
Gerade ist ja der Excire-Wettbewerb ausgelaufen, über die Ergebnisse der “KI-Jury” kann man streiten, lachen oder weinen, worüber man nicht streiten kann sind die Teilnehmebedingungen. Die Rechte zu den geschätzt 2000 Bildern, die da hochgeladen wurden, gehören jetzt alle Excire, die Rechte zu den Top20 kann man sich nicht mal mehr zurückholen. Ich bin ja gottseidank Persona Non Grata bei Excire, deshalb wurden alle meine Bilder immer flott entfernt, sie haben sogar versucht, mich zu sperren. Und das einzige Bild, das ich über einen völlig anderen Mailaccount eingestellt hatte, und das hartnäckig unter den Top20 blieb, da habe ich vorsorglich einen anderen Namen in die Copyrights des RAWs eingebaut, so dass ich ihnen zum Schluß schreiben konnte, dass es sich hier um einen Copyrightverstoß handelt. Zack. Wech war es.
Excire hat nun 20 massentaugliche Bilder, die sie nach Belieben für Werbung international verwenden können – und das für insgesamt 7.000 Euro. Und noch 2000 Bilder, die sie auch verwenden können, bis der Fotograf Widerspruch anmeldet. Macht Dreifuffzich pro Bild. Und 1997 Fotografen kriegen keinen Cent dafür, dass ihre Bilder verwendet werden.
Knüller.
Excire ist aber keineswegs allein auf die Idee gekommen. Schiesser macht es gerade genauso. Erster Platz 3000 Euro, Zweiter 2000 Euro, Dritter 1000 Euro. Aber immerhin: alle anderen Teilnehmer kriegen ein Tanktop. Damen in Größe 36, Herren in Größe 50. Dafür dürfen nur Profis mitmachen, die ihre Profieigenschaft auch nachweisen können. Alle Fotos gehören anschließend Schiesser.
Da will man doch unbedingt teilnehmen. (Die Tanktops sind entsprechend ausgewählt, dass sie nur halbverhungerten Fotografen passen…)
Beim “Franzosen”, meinem Entenersatzteillieferanten, habe ich dreimal mit Fotos teilgenommen – die machen jedes Jahr einen Kalender mit Kundenfotos. Da habe ich es zweimal reingeschafft. Man bekommt einen Kalender und nen Gutschein über 100 Euro für Ersatzteile. Und man gibt die Rechte für genau einen Zweck ab: Den Kalender. Das fand ich dann ganz OK.
Auch bei OMDS ist das hochladen von Fotos in deren “OMSystem-Community” ein unkalkulierbares Risiko, denn man gibt auch hier die Rechte ab.
Ich habe selbst schon Fotowettbewerbe juriert und ich halte weder von den Hobbywettbewerben etwas, noch von den Wettbewerben, bei denen es was zu gewinnen gibt. (Außer eben genau so ein Wettbewerb für einen Community-Kalender). Ich habe vor fast zehn Jahren einen Fotowettbewerb gestartet, um vier junge Fotografen für meinen ersten Kurs in Rocksdorf zu bekommen. Die Fotos, die ich da bekommen habe, waren…. naja. Hätte ich sie abgelehnt, hätte ich einen absolut genialen Kurs nicht gehabt und einer der Fotografen hätte nie eine dermaßen phantastische Entwicklung gemacht.
Gute, ehrliche Bildkritik ist wichtig und richtig. Aber aufwendig kategorisieren in “der ist besser als der” oder gar “Fotomeisterschaften” – das ist Unfug.
In der Jury ist es so, dem einen gefällt das eine Bild besser, dem anderen, das Andere. Jeder vergibt Punkte und am Ende gewinnt der Massengeschmack. Kommt einer daher und findet ein Bild besonders schlecht oder besonders gut, dann muss er sich auch noch rechtfertigen.
Und – um wieder auf die “kommerziellen Fotowettbewerbe” zurückzukommen – da gewinnt natürlich das Bild, das der Marketeer am besten für seine Kampagne nutzen kann. Es geht nicht um absolute Qualität, die sowieso nicht gemessen werden kann, sondern darum, wer ist dumm genug, seine Arbeit für das letzte Hemd oder ganz umsonst abzugeben.
Das Titelbild? Das landete in einem Kalender vom “Franzosen”. Beim Excire-Wettbewerb wäre es mit einer Ästhetik-Beurteilung von 50,48 vermutlich irgendwo bei den letzten 20 gelandet.
Hallo Reinhard, ich bin seit längerem in dieser Wettbewerbsszene tätig und es gibt durchaus sehr unterschiedliche Jury-Vorgehensweisen:
Ich bin voll bei Dir undauch ein Gegner der einstimmingen Ergebnisse. Dann gewinnt wirklich oft der beste Kompromiss was sehr häufig in alten Standardfotos endet…
Es gibt aber auch Jurys wo jeder Juror einzeln zählt. Wenn also ein Juror ein Bild gnadenlos gut findet, kann er das abild bis zu einer Medaille bringen. Auch wenn die anderen Juroren gar nicht dieser Meinung sind.
Erzeugt eine große Vielfalt und am Ende gibt es auch oft sehr außergewöhnliche Bilder.
Schau doch mal beim GIP (GermanPhotoCup)rein, würde mich auch interessieren was andere davon halten.
Man vergleiche die Ästhetik, die im “GermanPhotoCup” gefördert wird, z.B. mal mit dieser https://www.dgph.de/preise/steinert …
Danke für den Link.
Klaus Tiedge hat in einer Rede in Zingst einmal gefordert “Macht berührende Bilder”. Ich habe mich beim German Photo Cup durch die ersten 100 Awards gekämpft und keine berührenden Bilder gefunden. Viel Photoshop, aber keine Seele.
Die Fotos beim Otto Steinert Preis – da ist man nach zehn Fotos schon emotional abgefüllt. Großartige Fotografie.
Wie, „persona non grata“, bei Excire auch?
Wie machst Du das nur …
Hast Du bezügl. deines Asset-Managements auch mal über eine Lösung wie Digikam nachgedacht oder evtl. sogar schon getestet (und womöglich aussortiert)? Auch dort hält die KI Einzug und Bilder können entsprechend getagged werden.
Viele Grüße
Reinhold
Die Fotos beim Otto Steinert Preis finde ich klasse!
Ich bewundere ja Fotografen, die Menschen gut ablichten können. Bei mir klemmt es immer daran, dass ich mich davor scheue, so tief in die Intimsphäre fremder Menschen einzutauchen oder, um ein anderes Verb zu verwenden, einzudringen. Muss man können, behutsam und respektvoll.
Da ich Angst davor habe, dass das Ergebnis im Nachhinein nicht das „Eintauchen“ rechtfertigt, halte ich mich an Pilze, Pflanzen, Vögel und Landschaft…
Hallo Matthias,
das hast du wunderbar geschrieben; brutal ehrlich, genau auf den Punkt. So geht es wohl einigen von uns.
Allein – Menschen können sich oft wehren gegen die Verletzung ihrer Privatsphäre und Fluchtdistanz;
Pilze, Pflanzen und Tiere nicht.
Wir müssen aufpassen, dass wir Respekt vor allen Lebensformen nicht versachlichen in rein biologische oder eben anthropische Kategorien.
gut ergänzt. Danke!
Beim “Henri Cartier-Bresson Creation Award” ist der Gewinn etwas größer:
https://fotowettbewerbeliste.de/henri-cartier-bresson-creation-award-2025/
Da sind die Anforderungen aber auch höher. Ich bräuchte auf die Schnelle einen Kurator oder einen Verleger oder Galeristen, der mir ein Empfehlungssschreiben (2000 Zeichen) macht. Ich arbeite seit Jahren an einem aufwendigen Projekt und würde das gerne einreichen – aber ohne Empfehlung wird die Bewerbung gar nicht angenommen….
Außerdem gehst Du mit dem “Gewinn” ja nicht nach Hause – Du musst das Projekt durchziehen. Und wenn ich das in meinem Fall durchkalkuliere – da geh ich hintennach mit Null raus.
Dummenfang? Ja. und das ist nicht nur eine Peinlichkeit für die Teilnehmer, sondern auch für die Ausrichter.