Kurzfristige Gewinnmaximierung

Das hier ist eine Cinnamon Roll, eine Zimtschnecke aus der Bäckerei in Å auf den Lofoten. Sie haben auch ein Video dort, das sie seit zehn Jahren zeigen, in dem sie Zimtschnecken backen. Nur sehen die etwas anders aus. Hier habe ich die vor zehn Jahren fotografiert. Irgendwie sehen die jetzt aus und schmecken exakt wie die, die sie in Lindesnes verkaufen. Dort haben sie mir gestanden, dass sie vor einiger Zeit das Rezept verändert haben. Zimt ist halt teuer.

Kann natürlich sein, dass ich mich nach zehn Jahren nicht mehr richtig an den Geschmack erinnern kann. Aber die Focaccio schmeckte auch angebrannt.

Damals vor vielen, tausend Jahren, als ich abends am Lindesnes-Fyr allein war. Als man am Rubjerg Knude allein war. Als man am 9. August am Nordkapp noch solche Fotos machen konnte und als kleine pelzige Wesen von Alpha Centauri noch kleine pelzige Wesen von Alpha Centauri waren.

Wenn man die Lofoten lang fährt sieht man selbst jetzt, in der Nachsaison an jedem Parkplatz Wohnmobile stehen. Keine kleinen. Solche.

Die Bevölkerung ist teilweise gezwungen, ihre Einfahrten mit improvisierten Panzersperren zu schützen, damit sie den Morgens noch aus der Garage kommen. Die Campingplätze sind leer. In Fredvang, wo es einen riesigen, ruhigen Campingplatz in einer tollen Bucht mit klasse Sandstrand gibt, standen sechs Mobile und zwei Zelte. Was da der Kick ist, um 25 Euro zu sparen, mit dem Schiff für ne halbe Million direkt an der Hauptdurchgangsstraße zu übernachten, ist mir nicht zu erklären.

Die buchstäblich überfahrene Bevölkerung reagiert mit verzweifelten Versuchen, Schmerzensgeld von der Blechlawine zu kassieren. Museen mit absurden Eintrittspreisen, (Borg kostet jetzt 250 Kronen pro Nase, so man überhaupt einen Parkplatz kriegt.)

Und es werden die Kosten runtergefahren. Zimt. Aus dem Fischeintopf beim Whale-Watching ist eine dünne Suppe mit ein paar Fischkrümeln geworden. Wir haben hier Campingplätze gefunden, die definitiv seit zehn Jahren nichts, aber auch gar nichts renoviert und auch gefühlt seit vielen Monden den Schamanen nicht mehr zum sauberbeten engagiert haben.

Und andere Campingplätze, wie das BaseCamp Hamaroy, das über drei Induktionsherde und zwei Waschmaschinen verfügt. Und grandiose Aussicht.

Ob das alles langfristig klappt? Es gibt viele Tourismusgebiete, die eine Zeit lang angesagt waren, Infrastruktur aufgebaut haben und mittlerweile auf jede Menge LostPlaces sitzen. Nordnorwegen hat das Problem, dass die Saison brutal kurz ist. Und die freistehende Wohnmobilfraktion Infrastruktur verlangt, aber freiwillig kein Geld ausgibt. Das genaue Gegenteil von nachhaltigem Tourismus. Mittlerweile wird ja bereits das Recht zum freien Übernachten auf fremden Grundstücken auf Wanderer mit Zelten eingeschränkt. Man kann darauf warten, dass weitere Maßnahmen folgen. Und wenn dann die Lofoten “Out” sind, dann komme ich wieder….. Und knipse leerstehende Galerien.

So sieht die Galerie aus dem Aufmacherfoto von vor zehn Jahren heute aus.

6 Replies to “Kurzfristige Gewinnmaximierung”

  1. Die Herren Wohnmobilisten bringen meist auch den Proviant aus der Heimat mit um zu sparen.
    Wo soll dann bei den heimgesuchten Urlaubsregionen irgendein Input bleiben außer der geleerten Chemietoilette.
    Zuhause stehen die Monster dann auf den PKW stellplätzen und blockieren alles.
    Ich campe zwar auch, aber unter einem Baumwollezelt und mit Vorliebe auf Zeltplätzen die für die Monster nicht zugänglich sind.
    Kleine anektode vom heimischen Campingplatz des Kanuclubs:
    Dickes Womo mit Garmischer Kennzeichen, immer die Klima in Betrieb und die E-Bikes beim Laden und zum Abschluss die große Diskussion mit dem Platzwart weil die Stromrechnung je Tag auf über 15 aufgelaufen war.
    LG
    Wolfgang

  2. Lofoten, Nordnorwegen, Norwegen überhaupt, haben wir tolle Erinnerungen und nette Begegnungen mit den Einheimischen. Auch wir sind mit dem Camper unterwegs, aber wir kaufen lokal ein, nutzen in Städten und touristischen Zentren die offiziellen Stellplätze und Campingplätze (Fredvang ist wirklich zu empfehlen, auch der in Moskenes). Kostet ein paar Taler pro Nacht aber lohnt sich. Und das mit dem Freistehen, dass kann man wenn überhaupt da machen, wo es innerhalb von 3h Fahrzeit nichts gibt und man dort früh zum Wandern will. Zu diesen abgelegenen Orten verirren sich kaum Touristen, wenn überhaupt fahren die nur durch. Ist halt nicht auf Instagram der letzte Schrei.

    Rein geraten: 90% der Touristen bereisen 10% der möglichen Ziele. Wir gehen zu den anderen 10% und sehen Dinge, die noch nichtmal den Einheimischen bekannt sind.

    Skandinavien bietet so viel, wenn man denn bereit ist sich darauf einzulassen und sich vernünftig verhält. Nutzt die Infrastruktur wo es sie gibt und bezahlt für diesen Service.
    Wie du schon sagst, Reinhard, bringt Geld mit und lasst es dort.

    1. Die Anderen sind Touristen, wir sind …. ja was sind wir eigentlich?
      …….
      Jeder ist Tourist, fast überall.

      1. Wir saßen mal vor vielen Jahren in Almiros in einer Kneipe und der Wirt hat sich zu uns gesetzt und auf ein Pärchen am Nebentisch gedeutet: Das sind Touristen. Ihr seid Freunde.
        Wir sollten versuchen, Freunde zu sein. Und nur im Notfall, oder wenn die Zeit drängt, Touristen.

  3. Bitte nicht schon wieder!
    Jahrezehntelang fand ich mich immer als Motorradfahrer in der Schmuddelecke wieder, nur weil ein niedriger Prozentsatz von sich daneben benehmenden Motorradnutzern über 90% der öffentlichen Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat.
    Und nun das gleiche als Wohnmobilist – nur weil es uns (also eigentlich nur einem von uns) technisch nicht mehr möglich ist ins Zelt zu krabbeln. Sollen wir jetzt den Rest des Lebens zu Hause bleiben?
    Ja ich kenne sie auch, die unausstehlichen unter den “Campern” – aber wie oben, es ist ein kleiner Prozentsatz, der maximale Aufmerksamkeit auf sich zieht!

    Aber keine Sorge – an den genannten Stellen von Norwegen wird man uns so schnell nicht sehen – mag es noch so schön sein. Wir bleiben lieber abseits der “hippen” Ziele und haben da sicher nicht weniger Spaß und vor allem sehr, sehr netten Kontakt zu den Einheimischen …. inkl. leckerer Versorgung vor Ort. Und auch schon mal einen netten Hinweis, wo man sich problemlos hinstellen kann…..

    Andy

    1. Ich habe nichts gegen Wohnmobile. Absolut nicht. Aber leider ist es bei den Wohnmobilen kein kleiner Prozentsatz mehr, sondern ein großer Prozentsatz. Man fährt hier an 50 Wohnmobilen vorbei, die alle Parkplätze belegen und trifft dann am Campinplatz 5 Stück. Es gibt sogar Spezialhelden, die sich in Sichtweite des Campingplatzes auf einen Parkplatz stellen und dann die Infrastruktur des Campingplatzes nutzen und verschmutzen. Hier auch schon erlebt.
      Und das sind meistens die besonders hippen, coolen, urbanen Bros – keine älteren Herrschaften mit Behindertenausweis.

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *