Es kommt mal wieder alles zusammen. Excire hat wieder einen Wettbewerb gestartet, “Stell Deine Landschaftsfotos ein und lass sie von unserer KI bewerten” und der erste Platz gewinnt 500 Euronen. (Was ich schon mal ziemlich gut finde. Kamerapreise für Fotowettbewerbe halte ich ja für nicht so sinnstiftend.)

Und die Initiative Urheberrecht hat eine Studie in Auftrag gegeben, die klären soll, ob das Training von KI das Urheberrecht verletzt. Kurzfassung von gut 160 Seiten: Ja.

Das Titelbild soll präraffaelitischer Style sein. Wenn man sich ein bisschen in der Kunstrichtung auskennt, erkennt man die Versatzstücke, die da zusammengekleistert wurden. Mit ein bisschen Mühe kann man sogar die Bilder ausfindig machen, aus denen das Bild besteht. Präraffaeliten gab’s nicht so viel, deswegen ist es da relativ simpel.

Die KI kann halt nix selber, nur wiederkäuen und mehr oder weniger verdaut wieder auskotzen. In der Studie haben sie der KI die Aufgabe gestellt, eine Illustration zu Goethes Zauberlehrling in Dali-Style zu malen. Mit möglichst vielen Elementen des Gedichts. Die KI hat ein Bild von Dali gemalt und komplett verkackt.

Zurück zum Excire-Wettbewerb. Ich habe die Software ja hier und die hat eine “Ästhetik-Analyse” – das dürfte die gleiche Engine sein, die auch die Bilder bewertet. Man braucht nun also nur die TOP-gewerteten Bilder des Wettbewerbs zu nehmen, von der eigenen Software ranken zu lassen und dann Bilder raussuchen, die höher liegen. Peace of Cake. Kleines Problem: man kriegt beim besten Willen keine wirklich hoch gerankten Bilder zusammen, wenn man sich auf Dinge beschränkt, die es gibt. Da können die Bilder noch so spektakulär sein. Ich habe phantastische Bilder von Polarlichtern und Vulkanausbrüchen – Mit Müh und Not erreichen sie Werte um 80. Das reicht beim Wettbewerb ganz knapp für einen Platz unter den ersten 100. Eines der “besten” Landschaftsbilder, die ich von 2024 habe, ist das Bild eines norwegischen Klos, Habe ich beim FolyFos gezeigt. Hat gegen die gezeigten Bilder keine Chance. Also habe ich den Copiloten angeworfen und Bilder produzieren lassen, die ich mit Excire gerankt habe.

Frauengesicht, blaue Augen, Polarlichter, Wasserfall, da habe ich mir gedacht, das geht doch. Wert: 94,43. Das ist doch ne Ansage. Geht noch mehr? Ich habe die Frau weggelassen und einen Vulkanausbruch und den Weihnachtsmann samt Rentieren dazugenommen. Bitte schöööön:

Bewertung: 91,24. Weit besser als alles, was ich in 15 Jahren professioneller Fotografie zusammengebracht habe. Aber ein Rückschritt zum Gesicht. Die Engelinvasion des Titelbildes hat übrigens nur 74,98. Da kann ich locker per Hand drüber. Aber wo ist nun die Grenze, was die KI an Punkten ausspuckt?

Nach einigen Versuchen habe ich festgestellt, dass man mit folgendem Prompt ziemlich weit kommt: “fotorealistisches Bild von einer Windmühle am Meer neben einem Leuchtturm bei hohem Wellengang und starken Nordlichtern bei Nacht und Sternen an einem Wasserfall bei Vollmond”.

Das war das am besten bewertete Bild: 95,94 Punkte.

Physik wird grob überbewertet.

Die KI von Excire wurde ja von Menschen trainiert. Das hier trifft also den Geschmack dieser Trainer möglichst genau.

Aber es geht ja nicht darum, dass ein Bild “realistisch” aussieht, sondern nur, ob es “ästhetisch” aussieht. Holzhammer-Kitsch ist also ästhetisch. Wieder was gelernt.

Wer will, kann ja beim Wettbewerb von Excire mitmachen. Kost nix. Oder einfach mal den eigenen Bilderdatenbestand nach den “ästhetischsten” Bildern durchforsten, vielleicht ist ja was dabei, das die 95.94 dieses Bildes toppt. Leider sind ja KI – Bilder offiziell verboten.

Nach dem Gutachten der Initiative Urheberrecht kann es durchaus sein, dass die KI-Generierung von Inhalten über kurz oder lang auf dem Müllhaufen der Geschichte landet. Der berüchtigte Europa-Abgeordnete Voss von der CDU hat schon Interesse angemeldet. Das kann lustig werden, wenn die Verleger, die gerade ihre Journalisten rausgeworfen haben, weil KI die Artikel billiger schreibt, die KI über die Urheberrechtsschiene begraben – und dann ihre Artikel auf einmal selber schreiben müssen….

Im Endeffekt wird die KI, die auf geklauten Massentrainingsdaten basiert, über kurz oder lang auch ohne Urheberrechtsprozesse aussterben. Weil die Serverfarmen albernes Geld kosten – und irgendwer das alles zahlen muss. Und noch niemand ein Finanzierungsmodell gefunden hat. Werbung in die Texte einbauen? Man muss sich Werbevideos ankucken, bevor man sein Prompt loswird? Die Bilder bekommen CocaCola-Wasserzeichen? Oder in jeder generierten Grafik ist irgendwo ein Chanel-Flakon untergebracht? Monatsgebühr? Gibt’s schon. Reicht aber nicht. OpenAI fehlen angeblich 5 Mrd für dieses Jahr. Der Umsatz soll 2024 bei 2 Mrd Dollar liegen. Soll. Grundlage ist der Umsatz von Dezember 2023. Mal 12. Zack. Also eine Umsatzrendite von minus 250%. Und das sind eigentlich Peanuts, denn OpenAI will Chipfabriken für 5000 bis 8000 Mrd Dollar bauen, damit ausreichend Rechenleistung aufgebaut werden kann. Eventuell dann noch mal so viel für die Stromversorgung der Fabriken und die dann aufzubauenden Rechenzentren. Also 16 Billionen Dollar. In Finanzkreisen rechnet man damit, dass sich eine Investition in zehn Jahren amortisieren muss. Bei Risikokapital längstens. Eine Mrd. Kunden müssen dann also pro Tag 5 Euros für die Nutzung von KI abdrücken. 150 Euro pro Monat. Jeder. Zuzüglich des Renditeaufschlags, den die Investoren gerne haben möchten.

Wird das funktionieren?

9 Replies to “KI-Diskussion”

  1. “Physik wird grob überbewertet.”

    Das ist in allen Lebensbereichen so.
    Und wenn dann mal was nicht klappt, sind “wir Physiker” schuld, weil wir erklären, WARUM es nicht klappt…

    *grmpf*
    Dipl. Phys. Martin W.

  2. Da ich beruflich mit KI/AI zu tun habe, erlaube ich mir folgende Einschätzung:
    AI ist ein Werkzeug, wie ich finde ein ziemlich mächtiges Werkzeug, aber eben auch nur ein Werkzeug.
    Der Hammer, mit dem ich die Schraube in die Wand schlage, ist auch ein Werkzeug!!

    Worauf ich z.B. seit längerem hoffe, ist ein AI-Tool, welches die Schärfe von Bildern (natürlich an der relevanten Stelle (Motiv!)) bewertet.
    Das würde mir sehr dabei helfen, größere Bildmengen auszusortieren oder zumindest vorzusortieren.
    z.B war ich vor zwei Wochen auf der Airpower (Flugshow), von dort habe ich ca. 10.000 Bilder mitgebracht. Die nun folgende Sortiererei verdirbt mir immer fast den Spaß am Hobby.
    Wenn ich hier AI-gestützt schon mal 80% aussortieren könnte, wäre das eine riesige Zeitersparnis.

    1. Das ist ein super Beispiel, bei dem ich auch sofort zuschlagen würde. Alle nicht sauber nachgeführten Astrobilder rausschmeißen, die unscharfen Portraits löschen, unscharfe Sportbilder aussortieren, usw.
      Das Werkzeug ist wohl der beste Vergleich: Am Anfang der Bildbearbeitung hat man mit Photoshop jeden Mist ausprobiert, der schrägste Filter war gerade gut genug. Frei nach dem Motto: schauen wir mal was wir aus dem Sch…Bild noch mit nem Filter machen können…
      Die KI kann viel und wird in Zukunft sehr hilfreich sein. Der heilige Gral ist sie aber auf keinen Fall.

    2. War da nicht mal das Versprechen der Kamerahersteller, dass nun alles scharf wird mit der Piloten-Motiverkennung und dem neuesten 1000-fach Messfeld? Gerade aktuell soll Canon den Super-AF liefern. Muss man halt alle paar Monate das System wechseln – oder aussortieren.

      Workspace soll doch scharfe Fotos in einer Serie erkennen. Taugt das nichts?

      Wünsche trotzdem viel Freude am Hobby. Ich habe es leichter. Meine Bäume sind so langsam, dass auch eine E-5 reicht für scharf.

      1. “Workspace soll doch scharfe Fotos in einer Serie erkennen. Taugt das nichts?” – danke für den Hinweis, das kannte ich noch garnicht, werde ich mir zeitnah anschauen.

    3. “KI ist nur ein Werkzeug” ist m.E. eine zweischneidige Aussage. Vor allem mit dem “nur”. Dass KI ein Werkzeug ist, ist natürlich richtig, dass es oft ein nützliches Werkzeug ist, ebenfalls. Aber das ist nur die halbe Wahrheit – da ist noch die “Affordance” – ein entsprechendes deutsches Wort kenne ich nicht, Wikipedia umschreibt es etwas holprig mit “Angebotscharakter”. Das Vorhandensein des Werkzeugs erzeugt das Bedürfnis oder die Verlockung, es zu verwenden, und zwar für alles Mögliche. Da sieht dann die Schraube eben wie ein Nagel aus weil man einen Hammer hat. Die Menschen denken “lösungsorientiert” – die Lösung hat man mit dem Werkzeug, das wird dann halt erstmal auf alle möglichen Probleme losgelassen, und das ziemlich gedankenlos. Da sehe ich eine Gefahr.

      Wenn ich mehr Bücher von Reinhard kaufe, als ich lesen kann, werde ich sie mir jedenfalls nicht von KI zusammenfassen lassen! 😉

      1. Das wäre mal ne Idee, da bin ich noch gar nicht draufgekommen. Ich habe jetzt mal den Copiloten die ersten 60 Seiten des Lichtbuches zusammenfassen lassen. Jo. Er komprimiert die 60 Seiten auf eine Seite. Kann man machen. In der Zusammenfassung steht halt nur Bla drin. Das taugt nicht mal als Werbetext für das Buch. Also: lieber lesen….

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *