Gastbeitrag: Die Tough aus Mexiko

Vorbemerkung: In einem Kommentar zu einem Beitrag, wo es – auch – um die Tough ging, die ich seinerzeit mit der Ente geschrottet habe, hat Helge eine Tough erwähnt, die er mal in Mexiko unter Wasser gefunden und anschließend nach Hamburg geschickt hat, vielleicht dass man da irgendwas draus machen kann.

von Helge Süss

Hier ist der Ausschnitt aus einem der Fotos aus der Tough. Er zeigt die Besitzer auf ihrem Ausflug zum Puente de Dios in San Lius Potosi.

Die beiden hatten am 26.8.2011 einen Ausflug zu diesem sehr beliebten Platz gemacht. Der Fluss rinnt dort über mehrere Wasserfälle in ein Becken, das man von weiter unten nur durch eine Höhle erreicht. Je nach Wasserstand ist diese Höhle mehr oder weniger gefüllt.

Bei guten Bedingungen kann man durch die Höhle schwimmen. Ein Seitengang führt in eine kleine Nebenhöhle. Die beiden haben Fotos am Wasser gemacht, waren dann schwimmen und sind in das
Becken (Fotos, Videos). Auf dem Rückweg haben sie in der Nebenhöhle Fotos gemacht. Dabei ist ihnen die Kamera ins Wasser gefallen und auf 10m Tiefe gesunken. Das war für die beiden, nur mit Schwimmbrillen ausgestattet, unerreichbar. Zumal war es in der Höhle dunkel und es herrschte leichte
Strömung.

Ziemlich exakt 2 Monate später, war ich mit meinem Bruder in diesem Becken zum Tauchen. Auf dem Heimweg durch die Höhle fiel Reinhold das Gorillapod auf, das an der Tough befestigt war und in 10m Tiefe aus dem Schotter ragte. Die daran hängende Tough kam erst nach etwas Graben zum Vorschein.

Zurück im Quartier habe ich die Sedimentschicht entfernt, die sich besonders auf Chromteilen
abgelagert hat.


Nach etwas Schaben mit dem Schweizermesser konnte ich das Akkufach öffnen.
Es war innen trocken, aber keine Speicherkarte in der Kamera. Der Akku war natürlich total leer.

Mangels Kabel mussten wir bis zu unserer Heimreise warten, um endlich die Funktion der Kamera zu prüfen und Bilder auszulesen.
Die Bilder zeigen sehr schön den Tagesablauf eines jungen Paares, das einen Ausflug gemacht hat. Test der Stoßfestigkeit am Morgen, dann Spaziergang zum Fluss, Selfies, baden, Videos vom Wasserfall und schließlich Selfies in der kleinen Höhle.

Da war die Kamera wohl auf einem der schmalen Grate aufgestellt und ist ins Wasser gerutscht. Kann auch sein, dass sie beim Weiterschwimmen verloren wurde. Gefunden haben wir sie in der Nähe des
letzten Fotos.
Weil damals gerade das Härtefilmfestival aktuell war, habe ich die Tough mit Beschreibung nach Hamburg geschickt, wo sie in der Presseabteilung versandet ist.

Nachbemerkung von Reinhard:

Das Timing war denkbar ungünstig, weil genau zu diesem Zeitpunkt der Bilanzskandal von Woodford hochgekocht wurde und sich die Presse mit den wüstesten Schlagzeilen gegenseitig zu überbieten versuchte. Tokio war auch überfahren und wusste nicht, was los war und Hamburg ging in Deckung. Das bedeutete aber nicht, dass dort alle die Füße auf den Tisch gelegt haben und erstmal ne HB geraucht haben. Ich habe mehrmals am Tag Mails aus Hamburg mit Artikeln aus der Presse bekommen, die ich dann nachrecherchiert und zurückgemailt habe, an was was dran ist – und an was eben nicht. Nebenher war ich buchstäblich Tag und Nacht in zwei Foren und auf pen-and-tell unterwegs um die wildesten Gerüchte einzufangen. Da hatte in Hamburg keiner Kopf für die Tough von Helge. Alle hatten Angst, irgendwas zu sagen, was ihnen Kopf und Kragen kosten konnte. (Ich durfte mal wieder Kopf und Kragen hinhalten…)

Nerds werden sich fragen, was das für ne seltsame Kamera ist. Eine blaue “Stylus Tough” mit 10m Waterproof gab es so in Europa nicht. In Europa war das die “mju Tough 8010“, auf den Markt gekommen 2010, und nur in schwarz und silber erhältlich. In den USA und Kanada gab’s die aber eben auch in Blau – und da hieß sie Stylus.

Und ja, obwohl keine Speicherkarte drin war, waren Fotos und Videos drauf. Wie geht das? Die hatte damals 2GB Speicher eingebaut. Jo. Das war damals noch möglich. HighTech. Und 14MP-Sensor.

10 Replies to “Gastbeitrag: Die Tough aus Mexiko”

  1. Bei so einem Vorfall hatte man eine ideale Vorlage für Werbung
    der Tough-Kameras. Eine bessere Werbung würde man nicht kriegen.

    Ja, der Bilanzskandal von Woodford. ABER: Eine international tätige
    Firma muss für solche Fälle genügend Personalreserven haben,
    um parallel weiterhin Werbung machen zu können. Außerdem:
    Der Bilanzskandal von Woodford ging irgendwann zu Ende. Hat
    man danach daran gedacht, diesen Vorfall für Werbung zu nutzen?
    Nein. Riesige Chance verpasst.

    In der Werbewelt der Wirtschaft wird viel versprochen, tlws.
    ohne die Versprechen einzuhalten. In diesem Fall wurden die
    Versprechen durch die Realität eingehalten. So einen Beweis
    kann man mit Gold aufwiegen.

  2. Eine Frage drängt sich geradezu auf: hat das junge Paar die Kamera und die Fotos zurück bekommen?
    In der guten alten Zeit (es muss so um 1970 gewesen sein) erhielt meine Mutter mal einen netten Brief vom AGFA-Suchdienst: Darin befand sich mit einem netten Anschreiben ein Foto ihres VW-Käfers. Man wollte gerne wissen, wann und wo dieses Bild entstanden sein könnte und ob sie eventuell wüsste, wer es aufgenommen hatte. Viel Aufwand, um einen Film, der beim Entwickeln von seinem Besitzer getrennt wurde, irgendwie zuzuordnen.

    1. Ging mir genauso. 1983 ging der Adresszettel meines Agfa-Diafilms verloren. Anhand des Kennzeichens meines VW-Polo auf einem Bild wurde ich als Halter angeschrieben, ob der Film ev. mir gehört. Der verlorene Film war wieder aufgefunden. Heute wohl unvorstellbar, dieser Aufwand.

  3. Meine Idee wäre es gewesen, die beiden auszuforschen und ihnen eine neue Tough zu spendieren, gegen Freigabe der Geschichte.
    Das hätte sich sicher gut gemacht.
    Die Realität ist einfach besser als jedes unbelegte Versprechen.

  4. an diese Geschichte, die hier nochmal ausführlich dargestellt wird, kann ich mich erinnern.
    Interessant zu Lesen und ein Hinweis auf die gute Qualität von Olympus.
    Ein Reisebericht der etwas anderen Art.

  5. Perfekte Story, perfekte Dramaturgie, auch ohne Toten und ohne Sex. Einfach eine Geschichte, die nur das Leben schreibt und nur dokumentierbar ist, wenn man selber dabei war.
    Marketingmäßig ein aufgelegter Elfer, falls irgendjemand in der Bude kapiert hätte, was Authentizität in der Werbung bdeutet.

    1. Ich hab die Fotos auf der Kamera gesehen. Ich stimme dir bei der perfekten Story und den abwesenden Toten vollinhaltlich zu 😉

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