Politik und Kameras

Ich denke, es ist längst bei allen angekommen: In Polen darf man jetzt an 25.000 Orten nicht mehr fotografieren. Und die Polizei kann mal einfach Deine Sachen durchsuchen, ob Du nicht vielleicht doch…

Wenn man sich dann überlegt, dass man mit einer Kamera Motive im Umkreis von 2 Kilometern ablichten kann, mal 25.000 sind das rund 300.000 Quadratkilometer. Polen hat eine Fläche von 322.575 Quadratkilometern. Es wäre also sehr praktisch, wenn es eine kurze Liste gäbe, wo man noch fotografieren darf. Also nach Polen nur ohne Handy und Kamera fahren. Also gar nicht.

Inwiefern so ein Fotografieverbot im Zeitalter von Kontaktlinsen, die FHD in die Hosentasche streamen können, Satelliten und Dashcams überhaupt irgendetwas bewirkt, außer eben den Normalbürger unter Generalverdacht zu stellen, haben sich schon mehr gefragt. Da man mal nicht davon ausgehen kann, dass die zuständigen Politiker die letzten 20 Jahre technische Entwicklung komplett verschlafen haben, ist anzunehmen, dass es genau darum geht: Kriminalisierung von allen und jedem. Wenn man im Zweifel bei jedem Beweise finden kann, dass er für eine fremde Macht spioniert, kann man absolut jeden wegsperren.

Die andere politische Meldung:

Der CIPA ist aufgefallen, dass Trump Zölle auf japanische Produkte in Höhe von 24% erheben will / erhebt / erhoben hat / erheben wollte (nichtzutreffendes je nach tagesaktueller Situation bitte streichen). Da die USA für die japanische Kameraindustrie immerhin 24,5% des Marktes ausmacht, hyperventiliert nun die CIPA. Nun ist die Sache aber die, dass eine OM-3 in Japan für 1500 Euro inkl Steuer zu kriegen ist, in den USA aber 2000 Dollar kostet – zuzüglich VAT. Die Japaner kalkulieren ihre Produktpreise also schon jetzt eher nicht nach den Kosten, sondern nach dem maximalen Profit, der aus dem Kunden rauszuholen ist. Kapitalismus halt. Wenn nun die OM-3 in den USA nicht 2000 Dollar, sondern 2480,- kostet – wen juckt’s. Wer für diese Kamera 2000 Dollar übrig hat, der hat auch 2480 Dollar. Und natürlich werden die Einfuhrzölle ja nicht auf den Endkunden-VK erhoben, sondern auf den Preis, den die japanischen Herstellern ihren amerikanischen Töchtern in Rechnung stellen. Wir wissen, dass OMDS da mit bis zu 35% Rohertrag kalkuliert, dazu noch die Händlerspanne. Die OM-3 geht also vermutlich für knapp 1000 Dollar in die USA. Damit würde die Kamera nicht 2480,- im VK kosten, sondern 2240,- Eine Preiserhöhung um 10%. Das reicht gerade bis zum ersten Cashback.

Weltuntergang.

Entsprechend kucken die Japaner jetzt nach China, das 29% der japanischen Systemkameras abnimmt. Es ist nur die Frage, ob die Japaner in China noch Kameras absetzen, wenn die Chinesen jetzt selber auf die Kacke hauen. Im Endeffekt kann es passieren, dass die verpennte Innovation der japanischen Kameraindustrie weit mehr zusetzen wird als die trumpschen Zölle. Die Chinesen können mittlerweile Objektive in höchster Qualität bauen – wir hatten hier im Blog schon Beispiele dafür. Die DJI-Drohnen sind konkurrenzlos.

Im nächsten Jahr wird es so oder so zu einem Hauen und Stechen auf dem Kameramarkt kommen. Was das mit den Preisen in der Eurozone macht? Keine Ahnung. Es kann sein, dass es zu einem brutalen Preiskampf kommt – aber es ist die Frage, wer es sich leisten kann, die Cashcow Europa zu verlieren. Es kann auch sein, dass die Japaner versuchen, ihre Preise in Europa hochzuhalten weil sie glauben, ihre Marktstellung ist ausreichend stabil, so dass sie die chinesische Konkurrenz aussitzen können.

Man wird sehen.

Titelbild: Mülleimer in Bunzlau, Polen. Ich nehme nicht an, dass das strategische Infrastruktur ist, aber wer weiß…

27 Replies to “Politik und Kameras”

  1. Bin gerade auf Testvideos der neuen Insta360 X5 gestoßen und ziemlich beeindruckt, was man mit den Dingern machen kann. Obwohl ich von der Marke schon gehört hatte, ging der Trend völlig an mir vorbei. Auch ein chinesisches Unternehmen. In der Kamera stecken Gimmicks, bei denen ich mich frage, was die erst in “richtigen Kameras” möglich machen könnten. Schade, dass OMS nicht mehr zu Olympus gehört.

  2. 25.000 Orte? Nein, 25.000 einzelne Gebäude und Bauwerke von nationalem Sicherheitsinteresse. Jedes dieser “verbotenen” Bauwerke ist ausdrücklich vor Ort gekennzeichnet. Diese neue Verordnung schränkt das Fotografieren an touristischen Orten praktisch nicht ein, sofern sich nicht eine Einrichtung darunter befindet, die von nationaler Sicherheit ist. Verboten sind relevante Brücken, Militäreinrichtungen, Stromerzeuger und sonstige wichtige Infrastruktur, ganz sicher aber nicht Orte wie der Marktplatz von Warschau oder Danzig, keine Kirchen, keine historischen Gebäude, alles weiterhin erlaubt. Die hier aufgemachte “Rechnung” hinscichtlich der Quadratkilometer-Anzahl ist Unsinn und entbehrt jedweder Grundlage.

    1. “ist Unsinn”….. Leider sind die 25.000 “Gebäude und Bauwerke” eben noch lange nicht gekennzeichnet. Sie sollen mal mit Schildern alle 50 Meter gekennzeichnet werden. Sollen. Sind sie noch lange nicht. Ein Journalist schilderte die Situation, dass sie zur Einweihung einer Brücke geladen wurden, aber dann diese Brücke nicht fotografieren durften, obwohl nirgends Schilder standen. Brücken sieht man ziemlich weit. Und zwar deutlich weiter, als so ein Schild. Und es sind durchaus auch öffentliche Gebäude betroffen. Verwaltungsgebäude und dergleichen. Und, falls Du es nicht verstanden hast, es geht vor allem darum, dass die staatlichen Organe Deine Datenspeicher durchsuchen dürfen – denn Du könntest ja was fotografiert haben. Klar, wenn Dir das wurscht ist… (und – meinst Du, irgendein Polizist hat eine komplette Liste aller 25.000 Gebäude und Einrichtungen dabei mit Ansichten aus allen denkbaren Winkeln? Wenn Du Pech hast, lassen Sie eine KI über Deine Bilder drüberlaufen.)
      “Zu den betroffenen Objekten zählen militärische Anlagen, Brücken und Tunnel sowie Eisenbahnen und Züge. Auch Flughäfen, Häfen, Postämter und Energie-Anlagen fallen unter die Regelung. Regierungsgebäude, einschließlich der Gebäude der polnischen Nationalbank, sind ebenfalls Teil des Verbots. Selbst bewegliche Objekte wie Züge können betroffen sein”. In manchen Veröffentlichungen wird behauptet, solange kein Schild stehen würde, würde das Verbot nicht gelten. Es gibt aber bereits viele Meldungen, dass Leute auch ohne Schild Ärger bekommen haben.

      1. wobei es zweifelsfrei dabei bleibt, dass die von Ihnen aufgemachte Rechnung im Ursprungspost Unsinn ist. 25.000 Orte (es sind im Verbot nicht Ortschaften, sondern einzelne Objekte gemeint) ergeben keine 300.000 Quadratkilometer bei einer polnischen Gesamtfläche von ca. 325.000 Quadratkilometer. Solche Zahlen sind reine Stimmungsmache und weit entfernt von journalistisch sauberer Arbeit.

        1. OK, dann machen Sie doch mal eine exakte Rechnung auf. Ein Truppenübungsplatz wie Świętoszów ist ein einzelnes “Objekt” mit 300 Quadratkilometer – mit einem entsprechenden Ring außenrum. Die Rędziński-Brücke ist aus gut 15 km noch zu sehen, also auch auf Fotos. Macht nur für diese Brücke eine Fläche von 700 Quadratkilometern. Ein mittlerer Bahnhof hat eine Fläche von einem Quadratkilometer, die Gleisanlagen von Posen haben über 4km Länge. Mit dem Bereich, von dem man den Bahnhof fotografieren kann, sind das gut 10 Quadratkilometer, ganz abgesehen davon, dass man natürlich nicht mehr aus dem Hotelzimmer des Altus rausfotografieren darf. Das sind jetzt drei Objekte. Fehlen noch 24997. Ich fange noch gar nicht mit Häfen oder Flugplätzen an. Wenn Sie eine journalistisch saubere Berechnung haben, immer her damit. Es wäre schon die Liste spannend, nur ist die nirgends aufzutreiben. Logisch, der Russe hätte dann ja eine praktische Liste, die er mit StreetView und Google Maps nur abarbeiten müsste. Was den völligen Schwachsinn dieser Liste zeigt. Es geht nicht um Spionage – es geht um Repression.

  3. Typische Ostblockmethoden sind das.
    Sehr schade um das an sich wunderschöne Polen und seine Einheimischen…

    LG Andreas

      1. Äh, … ??? man darf sie aber auch ablegen. Und dafür sind die Akteure der Gegenwart verantwortlich. Gruß

        1. Polen will sicher nicht zurück zu den Ostblockverhältnissen, sondern rechtlich mehr in der Hand haben um gegen sog. “nützliche Idioten” vorzugehen. Du weißt sicher, wen ich meine 😉

  4. die Antwort,
    Ray-Ban Wayfarer, mit Kamera und Mikrofon, macht sogar Video.
    Also aufhören in der Nase zu bohren oder fremde Frauen zu Küssen.
    Ich weiß warum ich keine Eiscafe mehr mag.

  5. Dann will ich mal hoffen, dass die Schilder auch aus dem Weltraum zu sehen sind und vor allem, dass die Spione dieser Welt, diese auch beachten. Denn sonst bekommen sie es mit der geballten polnischen Staatsmacht zu tun. Ich bin gespannt, wann jemand bei uns in Deutschland auf diese Schapsidee kommt.

      1. Ausser bei militärischen Einrichten ist mir nichts bekannt, dass irgendwo Fotografierverbot herrscht. Auch hier wurde ein Fehlverhalten des Polizisten eingeräumt, mit dem Hinweis es würde kein Verbot herrschen. Wenn ich hier falsch liege, gerne korrigieren.

  6. “Schnapsideen” sind kein pe se kein “Nationalitätsprodukt”. Man braucht nicht mal Schnaps dazu. Menschliche DNA genügt vollkommen.

  7. Hallo Reinhard,

    es ist sicher für alle Beteiligten von Interesse, mehr zu deinen Gedankengängen zu diesem Thema zu erfahren.
    Zitat: “Im nächsten Jahr wird es so oder so zu einem Hauen und Stechen auf dem Kameramarkt kommen.”

    Vielleicht bietet sich morgen Abend die Gelegenheit dazu.
    Freue mich schon auf den Stammtisch.

    VG Thomas

  8. Warum genau ist das Photographieren militärischer Anlagen verboten? Was sollte ich denn da von “ausserhalb des Zaunes” so Schützenswertes sehen können? Vielleicht die neue Superwaffe, die der Verteidigungsminister auf Temu oder Alibaba bestellt hat und die just in dem Moment vom Götterboten mit Migrationshintergrund an den geheimen Abstellort geliefert wird?
    Der einzig sinnvolle Grund den ich mir für diesen weltweiten Wahn vorstellen kann ist die Unterstützung des lokalen Schildermalgewerbes.

    Dirk

      1. Wer wissen will, wer in den entsprechenden Einrichtungen arbeitet, der kuckt auf LinkedIn. Oder Facebook. Oder wenn er noch mehr wissen will, hackt er sich in die Personalverwaltung. Da braucht man echt nicht jemanden vor dem Tor platzieren, der sich die Beine in den Bauch steht und Fotos macht. Ich empfehle mal den CCC-Talk von David Kriesel zum “Spiegel-Mining”. https://www.youtube.com/watch?v=-YpwsdRKt8Q Da sieht man, was man allein nur aus den Veröffentlichungen von Spiegel Online rauslesen kann. Wenn man ernsthaft Daten von Facebook, Insta, LinkedIn und Xing abgreift, dann kann man sogar die Schicht- und Urlaubspläne der Rüstungsbetriebe nachvollziehen, und hat noch nicht mal irgendwas illegales gemacht. Der Herr General Kukuta hat ja auch nicht etwa die Leute beim Knipsen erwischt, sondern bei festgenommenen Personen dann tatächlich auch Fotos von verbotenen Objekten gefunden. Also erst festnehmen, dann Beweise suchen. Genau das, was eben Leute berichten.

        1. Ich denke auch dass professionelle “Informationsbeschaffungsinstitutionen” nicht auf irgendwelche Fotos vor Ort angewiesen sind. Das geht entweder von oben per Satellit oder wie Du geschrieben hast durch Studium der öffentlichen Quellen bzw. einen Hack.
          lg
          Wolfgang

          1. Es ist schon eine Militärbasis mitten in der Pampa über Strava “entdeckt” worden. Die Leute sind in ihrer Freizeit gern um das Gelände gelaufen und haben die Leistungsdaten von ihren Sportuhren “hochgeladen”. Eine grosse Anzahl Laufdaten in einer ansonsten unbewohnten Gegend, die alle exakt den gleichen Koordinaten folgen fiel irgendjemandem, wohl auf.

        2. “Fotos von verbotenen Objektiven”

          Aus “verbotenen Objektiven” kann man doch was machen: Die Gehäuse-Garantie erlischt bei Verwendung von Fremd- oder FT-Objektiven. Für maximales Nutzererlebnis bekommen neue Objektive irgend so einen Security-Chip, TPM in der Linse, ohne dem macht das Gehäuse nichts.

  9. Ich gedenke, dieses Jahr nach Polen zu fahren (Wolfsschanze, Bialystok) und dort reichlich zu fotografieren. Werde die Fotos jeweils zeitnah an PCloud übertragen, um einem Verlust im Falle der Beschlagnahme vorzubeugen.

  10. Das ist ja schon fast wieder wie zu sozialistischen Zeiten. Damals durfte man in der DDR und in Polen auch keine Bahnhöfe knipsen.

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *