Djangofestival 2007

Festivals. Jo. Da war doch was. Heute will ich mal auf ein Festival zurückblicken, das es unabhängig von Corona nicht mehr gibt – das Djangofestival in Burgthann. Das war 2005 das erste mal, und 2007 dann das letzte mal, auch weil zwischenzeitlich der Organisator gestorben war. Auch die Website gibt’s nicht mehr.

Warum ich das nun wieder ausgrabe? Die Sache hat mehrere Aspekte: Erstens natürlich fotografische. Unterschiedliche Lichtsituationen und Perspektiven. Dann technisch: Die Fotos sind aus der E-500 mit 40-150 3,5-3,5 und dem 14-54. Eine Ausstattung, mit der sich heute niemand mehr in den Fotografengraben traut – damals qualifizierte allein schon der Besitz einer “DSLR” zum Prädikat “Profi”. Kann man sich gar nicht mehr vorstellen. Aber wie man sieht, ging irgendwie.

Das ist Kevin Nolan, Teil des Robin Nolan-Trios. Nie gehört? Mal googlen, die machen Gypsy-Jazz. Hier ein Auftritt in Landshut, das Video stammt allerdings NICHT von mir:

Robin Nolan, links, gilt als “Star” der Gypsy-Jazz-Szene. “Gypsy” ist englisch und bedeutet nichts anderes als “Zigeuner”. Und es ist auch genauso konnotiert. Soweit ich weiß, sind aber die Nolans Engländer und der Bassist Niederländer. Sind sie Sinti? Roma? Oder von einer anderen Volksgruppe, die irgendwer zu den “Zigeunern” rechnet? Keine Ahnung. Wen juckts?

Die Tri Potes aus der Auvergne. Gypsy-Swing. Kann man sich hier ankucken:

Aber ich wollte ja noch was Fotografisches erzählen: Das Foto oben von Kevin Nolan ist mit Blitz gemacht – ein NoGo normalerweise, aber ich habe vorher gefragt, ob ich darf. Diese Art Fotos sehe ich mittlerweile kaum noch – das ist Langzeitsynchronisation – 1/4 Sek, ISO 100, Blende 4, 104mm. Die rote Bühnenbeleuchtung sorgt für die farbigen Bewegungsspuren. Klar – vom Graben aus geht sowas nicht, da kriegt man Ärger. Aber wenn man exklusiv da ist, und gefragt hat…..

Das “Memorial Ensemble”. Bekannte des Festivalgründers Eberhard Tzscheuschner, die zum Auftakt an ihn erinnerten. Alle aus Deutschland. Schärfentiefe ist knapp – 113mm f/4. 1/160s. Die Belichtungszeit ist für die Hand der Geigerin schon zu lang – hat aber was. Und in der Pause haben sich eine Gruppe alte weiße Männer Gitarren geschnappt und spontan einen aufgespielt:

Sinti aus Bamberg und Bayreuth, die einfach ein bisschen jammten. Die kucken ganz normal aus? Jo. Tun sie. Die waren mit den Gitarrenbauern mitgekommen. Die Gypsy-Klampfen sind nämlich ne Spezialversion – auf Lautstärke getrimmt. Und nein, ich habe die nicht umgruppiert, damit der Zeltpfosten nicht durchs Bild geht. Eine der Kernkompetenzen eines Eventfotografen ist Unauffälligkeit und Diskretion. Wenn hinterher einer kommt und sagt “Du hast fotografiert? Habe ich gar nicht mitbekommen!” – dann hat man meistens was richtig gemacht.

Und nochmal das Robin-Nolan-Trio. Wie kann man mit zehn Saiten ein Trio spielen? Geht. 1/25s, ISO 800, f/3,2, 31mm. Zur Erinnerung: die E-500 hatte keinen Stabi. Die rechten Hände sind unscharf, die Gesichter scharf. So soll das sein. Klar, gibt viel Ausschuss – aber ein paar Bilder bleiben hängen, wenn man aufpasst. Als Profi braucht man keine tausend knackscharfe Fotos eines Events, sondern fünf, die für den Kunden taugen. In dem Fall waren die Fotos für die Zeitung. Mission accomplished.

Wenn die Festivalsaison wieder losgeht: geht auch auf die kleinen Festivals. Vielleicht gibt es das Festival im nächsten Jahr nicht mehr. Schaut euch Dinge an, die ihr noch nie gesehen oder gehört habt. Seid offen. Und lasst euch von niemand weismachen, dass man ein Rassist ist, wenn man Gypsy-Jazz hört oder spielt ohne Sinti zu sein.

2 Replies to “Djangofestival 2007”

  1. “geht auch auf die kleinen Festivals”

    Geht bitte überhaupt irgendwo hin, wo Leute irgendetwas in Sachen Kultur anbieten. Bezahlt Eintritt oder tut etwas in den Hut, der rumgeht.
    Es geht nicht um die Lindenbergs, Giesingers oder Oerdings dieser Welt. Die haben im Zuge von “Alarmstufe Rot” ihre prominenten Nasen in die Kameras gehalten, um darauf aufmerksam zu machen, dass die vielen Leute, die für ihren Erfolg notwendig sind, aktuell keinen Broterwerb haben. Kleine Firmen und Solo-Selbständige, die ohne Aufträge schlicht nichts verdienen. Staatliche Hilfe höchstens als Kredit zur Deckung eventueller Kosten. Nur, dass man davon auch keine Familie satt bekommt wurde vergessen…
    Besonders prominent haben es die Ärzte bei den Tagesthemen gemacht und gesagt:
    https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-773707.html
    (Hoffe, der Link ist ok…)

    Mittlerweile ist der Branche schon ganz viel KnowHow verloren gegangen. Wer über ein Jahr von Hartz IV leben muss und “eigentlich” jemand ist, der richtig knüppeln kann und will (Events sind hart, was Arbeits- und Einsatzzeiten angeht – und oft auch körperlich schwere Arbeit), der orientiert sich irgendwann um. Und wer gar kein Hartz IV bekommt, weil erst einmal die Lebensversicherung aufgezehrt werden muss, die eigentlich als Altersvorsorge angelegt wurde, der hat echt Existenzängste!

    Langer Rede, kurzer Sinn…
    Wenn Veranstaltungen nicht generell in ihrer bekannten Vielfalt aussterben bzw. überhaupt erst einmal wieder anlaufen sollen, dann braucht es vor allem eins: Zahlendes Publikum!

    jm2c, Martin

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