Wer jemals in Griechenland war, der kennt diese kleinen Minikapellen am Straßenrand. Mini bedeutet, so groß wie eine dieser modernen Kafeemaschinen. Sie stehen auf Ständern, Säulen, verbogenen Metalleisen, irgendwas. Die Dinger heißen Proskinitaria und dienten ursprünglich wirklich als kleine Kapellen, damit die Wanderer unterwegs ihr Gebet verrichten konnten.
Deshalb gibt’s in diesen Kästen immer ein ewiges Licht, meistens auch ein Heiligenbildchen und gelegentlich auch ne Flasche Öl, damit man das Licht nachfüllen kann.
Klar, manchesmal ist die Klappe weg, das Heiligenbildchen futsch, oder von Licht und Ölflasche ist eben nur noch die leere Flasche da. Dafür sieht man immer wieder auch Menschen, die mit einer Colaflasche voll Öl ein paar Proskinitarias ablaufen und die Lichter nachfüllen.
Mittlerweile vermehren sich diese Proskinitaria wie die Karnickel, weil sie nicht mehr nur zum Beten dienen – direkt an der Autobahn gibt es nicht so viele, die da beten – sondern als Erinnerung, wenn wieder jemand im Straßenverkehr ums Leben gekommen ist. Oder es jemand überlebt hat. Oder einfach so.
Im Prinzip kann man die selber bauen, aber es gibt auch Firmen, bei denen man Kapellen kaufen kann. In jeder Größe. Gerne stellen die gleichen Firmen auch steinerne Gartenmöbel und Gartengrills her.
Wenn einem das kleine Straßenrandkapellchen nicht reicht, kann man sich auch eines für den Vorgarten bestellen:
Das sind Fertigteile, die nur noch aufgestellt und bemalt werden müssen. Und bitte nicht lachen, ich kenne wirklich nette Griechen, die haben so eine Privatkapelle im Garten. Und es gibt auch nach wie vor Ikonenmaler, die für die Ausstattung sorgen. Kann man für durchgeknallt halten, aber wer mal miterlebt hat, wie ein orthodoxer Gottesdienst in Griechenland abläuft, denkt da unter Umständen anders.
Übrigens: ich sagte ja, jede Größe:
Einfamilienhausgröße ist auch kein Problem. Übrigens haben viele Firmen auch solche Kapellen auf dem Firmengelände. Und kein Truppenübungsplatz und Schießstand ohne kleine Kapelle.
Ich glaube, viele Dinge in Griechenland sind nicht zu verstehen, ohne die Rolle der Orthodoxie im Alltag zu verstehen. Als ich das erste mal so einen „Kapellenshop“ sah, dachte ich, das ist doch der Knüller, da kann ich mal so richtig ablästern. Aber dann habe ich Dinge erlebt, die mir eine andere Sicht vermittelt haben.
Die Macht des Verstehens.
Hinsetzen, nachdenken, den Zikaden zuhören, Frieden machen.
Erinnert mich an meine „Rucksacktour“ vor 14 Jahren – Thessaloniki, Meteora, Nördliche Sporaden ……
Damals brauchte man auf den Inseln kein Quartier vorzubuchen – an jeder ankommenden Fähre stand jemand, der Zimmer anbot. Ob das heute auch noch so ginge ?
Die Zwischentöne gefallen mir!
Verstehen wollen und emphatisch sein. Immer eine gute Sache.
Leider ist mir persönlich die Gnade dieses Verstehens nie zuteil geworden, obwohl ich mich ein halbes Leben darum bemüht habe.
Die Macht des Verstehens ist die Schlüsselkraft für die Lösung aller Konflikte auf diesem Planeten, auch dafür hat meine Schwächlichkeit nie gereicht. So flüchte ich mich in die Krücke der Toleranz, um Unverständliches zu ertragen und zuzulassen.
Meine einzige Gläubigkeit ist die Überzeugung, dass ohne all diese Wahnvorstellungen, die sich Religion nennen, diese Welt eine bessere wäre.
Mit vielleicht Frieden.
Mein Teilverständnis besteht darin, dass ich erlebt habe, dass das, was auch ich für Wahnvorstellungen halte, für andere Menschen funktioniert. Wirklich funktioniert! Dass es für die Menschheit insgesamt zumindest die letzten 2000 Jahre absolut nicht funktioniert hat, ist die andere Seite. Mit dieser Ambivalenz muss ich leben.
ja Werner, da sind wir auf dem gleichem Weg unterwegs und mehr Toleranz stünden auch denen gut, die ihr Heil in den diversen Religionen suchen.
Ich kenne das aus den Achtzigern; wir haben diese „Marterln“ (excuse my Austrian) „griechische Notrufsäulen“ genannt. Was ja auch irgendwie gestimmt hat.