Alcmona ist eigentlich der alte Name für die Altmühl und heißt “langsames Wasser”. Den Namen haben sich vor 24 Jahren ein paar Verrückte geschnappt und darunter einen Verein gegründet, der sich mit der Geschichte von Dietfurt auseinandergesetzt hat. Heimatvereine gibt es wie Sand am Meer, aber die haben sich als erstes hingestellt und ein Bronzezeitliches Langhaus gebaut. Im Maßstab 1:1. Da war an diesem Sonntag “Saisonausklang” mit Kaffee und Kuchen. Und ich bin da wieder mal ohne Ahnung reingestolpert und habe den Leuten ein Loch in den Bauch gefragt.
Direkt neben dem Langhaus steht ein Schleusenwärterhäuschen, denn Alcmona steht direkt am “Alten Kanal”. Und weil das da recht praktisch ist, haben sie gleich noch einen Einbaum ins Wasser gelegt.
Selber gebaut. Nicht ganz original, da aus einer Douglasie, die es erst seit 1827 in Europa gibt. Aber man kriegt einen Begriff, was so ein Einbaum für ein Schiff sein kann.
Im Schleusenwärterhäuschen haben Sie für den Verein ein paar Räumlichkeiten eingerichtet, unter anderem auch eine Unterkunft, in der mal ein Wissenschaftler pennen kann. Erwin vom Verein hat mich mal rumgeführt und auch das eigentlich geschlossene Museum unterm Dach gezeigt. (Die haben dort einen Mammutknochen liegen, neben diversen anderen spektakulären Dingen.) Und eben auch das im Titelbild gezeigt Modell des Dorfes, das sie eigentlich mal vorhatten aufzubauen.
Neben dem Langhaus haben sie immerhin schon ein paar kleine Hütten gebaut.
Da sind Brotbacköfen, oder auch ein Töpferofen. Alles natürlich funktionsfähig, denn die Leute im Verein sind Überzeugungstäter. Da wird auch mal ausprobiert, ob man mit einer Steinaxt einen Baum fällen kann (Spoiler: Jo. Genauso wie mit einer modernen Axt.) Das Langhaus ist ohne eine Schraube oder einen Nagel gebaut und der Zimmerer kriegt immer Zustände, wenn er nach einer Geburtstagsfete wieder irgendwelche Spax im Gebälk sieht, an denen die Mieter Dekokram aufgehängt haben.
So sieht das innen aus. Die Wände sind aus Lehm, die “Fenster” einfach Löcher in der Wand, die durch Holzläden verschlossen sind. Der Boden ist gestampfter Lehm. (nicht braun gefärbter Beton wie andernorts…) Wenn die Gäste die schweren Bänke durch die Gegend schieben, ist dann natürlich immer Reparatur angesagt, denn Lehm ist halt eben weich….
Das ganze Gelände kann man mieten, gelegentlich machen das LARP-Gruppen, die dann hier ne Woche Bronzezeit simulieren. Da darf dann auch niemand vom Verein aufs Gelände. Vor Corona waren hier auch mal Gruppen des Autobauers aus der südlichen Großstadt zu Gast und haben da vier Tage lang Teambuilding betrieben.
Klar, der ausgestopfte Biber ist jetzt nicht so bronzezeitlich und der gelbe Limokasten auch nicht. Aber das Gebäude selbst ist absolut sehenswert. Das ist jetzt 22 Jahre alt und da wackelt nichts. Das ist alles aus dem Vollen gehauen und auch die Lehmaußenwände stehen perfekt da.
Und ja, natürlich haben die auch ne Website.
Fotografisch gibt das natürlich allerhand her, vor allem, wenn da Leute in Gewandung rumlaufen.
Es hat mich wieder mal geflasht, wie weit man mit vermeintlich primitiven Mitteln kommen kann, wenn man weiß, wie es geht.
Toll beschrieben. Da wird sich der Verein sicher sehr freuen.
Sehr interessant, gefällt mir. Danke!
Solche kleinen, meist sehr engagierte, Vereine die sich mit der Historie (von Steinzeit bis Mittelalter) befassen gibt es eine Menge, die meisten sind nur lokal bekannt – und das auch nur den wirklich Interessierten. Es lohnt sich immer sowas aufzusuchen, wenn man da in der Nähe ist und davon erfährt. Die Leute haben auch keine Berührungsängste, sind gern bereit ihr Wissen zu teilen und i.d.R. auch nicht fotoscheu.
Wir haben hier den historischen Besiedlungszug, ein interessantes Event und doch kaum bekannt aber wirklich sehenswert.
Andy
imhistorienmodus
Nicht ganz so puristisch, dafür aber entsprechend ausgedehnter und inhaltlich umfangreicher geht es hier bei uns unweit der Nordseeküste zu.
Wen es interessiert, der möge suchen nach
steizeitpark-dithmarschen.de
Als Mitglied im Förderverein sei mir der Hinweis gestattet.
Beste Grüße von der Küste
Hans-Joachim
Experimentalarchäologie kann richtig Spaß machen. Muskelkater inklusive. Ich hab einmal einen Einbaum probegefahren, der war mit Feuer und Steinaxt aus einer Tanne mit 1m Durchmesser gehauen. Alleine das Wassern des Dings war eine Herausforderung.
Danach hatte ich lange Zeit einen Flint als Taschenmesser. Kann man sogar ins Flugzeug mitnehmen, kommt klaglos durch den Röntgen-Check 😉
What??? Ich habe bei Alcmona Feuersteinsicheln in der Hand gehabt. Scharf wie eine Rasierklinge und gezackt. Da ist ein Teppichmesser Kinderspielzeug dagegen.
das Zeugs wird von den Metallscannern nicht erkannt, sollte mit aktuellen Geräten aber nicht mehr passieren.