Ein paar Influencer haben ein fettes Fass aufgemacht: Der S-AF bei der OM-1 sei langsamer als bei den alten Kameras.
Boah ey.
Wer mein Buch zur OM-1 hat, weiß grob, was es mit dem AF der OM-1 auf sich hat. Und nachdem sogar der eine oder andere Influencer, der sich in einem Video zu diesem Hype um den S-AF der OM-1 geäußert hat, mein OM-1-Buch gekauft hat, kriegt man bei den entsprechenden Influencern sogar ganz brauchbaren technischen Hintergrund geliefert.
Aber nachdem ich ja ein Fan von Testreihen bin, habe ich den obigen Haartrockner einem S-AF mit dem 40-150 f/2,8 ausgesetzt. Der S-AF-Punkt wurde bewusst auf den strukturlosen schwarzen Handgriff gesetzt.
Und dann das Licht runterdimmen.
Bei 2EV wird der S-AF langsam. Ab 3AV ist der AF sehr schnell und ab 4EV trifft der AF auch den schwarzen Handgriff sofort. Achtung! Es geht hier um ein Objektiv mit f/2,8 Offenblende. Bei Objektiven mit anderen Offenblenden kommt man unter Umständen weiter runter. Bei den 1,2ern und den meisten 1,4ern und den 1,7ern muss man allerdings berücksichtigen, dass die entsprechend ein oder zwei Drittel Blenden lichtschwächer sind, entsprechend das Umgebungslicht eben nicht rechnerisch -1,7 EV betragen muss, sondern -1 EV. Mit den Objektiven der f/4-Reihe ist eben bei 3EV Feierabend.
Es geht hier um amtliche Dunkelheit. Und konturlose Oberflächen. Und Einzelpunkt-AF.
Nimmt man größere AF-Punkte, dann sind die Chancen, dass eines der kleinen Einzelfelder eine Kontur findet, größer. Wenn man aber fieserweise unter dem AF-Feld eine konturlose Fläche hat, dann geht’s halt auch dann nicht. Fotobasics. Kann sich noch wer daran erinnern, dass man mit den Phasen-AFs der Spiegelreflexen Probleme mit Wellblech hatte? Kein AF ist Foolproof.
Und warum klappt es dann mit den E-M1II und E-M1III? Die haben keine Einzelpixel, sondern Liniensensoren – und die reichen über die angezeigten grünen Kästchen teilweise erheblich hinaus.
Und warum ist das dann überhaupt ein Thema? Wenn man eine kleine Hochzeit hat, dann ist da beim Brauttanz gelegentlich eben nur die Lichtorgel des Dorf-DJs am Start und dann hat man am Anzug des Bräutigams eben 2EV. Und da der sich bewegt, ist ein langsamer AF verheerend. Das 35-100 f/2 kann einem da den Hintern retten. Oder eben das 25-50 f/1,7.
Oder ein größeres AF-Feld. Vom teilweise empfohlenen S-AF+MF halte ich nichts. Dann lieber gleich MF.
C-AF? Klar. Zumindest mit den mFTs. Bei den FTs ist sowieso immer Phasen-AF am Start.
Aber wie immer: es gibt kein Patentrezept und der Profi checkt die Einstellungen seiner Kamera sowieso vorher. Kann sein, dass das Licht beim nächsten Brautwalzer völlig anders ist, das Brautkleid fies glitzert oder der Dorf-DJ bei Feuerwehr die Nebelmaschine ausgeliehen hat.
Das Problem „langsamer“ S-AF bei kontrastlosen Motiven und miesem Licht bei der OM-1 ist also eher akademisch.
liegt also doch nicht (nur) an der Kamera. Das Glas vorne dran spielt eine nicht zu unterschätzende Rolle.
Mit 35-100 f2 oder 14-35 f2 habe ich bisher keinen Grund ein Fass aufzumachen.
Aha, “akademisch“ betrachtet ist es dann Werbetechnisch wohl gar kein Nachteil, dass ich immer noch mit der E-M1 Mk II unterwegs bin… ;-).
Danke für diese Erkenntnis!
LG, Saint-Ex
Natürlich nicht “werbetechnisch“, sondern “AF-technisch“… Autokorrektur halt …
In der Tat spielt auch das Glas eine große Rolle: Bei schlechtem Licht funktioniert der S-AF der E-M1 II mit dem 4,9/12-100 noch schnell und sicher, während das FT 2,8-3,5/50-200 SWD sich bei manchen Strukturen sehr schwer tut, überhaupt noch den Fokus zu finden.
Hallo,
hm. Bei dem 50-200 SWD wundert mich das. Das wird als reines FT-Objektiv ohne CDAF-Fähigkeiten immer mit PDAF angesteuert und nur bei kleinem AF-Feld wird mit Kontrast-AF nachgesteuert. (Kann man in den Makernotes nachverfolgen. Wird die AF-Gitter-Position ausgespuckt, war final der PDAF aktiv); hat nichts mit dem AF-Rahmen zu tun, der (fast) immer in Prozent die Position angibt(Egal welcher AF-Typ verwendet wird). Vielleicht mal kleines AF-Feld abschalten.
Beim 70-300 f/4-5,6, das CDAF-fähig ist, ist das anders. Hier wird für S-AF (OM-D EM1 II), egal ob großes oder kleines AF-Feld immer CDAF verwendet, was bei wenig Licht zu einem sinnlosen hin und hergefahre wird, ohne den Fokus zu finden. Beim C-AF wird der PDAF (Phasendetektion) verwendet und kann relativ schnell und sicher zubeißen. Allerdings nicht ganz so sicher, wie die alte E-620, die bei S-AF(kleines Feld) mit PDAF sofort den Fokus findet.
Schönen Gruß
Werner
Moin!
Ich hatte mir das auch mal genauer angeschaut, weil ich auch ich in gerne mit S-AF und kleinstem Fokusfeld arbeite und immer wieder mal in Situationen gerade wo die OM-1 sich deutlich zickiger verhält als meine E-M5.3.
Ich kann *nicht* nachvollziehen, dass das allein daran liegt, dass die PDAF-Sensoren der E-M5.3 größer sind als die Fokusfelder suggerieren. Auch wenn man auf größere dunklere Flächen zielt, die zwar keine harten Kontrastkanten bieten aber immer noch ausreichend feine Strukturen findet die E-M5.3 deutlich öfter etwas woran sie sich festbeißen kann.
Besonders gut lässt sich das langsame Fokussieren (und auch die falschen Fokusbestätigungen) der OM-1 mit einem Bildausschnitt reproduzieren in dem der Großteil des Bildes ausreichend oder sogar überbelichtet ist, aber man mit dem kleinen Fokusfeld auf einen dunklen Bildbereich zielt. Also ganz ähnlich wie das Beispiel was du hier gezeigt hast.
Was ich interessant fand: wieviel Licht tatsächlich auf das dunkle anvisierte Motiv fällt ist dabei gar nicht der ausschlaggebende Faktor. Viel wichtiger ist, wie hell der anvisierte Ausschnitt im Liveview zu sehen ist: Schraubt man die Beleuchtungskorrektur z.B. auf +2EV findet die OM-1 dann plötzlich wieder ausreichend Kontraste in den nun nicht mehr ganz so dunklen Bildbereichen um schnell zu fokussieren zu können.
Noch kurioser: auch eine Belichtungskorrektur nach unten verbessert manchmal das Verhalten des S-AF. Wenn die anvisierten Strukturen im Liveview praktisch pechschwarz sind, schaltet die OM-1 (wie auch die E-M5.3) in einen anderen Modus. Dann wird während des Fokussierens das Bild im Live-View deutlich aufgehellt um den Fokus zu unterstützen.
Darüber hinaus hört man bei der OM-1 auch manchmal bei dunklen Motiven ein hörbares Rauschen, das ganz ähnlich klingt wie wenn der IBIS besonders hart arbeitet. Es ist nicht eindeutig nachvollziehbar unter Umständen genau das triggert, aber immer wenn das passiert gibt es auch deutlich weniger Probleme mit langsamen oder falschen Fokussierungen.
Die OM-1 hat also einige Tricks parat, die den S-AF bei dunklen Motiven unterstützen. Aber es scheint mir, dass es nicht sinnvoll abgestimmt ist, wann diese Mechanismen greifen. Vor allem wenn der Bildausschnitt viele helle Bereiche hat, aber das mit kleinem Fokusfeld anvisierte Ziel in den Schatten liegt, funktioniert der S-AF nicht so zuverlässig wie mit der E-M5.3.
@Reinhard: kannst du das Zusammenspiel von Belichtungskorrektur und Fokusverhalten nachvollziehen und ggf. erläutern? Und weißt du was es mit diesem Rauschen auf sich hat, was manchmal bei dunklen Motiven während des Fokussierens zu hören ist? In deinem Buch habe ich auf die Schnelle zu beiden Themen nichts gefunden
Die OM-1 hat an einem Punkt eine völlig andere Logik als die Vorgängerkameras: Sie hat keine LV-Erweiterung. Entweder man hat die normale Belichtungsvorschau, oder den S-OVF – oder den Night-LV. Man denkt, dass das doch ein völlig anderes Thema ist – nein. Das Einschalten des S-OVF ändert die Belichtungszeit des Sensors für den LiveView. Und der AF ist darauf angewiesen, dass das anvisierte Element auch korrekt belichtet ist – sonst tun sich die AF-Pixel auf dem Sensor hart. That’s all. Ich habe bei der OM-1 den S-OVF auf der Live-View-Taste und schalte ihn einfach ein, wenn ich schon weiß, wie ich belichten will und einfach nur nen schnellen AF haben will. Gerade im Studio ist ohne S-OVF bei der OM-1 kein Blumentopf zu gewinnen.
Denn der AF arbeitet NICHT mit dem RAW oder dem endgültigen JPG sondern mit der Belichtung, die die LiveVorschau liefert.
Danke für die Erläuterungen und den Hinweis auf den S-OVF. Ich muss mal ausprobieren ob es mit in der Praxis auch etwas hilft.
Umständlich fände ich es schon, wenn man nur zum exakten Fokussieren auf dunkle Bildbereiche manuell umstellen muss. Denn die Kamera zeigt ja (bei sehr dunklen Motiven / Belichtungseinstellungen), dass sie im Prinzip eine Automatik hat, die genau das während des Fokusvorgangs temporär macht. Leider greift dieser Mechanismus nicht immer dann wenn es sinnvoll wäre. Ich würde gern hoffen, dass das in einem Firmwareupdate noch nachjustiert wird, anderseits ist jetzt schon ein Jahr vergangen und das Problem ist ja nicht neu, nur jetzt wieder aufgekocht worden.