster wieder aufgebaut und 1943 von den Deutschen, die in dem Kloster ein Widerstandsnest vermuteten, bombardiert und dann gesprengt.
Der Nordflügel. Hier ist nach wie vor nur ein Notdach installiert, die Gewölbe sind noch nicht wiederhergestellt, Aber immerhin gibt es wieder Fenster. Der Pfosten, der einsam und verlassen mitten im Hof steht, ist ein Rest des gesprengten Nordflügels. Bis hierhin ging der Vorbau des Hauses. Ein deutscher Soldat hatte das Kloster vor der Zerstörung heimlich fotografiert und dem Kloster nach dem Krieg die Bilder zukommen lassen – eine wertvolle Quelle für den Wiederaufbau.
Beim Wiederaufbau hat man auch tatsächlich daran gedacht, dass das Kloster wieder als Kloster verwendet wird. Also mit Mönchszimmern und entsprechenden sanitären Anlagen. Das Kloster ist also keine Eventlocation oder eine Kneipe, die nur auf alt gemacht ist. Die Kirche ist wieder aufgebaut und wird auch tatsächlich als Kirche genutzt.
Die Fotos aus dem Inneren lasse ich jetzt mal weg, darum geht es hier nicht. (Links wieder der übriggebliebene Pfosten des Nordflügels. ) Für die Damen mit den schulterfreien Kleidern gibt es im Eingang des Klosters Tücher zum Überwerfen. Bis vor einigen Jahren war im Westflügel auch ein Museum untergebracht, das ist aber anscheinend wieder abgebaut – ich habe nirgendwo einen Hinweis darauf gesehen. Allerdings stehen ein paar Türen zu Zellen offen, in denen Betten stehen. Es gibt eine öffentliche Toilette im Südflügel, aber die sieht so aus, als wäre mitten unter dem Bau das Geld ausgegangen.
Die EU und das Ministerium hat etwa zwei Millionen Euro in den Wiederaufbau gesteckt und ein griechisch/englisches Schild gemacht, auf dem das verewigt ist. (der englische Text ist noch vor der Erfindung von ChatGPT übersetzt: Kostprobe: „In the year 2018, the project "restoration- reutilization of St. Dionisos Monastery upon mountain' Olympus: Bell tower – Western wing – Hgoumenie" …“ ) Und jetzt scheint das Geld alle zu sein. Es ist jetzt einfach ein Kloster in den Bergen und es gibt nicht einmal eine Möglichkeit, irgendwo Geld loszuwerden.
Für mich war das ein Flash. Ich hatte die Ruine von 1990 im Kopf und stolperte da in dieses Kloster, das immerhin zur Hälfte wieder aufgebaut war.
Endlich mal ein Eck, in dem ich nicht Fotos früher/später vergleichen muss und seufze „Ja, früher…..“
Irgendwie hinterlässt das bei mir die Hoffnung, dass man mit gut eingesetzten Mitteln doch wieder was aufbauen kann, wenn ein paar Chaoten alles gesprengt und niedergebrannt haben. Sogar am Olympus, wie der Grieche sagt.
Auch wenn der ursprüngliche Zweck der Anlage vielleicht primär praktischer Natur war, und vielleicht auch nach dem Wiederaufbau wieder ist – es strahlt eine Schönheit und Ästhetik aus, auf die wir in unserer modernen Umgebung leider meist verzichten müssen. Aber offensichtlich gibt es den Sinn dafür noch (oder wieder?) – das ist wunderbar!
Die EU hat also ein bisschen unserer deutschen Zerstörung reparieren lassen.
Wäre ja eigentlich unsere Aufgabe.