Warum Support so wichtig ist.

Ich stehe ja seit gut einem Jahr bei der Vertriebsorga des japanischen Curry-Lieferanten auf der schwarzen Liste und bekomme auf Mails keine Antwort mehr. (Stop, das ist gelogen. Von Camera.Repair kriege ich Antwort. Nämlich. “Schicken Sie ihr Equipment ein.” und wenn ich dann antworte, es ginge hier um eine Verständnisfrage oder eine Bugmeldung, nicht um ein defektes Gerät, dann bekomme ich wieder Antwort, nämlich “wir freuen uns, dass sich das Problem erledigt hat und wir schließen hiermit den Fall.”)

Ich überarbeite gerade das E-M5III-Buch, weil ich das Layout zu Version 1.4 verloren habe und dann bei der Gelegenheit gleich das ganze Buch aktualisiere und auf 1.7 upgrade. Und auf das neue doppelseitige Layout umstelle.

Zu den Zeiten, als ich das E-M5III-Buch geschrieben habe, gab es noch Metz. Ich hatte ja zu Metz nen ziemlich guten Draht, obwohl ich regelmäßig die Vertriebler angepflaumt habe, weil sie den Trend zur Funkblitzerei komplett ignoriert haben. Metz hat mit mir zusammengearbeitet um Bugs auf die Spur zu kommen und ich habe im Gegenzug technische Infos bekommen.

Gelegentlich habe ich von Kunden Mails bekommen, dass irgendwas nicht funktioniert. Einmal hat sich jemand beschwert, dass sein Belichtungsmesser anzeigt, dass die ganzen Werte von Metz gelogen seien. Ich habe daraufhin mit Herrn Lämmermann – Mister Metz – telefoniert und der hat mir erklärt, dass das “Problem” bekannt sei. Liegt aber an den Blitzbelichtungsmessern. Die sind für Studioblitze gebaut und kommen mit den extrem kurzen und steilen Impulsen der Systemblitze nicht klar.

Also habe ich das dann nach draußen transportiert. Kunde war zufrieden.

Früher hat das auch mit Olympus funktioniert. Kunde hat Problem, ich kontaktiere Olympus, Olympus klärt das Problem, meldet zurück, ich kommuniziere nach draußen. Win-Win. Kunde fühlt sich ernst genommen und erzählt es weiter. Coole Firma, coole Leute, Daumen hoch.

Supportmitarbeiter in Prag, der gerade mit Kunde am Telefon ein Problem nachvollzieht. Wie man sieht, ein ganz normaler Kunde mit Einsteigerkamera.

Früher gab es – Boah Alter, ohne Witz – einen telefonischen Support für den normalen Kunden. Da gab’s ne Telefonnummer, da konnte man anrufen, da saß ein Mensch, der sogar Deutsch sprach, der hatte das entsprechende Gerät vor der Nase und konnte parallel während des Telefonats das Problem klären. Die hatten einen direkten Draht zur Reparaturabteilung und waren besser über Serienfehler informiert als ich. Ich habe dann mal den Chef der Rep-Abteilung gebeten, mir doch auch diese Infos zugänglich zu machen, weil ich die dann bei entsprechenden Anfragen gleich weitergeben könnte und ich im Gegenzug Infos, die ich bekommen habe, an den Support weitergeben könnte. Dann ist leider Prag aufgelöst worden und es war vorbei.

Eines von zwei Regalen in Prag, in denen alle jemals von Olympus produzierten Kameras, MP3-Player und Recorder standen. Mit geladenen Akkus.

Dadurch, dass es selbst vom “Technischen Experten” nur noch Werbesprüche zu hören gibt – wenn überhaupt – ist das Netz voll von Vermutungen und “Insiderinformationen”. Jeder behauptet im Brustton der Überzeugung was anderes. Der Zuschauer wendet sich mit Grausen – eben weil er nirgends mehr zuverlässige Informationen bekommt. Und den Influencern, die jede neue Kamera bejubeln und von einer Revolution bei ihrer Fotografie reden, denen glaubt man sowieso nichts mehr. Vor allem weil sie ja aufgrund ihrer vertieften Kenntnis ganz sicher wissen, dass ein Firmwareupdate mit dem neuen AF für die alten Kameras nicht geht. Und ein paar Wochen später ist das Firmwareupdate da.

Qualifizierter, ehrlicher, technischer Support für die Anwender darf kein “Nice-to-have” sein. Es muss ein “Must have” sein. Es geht um Vertrauen. Supportversprechen sind einzuhalten. Auch Versprechen für zukünftige Verbesserungen des Produkts. Hintennach “so war das nicht gemeint” – geht gar nicht.

Wenn Produkte ein paar Euro kosten, ist es wurscht, wenn man keinen Support kriegt. Produkt in Müll, anderes kaufen. Niemand lässt einen Toaster für 19 Euro reparieren und niemand erwartet da Support. Bei einem Luxusprodukt, das vier oder gar fünfstellig kostet, muss guter (!) Support selbstverständlich sein.

Ganz neu ist jetzt, dass Geräte schon in der Garantiezeit mangels Ersatzteilen nicht mehr repariert werden. Man biete an, umsonst das Nachfolgemodell zu schicken. Ist ein völlig neuer Grund, eine Garantieverlängerung zu kaufen. Es ist nur die Frage, ob es in ein paar Jahren überhaupt noch Nachfolgemodelle gibt, die man dann umsonst abgreifen kann. Oder es wird auf ein Abomodell umgestellt. Wie bei den Handyverträgen, wo man alle zwei Jahre ein neues Handy bekam…

Wenn ich jetzt noch einen Trick rauskriege, für mein 35-100 f/2 oder meine PEN-F ein Nachfolgemodell zu bekommen…

Dieses Plakat hing über dem Eingang zum Callcenter in Prag. Rechts unten stand: “Mahatma Gandhi, slightly adopted for ECSC Prague” Wahrscheinlich ist dieses Plakat in dem verschwundenen Container mit den Ersatzteilen. Würde einiges erklären.

7 Replies to “Warum Support so wichtig ist.”

  1. Leider kann ich dem nur zustimmen.
    Ich nehme diesen Trend auch bei anderen Firmen/Produkten/Themen wahr.
    Es steht immer mehr das Gefühl oder die Meinung im Vordergrund und die wirklichen Tatsachen stehen im Hintergrund.
    Und: es ist immer mehr nicht erlaubt etwas (auch begründet) zu kritisieren. Alles ist gut!
    Brave new world (Huxley) – wo ist nur meine Pille?

  2. Im Rückblick erklärt sich wohl auch diese Entwicklung durch den drastischen und (bis zu einem neuen Technologiebruch à la Analog-Digital) unumkehrbaren Umsatzrückgang der Branche zwischen 2010 und 2020, getrieben einerseits vom Smartphone, und andererseits von Systemkameras, die für immer mehr Leute schon seit vielen Jahren viel zu gut sind, als dass beim Kauf schon gleich wieder auf ein Nachfolgemodell gehofft würde, das dann noch weitere, erhebliche Unzulänglichkeiten ausbessern würde.

    Schade, dass meine beiden E-M1 II inzwischen aus der Garantie raus sind; einen Umsonst-Tausch gegen eine OM-1 hätte ich auch in meiner fortbestehenden Unentschiedenheit sicherlich noch mitgenommen.

  3. Dienstleistungs- und Serviewüsten erlebt man bei uns leider immer häufiger, nicht nur bei einer japanischen Curryfirma. In den letzten Wochen habe ich viele Erfahrungen auf dem Gebiet Unterhaltungselektronik und Glasfaser gesammelt, bisher gibt es da auch nur Textkonserven und keine Lösung.
    Mich würde mal interessieren, wie der Currylieferant in Regionen agiert, in denen Dienstleistung und Service einen ganz anderen Stellenwert hat, Amerika, Japan, …
    Hat da jemand schon mal Erfahrungen gesammelt?

  4. Einer meiner Gründe vor fast 10 Jahren auf Olympus umzusteigen, war der Service in Deutschland. Dazu kam die Testoption der damaligen 5MII, die mich in der Woche wirklich überzeugt hatte.
    Leider eine Geschichte von gestern…

  5. Vor Olympus war ich bei Pentax – zufällig damals auch in Hamburg mit eigener Service-Abteilung. Irgendwann um 2010 wurde der Service ausgelagert an eine Firma, die ähnlich heißt wie der 3. Monat. Und dann kam Servicewüste. Hatte damals aber noch die Gelegenheit, auf der Photokina mit dem, auch nach der Auslagerung noch angestellten, Servicechef wegen eines Objektivsproblems zu sprechen, das zweimal erfolglos in besagter Firma war. Er sagte, senden Sie es zu mir, und siehe – danach funktionierte es. (Das Pentax 2.8/40-135 hatte einen eingebauten Ultraschall-Motor, der mit Hilfe eines ebenfalls im Objektiv eingebauten Akkus bei Laune gehalten wurde. Wenn man das Objektiv länger nicht benutzt hat, musste der erst geladen werden, damit der AF funktioniert. Und das ging bei meinem Exemplar nicht, trat halt nur auf, wenn man das Objektiv länger nicht nutzte – was im Service nicht auftrat).
    Kurze Zeit darauf verließ Herr P. allerdings Pentax – und ich war bei Olympus.

  6. Nachfolgemodell als Ersatz
    Kürzlich war für den Folgetag eine dringende Operation angesetzt, der Narkosearzt benötigte den letzten Facharztbefund. Also sofort eine Mail gesendet.
    Das medizinische Versorgungszentrum nutzt “zur Vermeidung von Wartezeiten” einen Sprachcomputer, der nur wenige Kategorien kennt und legt auf bei unpassenden Antworten. Die Mitteilungsnotiz bei Termin wurde an dem Tag nicht beantwortet, ein Fax des Hausarztes ebenfalls nicht.
    Den Weg dorthin noch kurz vor der OP zurückgelegt und in der Praxis den Ausdruck geholt. Stellungnahme zu der Unerreichbarkeit im Notfall:
    Dafür müsse man Verständnis haben, die ca 100 Mitteilungen vom Vortag seien noch nicht abgearbeitet.

    Erhält man im “Schadensfall” als Hinterbliebener ein Partnerschaftsupdate?

  7. Da muss ich aber nochmal den Finger in die Wunde legen! So ganz frei von jeder Schuld sind wir an dieser Situation nicht.

    Es war so toll alles unter Umgehung der Händler selbst zu erledigen. Wir verpacken unser Equipment im Wert von mehreren tausend Euro selbst und werfen es in die Post, wenn Reparatur oder Wartung notwendig sind. Es ist doch prima als einfacher Knipser so das Gefühl zu haben, in direktem Kontakt mit dem Hersteller zu stehen und wenn man sich dann über den Vorgang auch noch in Foren austauschen und seine Erfahrungen, Tipps und Tricks zum Besten geben kann… Jau, das Selbstkassieren beim Discounter ist auch total sexy.

    Wenn ich dann noch mit dem Direktkauf ab Hersteller – Service vom Händler ist ja kein Thema mehr – dem stationären Handel einen Tritt in in den Allerwertesten verpasse, ist das eine ganze Weile erstmal richtig prima. Es gibt Reparaturzertifikate mit persönlicher Unterschrift, Putztüchlein und satte Rabatte, so lassen sich auch noch die verbliebenen Händler in die Knie zwingen.

    Irgendwann fällt Dir dann auf, dass es keine Messen mehr braucht, Dein Hersteller nur noch hemdsärmelig zu Produktvorstellungen bei wenigen auserwählten Händlern erscheint. Stammtisch im Werksforum? – kannst jetzt an Online-Meetings teilnehmen, dann ist klar wer reinkommt und wer nicht. Also besser keine unbequemen Fragen stellen. Benefit wie Check&Clean oder Test&Wow? Sind nur noch ein Schatten ihrer selbst.

    Momentan sehe ich keinen Weg zurück. Man kann nur Versuchen seine Lehren daraus zu ziehen und dies in anderen Bereichen zu vermeiden – ja ist Wunschdenken. Wir wurden damit geködert, ganz nahe am Geschehen zu sein, mitzuspielen, Einfluss nehmen zu können. Das ist genauso naiv wie die von uns stets verlachten Typen mit den dicken Gehäusen, welche auf Pro machen. Aber mal im Ernst, auch die wollen nicht von ihrer Knipserei leben müssen, ziehen ihre geregelten Arbeitszeiten und monatlichen Gehaltsüberweisungen dem Leben als Freiberufler vor.

    Händler haben für uns die Lobbyarbeit gemacht, unsere Interessen vertreten. Das Mandat dazu haben wir ihnen entzogen. Das was die wenigen seriösen Fach-Journalisten jetzt zu spüren bekommen, ist eigentlich der Zerfall der Community in der sie sich halbwegs sicher bewegen konnten. Es gibt nicht mehr den typischen Kunden, der Hersteller kann nun Nasenpolitik betreiben. Biste brav, bekommste was – alle anderen verhungern am ausgestreckten Arm.

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