Das ist „Mostgaard“ – ein Bauernhof von 1923. Der steht bei Ansager, Varde, Jütland. Dänemark. Nur ein paar Kilometer von Billund entfernt. Auf dem Hof waren bis vor kurzem Kühe, die jede Menge Auslauf und einen riesigen Stall hatten. Jetzt steht der Hof leer und die Nachbarschaft kümmert sich drum, dass das Gelände nicht verwildert.
Die Pferdebesitzer bringen ihren Mist hin und andere Bauern holen den Mist wieder ab – Kreislaufwirtschaft halt. Damit ist es demnächst wohl vorbei, weil der Hof samt riesigem Grundbesitz von Agnete Kirk Thinggaard erworben wird. Die Dame ist nicht bekannt? Sie ist mal dänische Jugendmeisterin im Dressurreiten gewesen und hat es 2016 nach Olympia geschafft, und dort Platz 26 gemacht. Ganz nebenbei ist sie eine „Lego-Tochter“ mit einem aktuellen Vermögen von 6.7 Mrd. Dollar laut Forbes (2021 8,1 Mrd) und damit auf Platz 365 der Milliardäre/Innen. Und ihr gehören etwa 18% von Lego.
Genau diese Firma, die diese Plastiksteine baut, in allen möglichen Formen und Farben. Auf die man tunlichst nicht barfuß treten sollte.
Und Frau Thinggaard hat sich auf die Fahnen geschrieben, dass sie die Wälder bewahren will. Und hat deshalb Unmengen Wald in Dänemark gekauft. Jetzt wird der Wald langsam knapp – wer Jütland kennt, der weiß, dass da vor allem Felder sind – und deshalb kauft sie jetzt Bauernhöfe auf, macht sie platt und pflanzt Bäume.
Diesen Acker wird es dann nicht mehr geben,
Ist doch total cool. Umweltschutz und so. Bäume pflanzen ist doch krass ökologisch und Klima und so.
Nein. Ist es nicht. Bis so ein Baum nennenswertes CO2 speichert, dauert es Jahrzehnte. Wenn man dafür Äcker opfert, mit denen Lebensmittel produziert und lokal verzehrt werden können, ist das unsinnig, weil dann die Lebensmittel von weiter her gekarrt werden müssen.
Wenn die Frau Milliardärin was für die Umwelt tun wollte, dann könnte sie ihr Geld in „Carbon Negative Farming“ stecken. Das ist Landwirtschaft, die das CO2 wieder im Boden bindet. Landwirtschaft ist nämlich der einzige Produktionszweig, bei dem CO2-Negativität tatsächlich möglich ist. Und zwar nicht durch halbseidene „Kompensation“, sondern innerhalb eines Betriebes.
Das hat der guten Frau aber noch niemand sagen können, sie lehnt Interviews ab und findet halt Bauernhöfe kaufen und plätten sexy.
Jedem Tierchen sein Pläsierchen. Aber wenn ihr Mostgaard noch sehen wollt – macht hinne.
Du hast natürlich irgendwie Recht, aber den hier kann mich mir in dem Zusammenhang doch nicht verkneifen:
„Wer Bäume setzt, obwohl er weiß, dass er nie in ihrem Schatten sitzen wird, hat zumindest angefangen, den Sinn des Lebens zu begreifen.“ – Rabindranath Tagore, Dichter und Philosoph
Ist halt auch die Frage was für Bäume dort gepflanzt werden.
Ohne Zukunftstauglichen Mischwald wird das wieder nur ein Rückschritt bzw. sinnloses Greenwashing.
Wolfgang
„… sie lehnt Interviews ab …“
Hast du sie mal angefragt, ob sie von dir eine Porträt-Aufnahme machen lassen würde?
Mach doch vorher eine dokumentarische Foto-Serie von dem Bauernhof (vor und nach dem
Plattmachen als Vorher-Nachher-Vergleich), damit sie weiß, dass du dich ernsthaft
mit diesem Thema auseinandersetzt hast und dementsprechend seriös bist (bzw. kein
Boulevard-Journalist mit kurzfristigem Interesse bist).
Leider auch in Deutschland bei z.B. Ausgleichflächen so: Wald geht immer, egal wie unsinnig er ist.
Extensives Offenland, in Form einer Rinderweide oder einer artenreichen Mähwiese (die berühmte 6510 z.B.) kann zwar – neben dem riesigen Artenreichtum – unterirdisch (Humusaufbau) mehr CO2 speichern als Wald und wie Du sagst nebenher auch noch Menschen ernähren, aber dazu muss man dann auch noch tierische Produkte verwerten (Fleisch, Milch) und tierisch ist total bäh. (Weil nicht zwischen Intensiver Massentierhaltung und extensiver artgerechter Weidehaltung unterschieden wird)
Das Feld sieht mir nicht danach aus, als ob da Gemüse für die Nachbarschaft angebaut wird. Eher schon Futtermais oder Getreide oder ähnliches, das dann von Händlern aufgekauft und quer durch die EU gekarrt wird. Oder als Überschuss vernichtet …
Vielleicht sind Bäume doch besser …
Diese Felder sind bis vor kurzem Brachfläche gewesen. Seit Jahren. Da ist gaaar nichts angebaut worden. Nach dem was ich hier erfahren habe, wurde das bereits im Auftrag des neuen Eigentümers gepflügt. Sozusagen als Vorbereitung zum Bäume pflanzen. Die Wildwiesen sind Geschichte.
Man sollte gelegentlich etwas vorsichtig sein mit vorschnellen Urteilen.
Der letzte Satz ist ungewöhnlich unsouverän für Sie. Völlig unnötig. Mit allem davor ist doch alles gesagt. Warum das Gespräch so vergiften? Zumindest empfinde ich diesen Satz als „Wow!“-Moment, und das nicht im Olympus-/OMDS-Sinne.
(Ich erwarte nicht, dass Sie das hier veröffentlichen; war auch eher nur für Sie gedacht. Ich schätze Ihre Arbeit und Meinung sonst sehr.)
Zum Thema Strohmannargumente werde ich einen eigenen Artikel schreiben.
Moin,
da Europa nicht wirklich ein Problem damit hat genug Flächen für die eigene Ernährung bereit zustellen, sondern im Gegenteil die Ganze Welt mit seinen landwirtschaftlichen Produkten versorgt, sehe ich nicht wirklich ein Problem darin Acker- und oder Weideflächen in Wald um zu wandeln.
In Dänemark gibt es einen erheblichen Brotgetreidemangel. Seit der Düngeeinschränkung Mitte der 90er ist der Proteingehalt des Weizens so stark zurückgegangen, dass der Weizen aus Dänemark nicht mehr zur Ernährung geeignet ist. Dänemark muss Brotgetreide importieren. Auch in Deutschland geht der Proteingehalt des Weizens so stark zurück, dass „dänische Verhältnisse“ bereits absehbar sind. Durch die Erschöpfung der Böden ist die Story, dass Europa die ganze Welt versorgt, leider Schnee von vorgestern. Die Importe steigen erheblich an, die Exporte sinken ab. In Summe ist im letzten halben Jahr gerade noch zehn Prozent mehr exportiert als importiert worden.
Mit dem Weizen magst Du Recht haben. Man sollte das Problem allerdings differenzierter betrachten. Was die Exporte an Gurken, Tomaten, Milchprodukten, etc… in jeder Form betrifft wird die Welt geradezu mit europäischen Agrar-Produkten geflutet.
Gruss,
Dirk
Es geht nicht nur um Weizen, sondern allgemein um Agrarprodukte. Ich habe dafür die aktuellen Statistiken herangezogen. Eventuell hast Du eine aktuellere Quelle? Meine bildet bis März 2023 ab. In manchen Bereichen sind die Importe im letzten halben Jahr um über 250% (!) nach oben geschossen und die Exporte um über 50% eingebrochen. Die aktuelle Situation hat leider mit dem, wie es noch vor drei Jahren aussah, überhaupt nichts mehr zu tun.
Passender Blog mit bezeichnenden Kommentaren, gut recherchiert Reinhard.
Da sieht man, wo die Reise hingeht, verursacht durch nach wie vor maßlosen Flächenverbrauch. Bäume schmecken gut, Strom von Freiflächenphotovoltaik macht satt. Ideologisch verblendete Extensivierung ist in vielen Bereichen auch nicht zielführend und trägt maßgeblich zu den Trend bei.
Diese neue Importabhängigkeit, unser Selbstversorgungsgrad liegt gerade bei gut 80%, auf die wir rasant zusteuern wird uns schmerzhaft an die heutigen Fehler erinnern, anscheinend ist die Energiekrise noch nicht im Bewußtsein angekommen.
Den Widerspruch zwischen Plastikbausteinen/Hobbypferde und Schaffung von Wald finde ich bemerkenswert.
Gruß Ernst Döhne