Es dürfte mittlerweile definitiv jeder mitbekommen haben. WeWork, das einst wertvollste Startup der Welt ist pleite. Was haben die gemacht? Coworking Spaces. Genau. Die haben Firmen wie OMDS einen Briefkasten vermietet und irgendwo ein paar Schreibtische hingestellt, die sich dann die Briefkastenmieter teilen konnten.
Geiles Geschäftskonzept.
Ich war ja einige Jahre in der Startup-Szene und habe da mitgekriegt, wie das ablief. Startups waren in der Rekrutierungsphase dauernd am Umziehen. Die Büros sind dauernd aus allen Nähten geplatzt. Wenn es da eine Firma gab, die den Startups „skalierbare“ Büros zur Verfügung stellen konnte, die konnte Kohle ohne Ende verdienen. Vor allem weil langfristige Geschäftsmietverträge Investorengift waren.
In der Aufbauphase hatten die Startups noch keine Kunden- schon gar keine Endkunden. (Endkunden war voll Old Economy. Einzig sexy war Online-B2B-Plattformstrategie.) Die einzigen Typen, die da aufkreuzten waren Geldnasen, und die landeten natürlich lieber in einem modernen Coworking-Space als in einem seltsamen Hinterhof.
Das Geschäftskonzept des Coworking-Spaces starb in dem Augenblick, als Corona zu HomeOffice zwang. Denn Coworking ist nichts anderes, als unbequemes Homeoffice. Jeder hatte jetzt einen Internet-Anschluss zu Hause und warum sollte er noch ins Büro eiern? Coworking vereint für eine normale Firma so ziemlich alle Nachteile, die es für eine Firma gibt: Es gibt keinen Flurfunk, die Kollegen kennen sich nur noch Online, es gibt keinen festen Ansprechpartner für Kunden, es gibt nicht mal eine Empfangsdame, die am Telefon sagen kann „Augenblick, Herr Müller ist im Hause, den habe ich heute schon gesehen…“ Und trotzdem müssen die Leute morgens ins Büro fahren, in dem die Kaffeemaschine nicht gefüllt und dafür der Kühlschrank leer ist. Die IT ist in der „Cloud“ und wenn was nicht funktioniert kann man nicht mal den armen IT-ler rundmachen.
Das funktioniert für Startups ohne Kundenverkehr, die stark wechselnde Belegschaft, kein Geld und keine Ahnung von EDV haben.
Das ist aber vorbei. Gute Programmierer sind mittlerweile rar – die heuert man nicht mal schnell an und feuert sie dann wieder. Coworking ist tot. Es ist nur noch für FIrmen interessant, die sowieso innerhalb kurzer Zeit entweder abgewickelt werden, oder in ebenso kurzer Zeit ihren Sitz verlagern.
Ich habe ja, wg. Nachhaltigkeit, den Betreiber des Coworking-Space in Hamburg angerufen, und mich danach erkundigt, ob die Ökostrom hätten. Ja, wisse man jetzt nicht, wenn ich meine Mailadresse dalasse, würde man mir Antwort schicken. Klang vernünftig. Ich habe jetzt mittlerweile zig Nachfragen erhalten, wann ich denn nun in Hamburg mieten wolle, und man begrüße mich in der Community und so Kram – aber meine Frage hat keiner beantwortet.
Da die allermeisten dieser Coworking-Anbieter kreditfinanziert sind und derzeit ihre Preise hoch- und ihre Leistungen runterfahren, kann man drauf warten, dass die Banken da den Hahn abdrehen, solange die Sicherheiten noch was wert sind.
Im Übrigen ist es heute exakt ein Jahr her, dass OM Digitalsolutions GmbH seinen damals bereits überfälligen Geschäftsbericht für das Rumpfgeschäftsjahr 2020/2021 im Bundesanzeiger veröffentlicht hat. Damals hat es die Firma fertiggebracht innerhalb von drei Monaten bei 11,05 Millionen Umsatz 3,2 Millionen Verlust zu machen und nur durch einen Barmittelkredit von 6 Millionen von OMDS Tokio überhaupt noch zahlungsfähig zu sein. Und das bei einer Rohmarge von 36,4%.
Wenn die hochkompetente Führung der OMDS-GmbH diesen Stiefel nach März 2021 weitergefahren hat, dann ist es irgendwie kein Wunder, dass es immer noch keinen Abschluss gibt. Und – Überraschung – alle verantwortlichen (Ex-)Geschäftsführer und (EX-)Prokuristen sitzen im Ausland. Aber das ist sicher blanker Zufall.
Zum OMDS-Aspekt Deines Artikels:
Mich beschleicht seit ich von der Ausgliederung der Fotografiesparte bei Olympus gelesen habe ein mulmiges Gefühl.
Seit den 1970er Jahren habe ich mit Olympus-Kameras auch wissenschaftlich fotografiert, jungen Leuten Mikroskopieren mit Olympus-Geräten beigebracht, Olympus Endoskope geschluckt und bin nach der Phase Familien- und Urlaubsknipserei über die EPL3 bis zu den neueren Olympus-Kameras mit nicht wenig Zubehör vorgedrungen. Stammtische mit Nils und die Veranstaltungen in Zingst haben mein Verhältnis zum Olympus-System gefestigt.
Mittlerweile bin ich aber von großer Zurückhaltung geprägt, Sonderangebote und Cashbackaktionen verfangen bei mir nicht mehr.
Ich werde, auch aus Altersgründen, mein Geraffel weiter nutzen, nicht umsteigen, und Zeiten ein wenig nachtrauern, in denen es ein Gefühl der Verbundenheit zu einer großartigen Marke gab.
Die weitere Entwicklung werde ich mit distanziertem Interesse verfolgen.
Beste Grüße von der rauen Küste.
H.-J.
Hallo Reinhard,
Du sprichst mir so aus dem Herzen. Nichts desto trotz werden unsere neuen Coworking Räumlichkeiten gerade fertiggestellt. 🙁
Deine Aussage „Es ist nur noch für Firmen interessant, die …..“ macht mich stutzig, aber nein, bei uns keine Gefahr.
Wir gehören zu der Kategorie, so groß und träge, dass wir mindestens ein Jahrzehnt den Trends und Erkenntnissen hinterher hinken.
Schöne Grüße, Jörg-Ilja
Ich drücke Dir die Daumen. Gelegentlich passiert nämlich auch Folgendes: Die Firma lagert eine Abteilung in Coworking aus und verkauft die Sparte dann. Damit hat man kein Problem, irgendwelche hohen Fixkosten oder gar Immobilien mitverkaufen zu müssen, sondern der neue Besitzer kann damit machen was er will. Oder, auch beliebt: Man gründet die Abteilung als Firma aus und macht sie dann zu. Besonders en vogue, wenn man sehr viele alte Mitarbeiter hat, die man loswerden möchte, ohne ihnen die horrenden Abfindungen zu zahlen.
Hallo Reinhard,
es ist noch viel irrer, das Gebäude gehört einem Bereich unseres Konzerns und wir sind dort Mieter. Bleibt also alles in der Firma. 😉
Ich bin einer der Alten den man sicher loswerden wollen wird, oder so und darauf spekuliere ich in ein paar Jahren auch, aber derzeit wäre das noch zu früh und es wurden nicht rausreichen. 😀