Wenn ich mit der Kamera irgendwo bin, geh ich ja nicht nur knipsen, sondern quetsche die Leute immer aus auf der Suche nach irgendwelchen Geschichten oder einfach Dingen, von denen ich keine Ahnung habe. Beim Mittelalterfest auf der Burg Thann in Burgthann waren Leute, die mit Mittelalter absolut gaaar nix zu tun hatten. Die haben sie in den Burggraben verbannt, damit sie nicht komisch auffallen. Das war der „Petanque Club Burgthann„.
Obwohl Boule schon im Asterix vorkommt (Tour de France) ist Petanque vergleichsweise neu – etwa hundert Jahre. Der wesentliche Unterschied ist, dass Petanque ohne Anlauf auf kurze Entfernung gespielt wird. Boule geht auf 15 bis 21 Meter und das kriegt nicht jeder auf Dauer auf die Reihe.
Das hat mit dem Boccia, das man aus Kindertagen kennt – mit den wassergefüllten Plastekugeln – nicht viel zu tun. Hier geht es um Stahlkugeln die zwischen 650 und 800 Gramm wiegen. Man denkt sich – kein Problem, die OM-1 wiegt auch schon 600 Gramm. Nur schmeißt man die nicht auf einem Turnier den ganzen Tag zielgenau auf einen kleinen Holzball – oder andere OM-1….
So locker das aussieht, man braucht also schon eine gewisse Fitness und ich habe mir erklären lassen, dass das auch intellektuell nicht ganz ohne ist. Gerade wenn man in Dreierteams spielt.
Nach Burgthann – an der fränkisch/oberpfälzer Grenze – kam Petanque durch einen Franzosen, der einfach in der Freizeit spielte und so nach und nach die Nachbarn ansteckte. Und wie das halt so ist wenn sieben Deutsche zusammensitzen – man gründet einen Verein, baut auf der grünen Wiese ein Vereinsheim und eine spezielle Petanquehalle, damit man beim Trainieren nicht nass wird – und hat auf einmal Nachwuchssorgen weil der Vereinssport ja eben in einer Halle vor dem Dorf stattfindet. Das muss ja erstmal wer mitkriegen. Also standen die Leute vom Petanque-Club beim Mittelalterfest im Burggraben und warfen Kugeln.
Und damit hat es – bis auf die Klamotten – auch wieder gepasst, denn gerade unter Soldaten war Boule und dessen Vorläufer so beliebt, dass das Kugelspiel von den Obrigkeiten regelmäßig untersagt wurde, da „Boule verführt zu lasterhaften Ausschweifungen und ist Ursache sonstiger Unverschämtheiten“
Petanque zu fotografieren ist auf jeden Fall mal eine Herausforderung. Es fliegen harte, kleine, silbrige Gegenstände über weite Strecken in Richtung Fotograf. Und im Hintergrund stehen Leute rum. Bei Boule müssen die Leute noch Anlauf nehmen. Bei Petanque müssen sie stehen….