Fotografie ist Handwerk. Und Kunst. Es gibt Künstler. Und Handwerker. Und Künstler, die auch Handwerker sind. Und umgekehrt. Und Fotografen die weder das Eine noch das Andere sind. (Das obige Bild ist vielleicht Kunst, vielleicht Handwerk. Es haben auf jeden Fall ein halbes Dutzend Leute dran rumgewerkelt um mal zu zeigen, was man mit “Darken Composite” anstellen kann.)
Über Kunst und Handwerk kann man streiten. Und damit man das nicht mehr vor Gericht muss, gibt’s eine simple Unterscheidung: Der Künstler macht Kunst, und versucht das dann hinterher zu verticken. Das ist ein sogenannter “freier Beruf”. Der Handwerker bietet an “Ich knips Dich für trölf Euro”. Er bietet damit eine handwerkliche Dienstleistung an.
Wenn der Fotograf eine solche Dienstleistung anbietet, muss er in seiner zuständigen Handwerkskammer Mitglied sein. Gesetzlich vorgeschrieben. Da gibt’s kein Drumrum, auch wenn er sich “Fotodesigner” oder so nennt. HWK ist Pflicht. Eine Ausnahme gibt’s unter Umständen für Betriebe, deren Hauptzweck nicht die fotografische Dienstleistung ist, sondern beispielsweise Fotohandel. Die sind dann in der IHK – Industrie- und Handelskammer. Befreiung von der Kammerpflicht gibt’s nur für “freie Berufe”. Künstler halt. Die dürfen zwar auch Auftragsarbeiten machen, aber für diese nicht so ohne weiteres werben. “Ich male für Sie vier laufende Meter Fresko, acht Meter mit 30% Sommerrabatt” – kein Künstler, Anstreicher. Handwerk.
Man könnte meinen, das wäre nun eine Angelegenheit zwischen dem Fotografen und der Handwerkskammer – die natürlich ein Interesse daran hat, Kammerbeiträge zu kassieren – von denen man sich übrigens unter Umständen befreien lassen kann.
In Zeiten des Internets ist das aber nicht mehr der Fall. Die Kammerzugehörigkeit ist nämlich eine Pflichtangabe des Impressums. Unterlässt man die Angabe der zuständigen Kammer, so ist das als Wettbewerbsverstoß abmahnfähig. Ganz nebenbei ist die Nichteintragung in die Handwerksrolle auch eine Ordnungswidrigkeit. Ein bisschen Lektüre gibt’s hier. Je nach Umsatz kann das richtig teuer werden.
Aber wenn man gar nicht im Internet wirbt, sondern nur per Handzettel oder Mundpropaganda? Dann wird man nur nicht so leicht erwischt – das Problem ist das Gleiche.
Wenn nun ein Fotograf einen guten Kumpel hat, der Anwalt ist und gerade mit einer Auftragsflaute kämpft, dann kann der Fotograf mal flott die ganze Gegend von Hobbyfotografen leerräumen, die denken, der Besitz einer Kamera wäre alles, was man zum Geldverdienen braucht.
Es kommt bei der Kammerpflicht nicht darauf an, dass man doch nur ein paar Hochzeiten im Jahr macht. Die Aufnahme der Tätigkeit ist erst NACH der Eintragung in die Handwerksrolle zulässig. Selbst wenn man nur auf der Website wirbt und noch keinen einzigen Auftrag an Land gezogen hat, ist man abmahngefährdet und hat eine Ordnungswidrigkeit begangen. Nur dass die halt meistens relativ glimpflich bestraft wird. Teuer wird’s erst, wenn man schon ein paar Tausender verdient hat.
Warum ich da drauf rumreite? Weil es offensichtlich immer noch viele nicht mitbekommen haben. “Ich verdien mir mit ein paar Hochzeiten mein Equipment – ist doch voll Hobby”. Nein. Ist es nicht. Im Zweifel ist es noch Schwarzarbeit und Steuerhinterziehung. Und je enger der Markt ist, desto größer wird die Versuchung der angemeldeten Fotografen, die Steuern, Kammerbeiträge und Berufshaftpflicht zahlen, die Hobbyknipser aus dem Markt zu schubsen. Vor allem weil es ja so simpel ist. Dass es da noch nicht großflächig zu Heulen und Zähneklappern gekommen ist, liegt schlicht daran, dass die Auftragslage noch gut war. Das wird sich aber ändern.
Also: wenn ihr Geld für eure Fotos nehmt, Auftragsarbeiten macht: bringt euren Laden in rechtlicher Hinsicht schnellstens in Ordnung. Sonst gibt’s irgendwann ein böses Erwachen. Und wenn ihr euch nicht selbst schlau machen könnt oder wollt, geht zu einem Fachanwalt und lasst euch von dem beraten.
Und prügelt nicht auf den Überbringer der schlechten Botschaft ein. Ich habe die Vorschriften nicht gemacht.
was viele Leute nicht wissen oder ignorieren: Auch der Auftraggeber macht sich strafbar.
Hier eine Info vom Zoll:
Personen, die der Verpflichtung zur Anzeige vom Beginn des selbstständigen Betriebs eines stehenden Gewerbes nicht nachgekommen sind oder die erforderliche Reisegewerbekarte nicht erworben haben oder ein zulassungspflichtiges Handwerk als stehendes Gewerbe selbstständig betreiben, ohne in die Handwerksrolle eingetragen zu sein, dürfen Sie als Privatperson nicht wissentlich tätig werden lassen.
Die Beauftragung von Schwarzarbeit stellt eine Ordnungswidrigkeit dar und kann mit einem Bußgeld bis zu 50.000 Euro geahndet werden.
Danke, Reinhard, für diese kurze und prägnante Zusammenfassung!
Ich habe zwar noch keinen Euro mit der Knipserei eingenommen, aber das kann ja noch kommen, wer weiß. Da ist es gut zu wissen, worum man sich im Vorfeld kümmern sollte, wenn man – äh – Missverständnisse vermeiden will.
Grüße
Martin
Beim obigen Bild tendiere ich eher zu Handwerk, zumal ein halbes Dutzend Leute zur Herstellung nötig waren. Gefällt mir übrigens sehr gut. Chapeau, die Handwerker!
Ist ja für den Hobbyknipser auch echt nicht einfach.
Wer im Bereich der Hochzeitsfotografie wildert, ist sich hoffentlich bewusst was er tut und er arbeitet ja erkennbar auftragsbezogen. War das Fotografieren z.B. vor Standesämtern nicht mal einem definierten Kreis an Berufsfotografen vorbehalten?
Beim “Künstler” wird das schon schwieriger. besonders wenn er seinen Kram gar nicht aktiv vermarktet. Sondern nur dann verkauft, wenn man ihn regelrecht um seine Werke bekniet.
Viele Hobbyknipser fallen aber vermutlich eher in den Bereich Sammlung/ Archiv. Der Opa hat Special Interest fotografiert z.B. Postbusse in Deutschland, Österreich und Schweiz. Der Enkel hat gefallen daran gefunden und weitergemacht. Durch ein paar Beiträge in Internetforen sind dann Verlage darauf aufmerksam geworden und fragen sporadisch an.
Der Hobbyjournalist, der zum Selbstkostenpreis seine Verkehrsblätter veröffentlicht, bekommt als Hobbykollege natürlich die Bilder gratis überlassen. Der Logistikkonzern, der das Material für seine Unternehmenswerbung anfragt, darf auch gerne mal was für die Bilder entrichten, egal ob das dann in die eigene Ausrüstung oder an einen Verein geht, der ein altes Vehikel wieder aufmöbelt.
Gerade dieses passive Verkaufen aus dem eigenen Archiv heraus kann sich unerwartet positiv entwickeln. Deine Schuhkartonsammlung wird ungewollt zu einem namhaften Archiv. Bei den Finanzen kann der Steuerberater helfen. Ob das dann immer korrekt kategorisiert ist, kann ich nicht beurteilen, jedenfalls kommt man aber seiner Steuerpflicht nach. Ob man hierbei einem Berufsfotografen auf die Füße tritt, ist für mich viel schwieriger zu beurteilen. Auf der einen Seite, wird er vermutlich nicht über das gewünschte Material verfügen, auf der anderen Seite kann man auch nicht ausschließen, dass vom Verlag die Anfrage kommt, doch mal ein Vergleichsfoto zu machen, wie sich ein Bahnhofsvorplatz in den letzten 50 Jahren verändert hat.
Oft steht ja auch der Aufwand zum Einholen der Informationen/ Beratung in keinem Verhältnis zu den Einnahmen des Hobbyisten. Bisher war für mich in diesem Bereich das Thema Steuer entscheidend. Inwieweit hier auch die Handwerkskammer einbezogen werden muss, sollte man vielleicht wirklich nochmal hinterfragen.
Viele Grüße
Frank
Publizisten / Journalisten sind keine Handwerker. Dazu gehört auch ein Fotojournalist. Werde ich von einer Zeitung beauftragt, eine Hochzeit zu fotografieren, weil darüber berichtet werden soll, ist das keine handwerkliche Dienstleistung. Werde ich vom Brautpaar /Brauteltern bla beauftragt, ist es das.
Wenn man Fotos anderer Leute vermarktet, dann wird das wohl eher in den Bereich Handel fallen.
Ob die Einnahmen in einem Verhältnis zu was auch immer stehen, spielt keine Rolle. Es spielt nicht mal eine Rolle, ob man überhaupt Einnahmen hat. Entscheidend ist, dass man im Markt der handwerklichen, fotografischen Dienstleistungen tätig ist.
Nochmal: wenn Unklarheiten bestehen, frag den Fachanwalt.
Hallo Reinhard,
ich würde gern einen Fachanwalt fragen. Nur welches Fach?? Die Anwälte, die ich angefragt habe, konnten/wollten mir nicht weiterhelfen. Auch die HWK wollte mir keine Fragen beantworten und mein Steuerberater hat, glaube ich, nicht verstanden, was ich von ihm wollte…
Die HWK beantwortet Fragen von Handwerkern. Anwälte verlangen für eine Grundberatung auch Geld. Google einfach mal Fachanwalt Existenzgründung. 115 Treffer in Hamburg….
Zwangsmitgliedschaft in der HWK ist vorhanden (halt nichts mit Fotos) und das ein Anwalt für seine Arbeit bezahlt werden will… Davon bin ich ausgegangen. Die, die ich angefragt habe, haben scheinbar genug zu tun.