Wie war das Konzert?

Keine Ahnung, ich habe mir meine Bilder noch nicht angekuckt.

Ein Running Gag unter Konzertfotografen. Selbst wenn man nur drei Lieder im Graben steht – man kriegt von der Musik nichts mit. Man ist auf der Jagd nach dem guten Bild. Habe ich das Weitwinkel parat, wenn der Gitarrist vorne an der Bühne steht? Habe ich den Drummer mit sichtbaren, aber verwischten Stecken und gutem Gesichtsausdruck erwischt? Bassist, Sänger, Showeinlage, alles drauf? Lightshow mit Gegenlicht erwischt? Was? Die haben auch Musik gemacht? Cool Alter, erzähl mir Dinge….

Ich habe viele Konzerte mit der Kamera begleitet. Von den Konzerten, die ich fotografiert habe, habe ich mir oft von den Bands CDs gekauft – um überhaupt zu wissen, was ich da geknipst habe. Und bei den Konzerten, die ich gefilmt habe, war ich jedes mal hinterher beim Schnitt überrascht, dass die richtig gute Musik gemacht haben. Im Graben bekommt man basslastige Klangfetzen mit. Mitgrooven is nich, macht unscharfe Bilder.

Der swr hat nun über einen “neuen Trend” berichtet, dass Veranstalter bei Konzerten keine Smartphones mehr zulassen. Oder die Kameras abkleben. Zum Persönlichkeitsschutz und auch um das Erlebnis beim Konzert zu intensivieren.

Shamrock Castle Festival

Ja, natürlich geht es denen auch darum, eine Kontrolle darüber zu haben, was von ihrer Veranstaltung nach draußen geht. Und natürlich ist das nicht “neu” – Aufnahmegeräte waren schon vor 30 Jahren bei Konzerten verboten. Und am Anfang waren die Smartphones genauso verboten. Ian Anderson lässt bei seinen Konzerten grundsätzlich nur seinen persönlichen Fotografen zu. Im Saal ist ein ganzes Dutzend Wachhunde damit beschäftigt, durch die Reihen zu hechten um jeden Anschein einer Kamera im Keim zu ersticken.

Eine Zeitlang haben die Künstler aufgegeben, weil im Publikum buchstäblich jeder ein Smartphone hochhielt. Man kann ja nicht das ganze Auditorium rauswerfen. Also hat man so Spielchen gemacht und die Smartphones als Leuchtmittel hochhalten lassen, wie früher die Feuerzeuge. Fett romantisch. Und jetzt noch im Takt schwenken. Goil.

Aber jetzt reicht’s offensichtlich wieder. Anscheinend sind ein paar für den SWR-Journalisten wichtige Veranstalter renitent geworden und schon ist das ein “neuer Trend”.

Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Mein letztes “Smartphone-Freies” Konzert war Reinhard Mey. Da leuchtete nirgends im Saal ein Display. Und ich musste nicht knipsen. Also Musik genießen. Aber Mey, da kriegt man hochqualitative, offizielle Konzertmitschnitte. Andere Konzerte auf denen ich war, da hätte ich gerne einen Mitschnitt. Rio Reiser zum Beispiel. Ich bin heilfroh, dass zumindest die Ossis damals 1988 einen Mitschnitt gemacht haben.

Nein, nicht Rio. Damals habe ich mir das Konzert angehört. Das hier ist Fiddlers Green.

Vielleicht sollte man es machen, wie bei Hochzeiten. “Wir filmen und knipsen, genießt die Veranstaltung, Bilder und Videos könnt ihr euch hinterher unter folgendem Link ankucken und dann auch gerne teilen…”

16 Replies to “Wie war das Konzert?”

  1. Hat mich auch schon immer gewundert, dass man nicht gegen Bezahlung nach dem Konzert gleich perfekte Fotos, Videos, Audiomitschnitte irgendwo runterladen kann. Wäre doch noch mal ne schöne Einnahmequelle für Künstler und Veranstalter.

    1. Gibt es…
      Ist aber ein Heidenaufwand. Denn es soll und muss ja auch perfekt sein, wenn es offiziell vom Veranstalter kommt. Das geht (wie manche von uns ja vermuten können aufgrund eigener Erfahrung mit der Fotografie) nicht sofort. Und kostet mehr als es bringt. Eher nicht so “ne schöne Einnahmequelle für Künstler und Veranstalter”.
      Es gibt Künstler, die das trotzdem machen. Entweder gibt es den Link gleich mit der Eintrittskarte im Preis inbegriffen, bei manchen kann man den Download nachträglich erweben und ich habe auch schon große Stick-Kopier-Anlagen erlebt, wo du nach dem “Bierchen danach” dann einen Stick mit ein paar ausgewählten Bildern / Tracks erwerben kannst.
      Das sind dann aber üblicherweise Künstler mit einer sehr treuen Fan-Gemeinde. Kein kommerzieller Gewinn, eher was fürs Gemeinschaftsgefühl.
      In einer Geiz-ist-geil-Gesellschaft sind wenige Menschen bereit, zusätzlich Geld für einen zusätzlichen Service auszugeben, wenn sie doch mit dem eigenen Telefon geile (Hochkant- *würg*) Bilder und Videos (samt Gegröhle vom Nachbarn) aufnehmen können…
      jm2c, Martin

      1. Naja, wenn ich hier in Frankfurt am Main nach Konzert-Tickets halbwegs namhafter Künstler suche, dann bin ich locker im dreistelligen Bereich. Für die unterste Kategorie ggf. mit Sichtbehinderung. “Geiz ist geil” kann man den Menschen, die so viel Geld für ein paar Stunden mit ihren Lieblingskünstler bezahlen, beim besten Willen nicht unterstellen!

        Ob das viele Geld in den richtigen Taschen landet ist ne andere Geschichte zu der man gerne mal die Profi-Jammerer ins Verhör nehmen sollte – Veranstalter und Locationbetreiber jammern seit ich denken kann …

        1. Vorsicht. Strohmannargument. Bitte beim Argumentieren auf das beziehen, was der Andere tatsächlich geschrieben hat.

  2. Wir waren Anfang des Jahres mit unseren Kindern auf so einer Pferdeshow in der Festhalle Frankfurt.
    Auf den Tickets und den Seiten des Veranstalters stand, dass Kameras, Smartphones und fotografieren nicht erlaubt ist.
    Kurz bevor die Show begann, wendete sich einer der Artisten ans Publikum und sagte ” machen Sie bitte Fotos, laden Sie die in die sozialen Netzwerke hoch, machen Sie uns bekannt!”

    Ich dachte, ich höre nicht richtig – und werde, falls wir das wiederholen, eine Kamera mitnehmen.

  3. Moin,

    ich verstehe mal wieder das Gewese um das Thema nicht. Was soll der Besucher denn mit seinen ach so tollen Bildern oder Videos machen so daß es der Band oder dem Veranstalter schaden könnte? Erstmal wird das alles Gratiswerbung. Selbst wenn die Kapelle an jenem Abend selbst ein Video drehen lässt, um das später zu vermarkten, gäbe es dann halt 2 Videos. Ein schrottiges mitten aus dem Publikum und ein professionelles was ja hoffentlich viel besser sein sollte. Solange die keine Stative oder Drohnen mitbringen wäre mir das sowohl als Artist wie auch als Veranstalter driedegal! Soll sich der arme Tropf doch für seine 80€ Eintritt einen Krampf im Arm holen und die Mucke nicht mitkriegen weil er nur auf sein Telefon starrt… so what?
    Wir haben früher die Mitschnitte direkt aus dem Pult gezogen und die Musiker haben gefragt ob sie auch eine Kopie haben könnten. Keiner kauft eine Platte von einer Band, die keiner kennt.
    Sollte wirklich mal einer nennenswert Geld mit einem Bootleg machen, dann kann man dem auch im Nachhinein finden und ihm das Geld mit rechtlichen Methoden wieder abnehmen.
    Selbst als Fotograf wäre ich nur dann stinking, wenn mein Kunde meine bestellten Bilder nicht abnähme weil er sich welche umsonst von irgendwo zieht. Allerdings würde er sich damit dann womöglich ein Urheberechtsproblem einhandeln.

    1. Die Smartphone-Videos sind mittlerweile so gut, dass man sie problemlos über Smartphones abspielen kann. Klar, richtig gut ist das Zeug nicht, auch weil immer nur eine Perspektive, aber wenn die Endgeräte eh nicht mehr Qualität hergeben, ist höhere Qualität für den Endkunden rausgeworfene Qualität. Und es gibt sehr viele Leute, die solche Videos sammeln und in ihren eigenen Kanal packen, Werbung draufklatschen und dann komplett davon leben. Und genau hier ist das Problem: Viele Bands machen ernsthaft durch die Werbung auf ihren eigenen YouTube-Kanälen Geld. Und genau diese Einnahmen reduzieren sich entsprechend über die “geklauten” Videos. Das kann so weit gehen, dass die geklauten Videos einer kleineren Band sogar die Chance nehmen, überhaupt genug Viewtime zu bekommen, um ihren Kanal monetarisieren zu können.

  4. Wenn man sieht, wie viele Konzertgänger heute nur noch auf ihr Smartphone glotzen und teils das gesamte Konzert filmen oder direkt live in die (A-)Sozialen Medien blasen, kann man sich das ebenfalls fragen.

  5. Ich gehe seit Jahren regelmäßig zu DJBobo (bitte keine Kommentare dazu, EuroDance war einfach meine Zeit!) und dort kommt vor dem Konzert immer die Ansage: „das Fotografieren ist nicht verboten, sondern ausdrücklich erlaubt!“
    So geht es also auch, ich bin die letzten Jahre sogar mit dem 2.8/40-150 reingekommen! Der Sicherheitsdienst wollte es nicht glauben, aber nachdem jemand vom Management dazukam war alles gut! Dazu gibt es von jedem Konzert einen individuellen Videomitschnitt pro Konzert, der noch in der Nacht bereitgestellt wird. Wenn man also zurück zu Hause ist, kann man gleich „sein“ Video runterladen.
    Fanbindung 4.0

    PS: seit gestern gibt es Karten für die neue Tour 2026, ich bin wieder dabei…

    1. Wenn das in die entsprechende Marketingstrategie eingebunden ist, ist das extrem erfolgreich. Flic-Flac erlaubt auch die Knipserei – ohne Blitz – wenn man das hinterher veröffentlicht.

  6. Ich finde für beide Seiten bzw. Ansätze Verständnis. Die kleinen Künstler und Veranstaltungen, die die mediale Aufmerksamkeit brauchen und die großen Künstler, die entspannter damit umgehen, es zulassen, dass Konzertbesucher mit dem Smartphone eigene Erinnerungen aufzuzueichnen und eventuell zu teilen. Das Handy ist mittlerweile auch ein Teil unserer persönlichen Erinnungen. Und das ist auch schön.

    Auf der anderen Seite gibt es die kleineren, meist intimeren Veranstaltungen, wo die Smartphones stören, wenn man von hinten in ein Meer von Displays schaut. Ich war vor kurzem bei einem Candlelight Konzert, bei dem freundlich darum gebeten wurde, erst mal das Smartphone in der Tasche zu lassen. Dafür wurde bei den letzten beiden Stücken die Nutzung des Smartphone für Fotos zu nutzen. Ich empfand das als einen guten Kompromiss.

    Mein Eindruck ist, dass die großen Konzertveranstalter versuchen über das Hausrecht wieder Herr über die Situation zu werden. Vielleicht auch, weil die Smartphones immer besser geworden sind.

    Ob man den Geist wieder zurück in die Flasche bekommt, bleibt abzuwarten.

  7. Also ich bin seit Jahren mit meinen Kameras beim örtlichen Musikverein und filme/fotografiere deren Jahreskonzerte.
    Die Kamera allerdings nur an einer festen Station (ich will weder die Zuschauer noch die Musiker stören), die Fotos auch möglich unauffällig aus dem Hintergrund oder vom Seitenrand der Bühne (ich hätte auch gerne ein 35-100 2.0 dafür, aber mein 75 1.8. hilft auch).
    Zur Verfügung stelle ich die Sachen nur den Musikern und deren Familien – und die freuen sich rüber. Von meinem Mann, der als Bassklarinnetist mitten drin sitzt, weiß ich, dass die Musiker selbst keinen Eindruck haben, wie das ganze im Publikum wirkt- die hören jeweils ihre Nachbarn und das wars. Da die Aktiven wissen, es gibt anschließend war, haben wir auch weniger stolze Verwandschaft die per Handy mitgefilmt.
    So geht es also auch.
    Christine

  8. Hit and Run. Location vorher klären. Leicht overdressed. Kamera aus dem Sack, Kamera in den Sack. Stumm und alle Lichter aus.

  9. Nirvana, Live At The Paramount, Seattle 1991

    Damals ist man noch mit 16mm Filmkameras on Stage rumgehuscht oder hat von ganz hinten mit Tele gearbeitet 😉

    hxxps://www.youtube.com/watch?v=aIr_IXXLZ8Q&list=PL9tY0BWXOZFtGyQoKM2YB_9VHifFmQfI7&index=2

    Die Qualität dieser Aufnahmen muss sich vor nichts von heute verstecken.

  10. Die Handyhochhalterei ist stark asi. Alle dahinter müssen das grelle Display sehen, dabei möchte man einen guten Blick auf die Band. Ich bin froh um jeden Handyverbieter. Beim Dylankonzert haben sie Leute rausgeworfen, die sich nicht an das Verbot gehalten haben. Es war sehr schnell vorbei mit den Handys.

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