Von Andy Herr.
Broquiés – noch nie gehört? Macht nichts – es ist ein Dorf wie viele andere, das ständig Einwohner verliert – das ist in Frankreich nicht anders als in Deutschland.
Der Ort lieg im Tarntal, (Südfrankreich, Region Okzitanien) wir haben ihn vor 5 Jahren eher durch Zufall entdeckt – und er hat uns von Anfang an gefallen, trotz oder vielleicht auch wegen seines leicht morbiden Charakters. Bei unserem diesjährigen Besuch fanden wir interessant, dass bei allem sichtbaren Verfall und den immer weiter sinkenden Einwohnerzahlen doch auch Neues im Dorf entsteht – es wird an erstaunlich vielen Ecken gebaut und es sind einige neue bzw. renovierte und gut gepflegte Häuser zu sehen – mehr als in manchem anderen Dorf vergleichbarer Größe.
Fotografisch ist das Geschmackssache. Wer auf einstürzende Ruinen steht, wird gelegentlich enttäuscht sein. Was vor 5 Jahren noch fotogen “morbid” war, ist jetzt unter Umständen liebevoll restauriert aber unscheinbarer. Auf der linken Seite sieht man den heutigen Zustand – rechts wie ich es
vor 5 Jahren vorgefunden habe.
Aber es gibt noch genügend andere fotogene Ecken in dem Ort. Im Zentrum gibt es so viele verwinkelte Gassen, dass man schon eine Weile braucht um sich zurecht zu finden, obwohl man das ganze Zentrum in nicht einmal einer halben Stunde umrundet hat – im fotografischen Bummelschritt. Es gibt viele Durchgänge, ein paar Treppen und enge Gässchen.
Und zwischendurch auch mal ein kleiner Platz mit Sitzecke. Die unvermeidliche Wäsche auf der Leine zeigt, dass das Dorf auch bewohnt ist – nicht nur Kulisse für Touristen.
Vor 5 Jahren gab es im Ort im Wesentlichen zwei Läden: einen Bäcker und einen Fleischer, letzterer bot auch etwas Gemüse und Waschmittel usw. an. Beide standen sich direkt gegenüber und waren hinter der Kirche etwas versteckt gelegen – das war auch der erste Anlaufpunkt in diesem Jahr. Der Laden des Fleischers ist geschlossen und alle Kennzeichen entfernt – am Bäcker hängt noch das Schild – aber Brot gibt es wohl auch schon länger nicht mehr. Dabei war das Baguette da wirklich schmackhaft – nur mit seinen Croissants konnten wir uns seinerzeit nicht anfreunden.
Doch die Überraschung kam kurz darauf – am Place de la Maire – dem zentralen Platz im Dorf und damit eigentlich sehr viel leichter zu finden – gibt es einen neuen Lebensmittelladen mit angeschlossenem
Fleischer. Das Angebot sah verdächtig ähnlich aus wie das in der alten Boucherie – nur hat sich der Schwerpunkt verändert, vom Fleischer mit etwas mehr zu einem kompletten Dorf-Lebensmittelladen mit extra Fleischerei. Und wiederum – wie gehabt – gegenüber der neue Bäcker, das Baguette schmeckt immer noch so gut wie wir es in Erinnerung haben – und auch die Croissants sind fein – und dazu noch leckere Macarons und ähnliche Leckereien. Und sogar einen Friseur gibt es jetzt. Das Haus gegenüber wartet noch auf seinen Märchenprinz.
Um das Dorf gibt es Weinanbau – was man auch an diversen Weinstöcken direkt im Ortskern sowie zwei alten Weinpressen sieht. Auch für die Kurzweil ist gesorgt, neben dem unvermeindlichen Boule-Platz gibt es auch einen große Sportplatz mit Fußballfeld sowie einen extra angelegten Basketballplatz – alles in sehr gepflegtem Zustand. Hier und da gibt es auch mal was verstecktes zu entdecken, wie diesen Pflug. Für so etwas Altes, habe ich auch das Bild auf alt getrimmt – wozu hat man den die Filter in der Kamera…
Und wenn sich jetzt der eine oder andere vielleicht überlegt, in diesem Ort zu investieren, es gibt da auch einige Häuser die zum Verkauf stehen, dieses hier steht direkt neben der Kirche. Ja, klar, da ist ein bisschen was dran zu machen – aber wie man oben sieht – das geht alles.
Finde grundsätzlich solche Beiträge interessant, dieser hat mich etwas irritiert zurückgelassen.
“Langweilig ausgebessert” was früher noch fotogen “morbid” war, ist Geschmackssache, aber dass “ein monströser Baukran den Charakter einer kleinen Gasse völlig ruiniert “?
Für wen ruiniert?
Für die Einwohner wohl nicht, die mit riesigem Aufwand und Herzblut diesen Ortskern restaurieren wollen.
Es ruiniert höchstens die Vista für lost place-fiebrige Kurzzeittouris, die keine Ahnung davon haben, wie es sich in einem solchen Nest lebt. Ich kenne Fälle, wo Fotografen dieser Art in Südtiroler Hochtälern die Demontage von Fernsehantennen auf malerischen Bauernhöfen erreichen wollten, weil diese ihrer subjektiven Ästhetik zuwider liefen.
Ein Vorschlag.
An Orten, wo man schon über die lokalen Croissants not amused ist, die Kamera stecken lassen, vorbeifahren oder noch besser ganz zu Hause bleiben.
Demut als Gast in fremdem Land ist eine Zier.
Danke für die sehr offene Kritik. Ich denke ich habe mich da zu ein paar Formulierungen hinreißen lassen, die zu missverständlich waren.
Der Text ist überarbeitet und ich hoffe es wird jetzt eher klar, dass wir im Grunde davon begeistert sind, dass es in dem kleinen Dorf eben einen Fortschritt gibt und sich so manches durchaus zum Besseren gewandelt hat.
Und das gilt nicht nur für die jetzt leckeren Croissons sondern für die positive Entwicklung des Dorfes im Ganzen.
Andy
was mir fehlt Andy, sind Bilder der angesprochenen positiven Veränderungen. So sieht das eher aus, wie: „schaut mal, total vergammelt das Kaff“. Die angesprochenen positiven Aktionen werden nicht im Bild gezeigt.
Bin kein Juror, aber jetzt gefällt mir die Geschichte. Und die Filter sind gut eingesetzt.