Ich habe ja bei meinem letzten Autofokus-Test im Studio etwas erschwerte Bedingungen für den Autofokus eingerichtet. Das Licht war natürlich Kunstlicht und die schwarze Spitze – OK, kann man drüber diskutieren, ob das ein einfaches Target war. Es hat auf jeden Fall seinen Zweck erfüllt – denn es hat ein paar prinzipielle Probleme des AF der E-M1X gezeigt.
Nun bin ich gefragt worden, wie das mit der E-M1III wäre. Und dem 300er. Und dem 150-400.
Also habe ich die alle aufs Stativ geschnallt und auf eine Dartscheibe im Freien losgelassen. Diesmal sollte es also mit Licht keine Probleme geben. Der C-AF wurde wieder mit Auslösepriorität gemacht – aber wer die Kameras kennt, weiß, dass die Kameras mit einem grünen Lämpchen und einem Piep reagieren, wenn der Fokus stabil gefunden ist. Und erst dann wurde ausgelöst. Ich habe Tests mit Fokuspriorität und C-AF gemacht und hatte mehr (!) Fehlfokus, weil die Kamera öfter der Meinung war, Fokus zu haben – Situationen, in denen ich der Kamera noch einen zweiten Anlauf gab. Trotzdem gab es immer noch Auslösungen, bei denen die Kamera steif und fest behauptete, alles sei scharf – und es gab nur ein braunes Irgendwas.
Beim Rückstellen der Kamera auf den Nahbereich habe ich festgestellt, dass E-M1 und E-M1II das problemlos mit sich machen ließen, die E-M1III und E-M1X aber bei dieser Disziplin zickten und auf ihrem vorher gefundenen Fokus beharrten. Das ist etwas lästig, wenn man, gerade bei S-AF, schnell auf ein Motiv im Nahbereich wechseln will. Das passierte objektivunabhängig.
Getestet wurde die E-M1, E-M1II, E-M1III und die E-M1X, mit 100-400, 150-400 und 300mm. Jeweils S-AF und C-AF mit jeweils diesmal 20 Shots. Jeweils mit Endbrennweite. Wenn die Dartscheibe außerhalb der Schärfentiefe rutschte, wurde das als “Unscharf” bewertet, wenn sie genau am Rand der Schärfentiefe lag mit “Grenzwertig”, da das Target noch scharf war. Ein “Fail” ist ein völlig fehlgeschlagener AF.
Beim letzten Test vom 10.4. wurden andere Abweichungen angegeben. Dabei handelte es sich aber auch um ein anderes Target und andere Abstände. Die absoluten Werte sind deshalb nicht mit dem vorherigen Test vergleichbar. Auch zwischen den drei Objektiven sind die absoluten Werte nicht vergleichbar, weil die Schärfentiefen unterschiedlich sind (unterschiedliche Blenden und/oder Brennweiten.)
100-400 | max Abw. | Durchschnitt | Grenzwertig | Unscharf | Fail |
E-M1 S-AF | -5 | -2,8 | 0 | 0 | 0 |
E-M1 C-AF | -14 | -4,75 | 0 | 1 | 0 |
E-M1II S-AF | -9 | -3,5 | 0 | 0 | 0 |
E-M1II C-AF | 9 | -0,75 | 0 | 0 | 0 |
E-M1III S-AF | -16 | -4,6 | 0 | 2 | 0 |
E-M1III C-AF | 17 | 1,1 | 0 | 2 | 0 |
E-M1X S-AF | -8 | -2,15 | 0 | 0 | 0 |
E-M1X C-AF | -13 | -2,8 | 0 | 3 | 1 |
150-400 | max Abw. | Durchschnitt | Grenzwertig | Unscharf | Fail |
E-M1 S-AF | -19 | 0,94 | 0 | 1 | 2 |
E-M1 C-AF | 15 | 8,8 | 1 | 0 | 0 |
E-M1II S-AF | 10 | 2,6 | 1 | 0 | 0 |
E-M1II C-AF | 14 | 7,25 | 0 | 8 | 0 |
E-M1III S-AF | 12 | 2,85 | 0 | 1 | 0 |
E-M1III C-AF | 15 | 3,2 | 3 | 1 | 0 |
E-M1X S-AF | 7 | 1,9 | 0 | 0 | 0 |
E-M1X C-AF | -34 | 4,5 | 0 | 7 | 0 |
300mm f/4 | max Abw. | Durchschnitt | Grenzwertig | Unscharf | Fail |
E-M1 S-AF | -7 | -3,35 | 1 | 0 | 0 |
E-M1 C-AF | -11 | -5,05 | 6 | 3 | 0 |
E-M1II S-AF | -8 | -4,65 | 2 | 1 | 0 |
E-M1II C-AF | -12 | -5,35 | 3 | 4 | 0 |
E-M1III S-AF | -8 | -3,45 | 2 | 1 | 0 |
E-M1III C-AF | 11 | 1,6 | 0 | 3 | 1 |
E-M1X S-AF | -12 | -1,75 | 0 | 1 | 0 |
E-M1X C-AF | -12 | -2,1 | 2 | 2 | 2 |
Auffällig ist, dass 100-400 und 300mm zum Frontfokus tendieren, das 150-400 aber zu Backfokus. Da von der Naheinstellgrenze aus fokussiert wird, scheint das 150-400 “über das Ziel hinaus” zu schießen.
Der Backfokus des 150-400 tritt bei allen Kameras auf. Die Trefferquote mit dem Objektiv ist bei den älteren Kameras deutlich schlechter als mit X und III. Bei S-AF kommt die X sehr gut zurecht, bei C-AF leistet sie sich heftige Ausrutscher, die bei der III nicht vorkommen.
Dafür haben beide Kameras beim 300er und 100-400 Schwierigkeiten. Man muss berücksichtigen, dass das Target gut beleuchtet war, sich nicht bewegte, die Kamera auf dem Stativ stand. Unter diesen Bedingungen muss bei S-AF bei 20 Bildern jeder Schuss ein Treffer sein.
Es gibt, wie häufig, keinen eindeutigen Sieger. Wenn man das 150-400 hat, ist die III eine gute Wahl, das Handling der Kombi mit der E-M1X ist aber besser. Fotografiert man mit 300er oder/und 100-400, dann ist die E-M1II die bessere Wahl, ihr C-AF pumpt nicht nach und ist schnell, der S-AF ist allerdings etwas langsamer – dafür exakter. Die III hat keine einzige fehlerfreie Serie abgeliefert, das können “Die Alten” besser.
Der AF der E-M1 schlägt sich zwar auf dem Papier wacker, ist aber dann doch ein ganzes Eck langsamer.
In Summe kann man sagen: es gibt für das 150-400 noch keine Kamera, die das Potenzial dieser Optik unter allen Umständen auf den Sensor bringt. Die AF-Ergebnisse sind noch zu unzuverlässig und gerade bei suboptimalen Bedingungen – Gegenlicht, gedämpftes Licht im Studio – gehen die Erfolgsquoten in den Keller. Das will nicht die Qualitäten der Optik in Abrede stellen. Der AF ist rasend schnell und die optische Qualität hervorragend. Das Objektiv hat die übliche Frontlastigkeit der großen Optiken nicht mehr ,ist sehr ausgewogen und man kann damit auch einen ganzen Tag auf Fotopirsch gehen, ohne dass man Teile der Ausrüstung auf Begleitpersonen auslagern muss. Aber die Ausnahmelinse wird das Objektiv erst werden, wenn hintendran das “Wow”-Produkt hängt.
Und damit jetzt nicht wieder behauptet wird, ich hätte gesagt, das 150-400 würde nichts taugen. Hier mal ein 100%-Crop, ungeschärft und unbehandelt. So mal kurz unterwegs beim Wandern draufgehalten. S-AF, Einzelbild. E-M1II. Das Objektiv ist prima – aber eben derzeit unterfordert. Also wer feststellt, dass das Objektiv zu viel Ausschuss produziert – es liegt nicht am Objektiv. Auch die Mönchsgrasmücke im Titelbild – kein Problem. Ich habe noch ein paar “schönere” Bilder, aber ich wollte zeigen, dass sie auch hinter dem kleinen Ast scharf gestellt wird. Geht doch.
Hallo Reinhard
Hast du wirklich mit einem 300mm f2,8 gearbeitet wie in deiner Tabelle angegeben? Oder war es das 300mm f4.0
Speziell das Objektiv interessiert mich, weil das mit der E-M1 III nicht immer einfach ist. Ich werde es dann mal an der II meiner Partnerin versuchen.
Grüße
Armin
Du hast natürlich recht, es ist das 4,0. Ich habe es korrigiert.
Sehr informativ – vielen Dank für den Aufwand!
Keine besonders tollen Trefferquoten für die E-M1III mit 300. Das muß ich unbedingt mit meinem System und den beiden Konvertern nachstellen. Der Aufbau selbst wirkt ja recht simpel. Ich habe zwar weder eine Dartscheibe noch eine Elke in Spitzenunterwäsche, aber irgendetwas Brauchbares werde ich schon finden 🙂
Was mir nicht klar ist – wie kalibriere ich das System, d.h. wo ist die AF-Sollposition auf dem Lineal?
Das Lineal steht schräg. Und die Oberfläche des Targets liegt auf gleicher Höhe wie eine der Zahlen.
https://pen-and-tell.de/2019/05/12mm-test-parfokal/ Hier habe ich das Michael Tapes Target abgebildet. Ich baue das im Endeffekt nur in größerem Maßstab nach, damit ich eine größere Fokusentfernung habe.
Das Prinzip habe ich (glaube ich) schon verstanden. “wie eine der Zahlen” – genau das meinte ich mit Kalibrierung: muß ich nicht exakt bestimmen, welche der Zahlen zu der Ebene durch das Target gehört, auf die ich fokussiere? Genau diese Festlegung benötige ich doch um zu überprüfen oder der Schärfentiefebereich exakt dort liegt wo er sein sollte bzw ob er verschoben ost.
Das Prinzip habe ich (glaube ich) schon verstanden. “wie eine der Zahlen” – genau das meinte ich mit Kalibrierung: muß ich nicht exakt bestimmen, welche der Zahlen zu der Ebene durch das Target gehört, auf die ich fokussiere? Genau diese Festlegung benötige ich doch, um zu überprüfen oder der Schärfentiefebereich exakt dort liegt wo er sein sollte bzw ob er verschoben ist.
Naja, du legst das Lineal schräg und peilst dann von der Seite, wo sich die Ebene des Targets mit dem Lineal schneidet. Dort ist eine Zahl. Fertig. Tapes legt das Lineal sehr flach, ich habe festgestellt, 45° ist ganz prima, es gehen aber auch andere Winkel. Wenn Du nen Baulaser hast, kannst Du einerseits kontrollieren dass das Target auch senkrecht steht und andererseits eben genau wo Du den Schnittpunkt hast. Aber Warnung – so ne Testreihe macht keinen Spaß. Man könnte das noch beliebig aufblasen. Statt 20er-Serien 100er oder 500er Serien. Oder auch noch beide Telekonverter. Da kann man sich wochenlang damit vergnügen. Aber draußen wird das Wetter gut. Geht raus, knipsen. Die allermeisten Fotos werden ja scharf. Und wenn nicht, dann ist das Problem manchmal halt doch nicht hinter dem Sucher. Mehr soll der Test nicht aussagen.
“Aber Warnung – so ne Testreihe macht keinen Spaß. … Oder auch noch beide Telekonverter.”
Ich fürchte, bei der Kombination vom mFT 300 + MC-20 könnte das Ergebnis schon bei einer Entfernung jenseits der 10 Meter eher unerfreulich werden.
Bei kürzeren Distanzen habe ich bisher eigentlich keine nennenswerten Probleme gehabt, aber schon im Bereich zwischen 10 und 15 Meter gibt es immer wieder Bilder, bei denen mich die Schärfe nicht überzeugt. Eventuelle Störungen in der Luft sollten sich bei dieser Entfernung noch nicht so heftig auswirken. Hier vermute ich die Ursache eher beim AF, wobei der MC-20 die Probleme zu verstärken scheint.
Gruß
AchimF
Moin Reinhard, halte mich nicht für blöd aber ich hab ein Problem: was bedeutet die (z.B.) >> max Abw. -5 << genau?
… wie muss ich das deuten? Danke … LG Gerd
Ich halt Dich garantiert nicht für blöd. Safe!
Die “Max Abw.” ist die Maximale Abweichung vom Soll innerhalb einer Testreihe. “Soll” ist, wenn die Mitte des Schärfebereichs genau auf 109cm des Lineals liegt. Nun habe ich bei jedem Objektiv unterschiedliche Schärfentiefen. Beim 300mm sind es 14cm auf dem Lineal, beim 100-400 22cm. Wenn nun die maximale Abweichung beim 300er unter 7cm liegt, dann sind alle Fotos scharf, sprich, der Schärfebereich schließt das Target mit ein. Eine maximale Abweichung von -35 bedeutet, dass bei diesem Shot die Schärfeebene 35 Linealzentimeter vor dem Target liegt. Achtung! Die Linealzentimeter haben nichts mit der tatsächlichen, berechenbaren Schärfentiefe zu tun, da das Lineal nicht parallel zur optischen Achse liegt. Und ich habe außerdem nicht berücksichtigt, dass der Schärfebereich vor und hinter der Schärfeebene unterschiedliche Ausdehnung hat – was aber in diesem Fall auch irrelevant ist, weil es darum geht, dass das Target scharf ist. (Was ja auch der Sinn des AF ist.) Deshalb ist es auch uninteressant, wenn der AF um 3 oder 4 Linealzentimeter schwankt. (Das kann nur lästig werden, wenn man auf kleine Piepmätze losgeht und darauf angewiesen ist, dass der Schärfebereich halbwegs reproduzierbar ist. Sonst ist bei drei Fotos zwar das Auge scharf, aber bei einem nur der Kopf, beim Zweiten Kopf und Bauch und beim Drittten der ganze Vogel – nur der Schnabel nicht mehr.)
Danke Reinhard für die prompte Antwort, das war mir “so” nicht klar. Jetzt wird mir auch vieles verständlicher! 🙂
Fleißig, fleißig! Spaßeshalber hätte man noch eine Kamera ohne PDAF zum Vergleich ausprobieren können wie die PEN-F oder E-M5 II – wenn die sich im S-AF merklich von den anderen unterscheiden, dann könnte das ein Indiz dafür sein, dass die bisherigen Testkandidaten nicht generell per Kontrastautofokus “nachregeln”, sondern reinen PDAF verwenden. Ich frage mich nämlich, ob die Kameras das auch im S-AF je nach Situation mal zuschalten und mal nicht. Woher sollte sonst im S-AF ein Front- oder Backfokus kommen? Aber mit noch mehr Kameras wird man mit den Testreihen dann gar nicht mehr fertig… und das macht echt wenig Spaß, das kann ich unterschreiben.
Grüße, Michael
Beim ersten Test hatte ich ja ne PEN-F zum Vergleich. Die hatte erheblich bessere Trefferraten – aber halt auch einen erheblich langsameren AF.
Wie nun genau die Logik des AF läuft und wie der “Hybrid-AF” da gestaltet ist – da gibt’s halt von Olympus keine Infos dazu. Und ich versuche seit Jahren, da was rauszukriegen. Ich kann nur dokumentieren, wie sich der AF verhält. Der Rest ist Raten.
Hallo Reinhard!
Vielen Dank, das ist sehr interessant.
Ich habe eine E-M1, fast immer mit der 300F4 darauf. Mein 11-Jähriger Sohn und ich gehen auf kleine Vögel damit los.
Ich habe länger mit dem Gedanken gespielt irgendwann mal einen Nachfolger des Gehäuses hinzuzukaufen, aber der Druck ist nicht groß. Jetzt sehe ich aber dass die E-M1 II damit besser zurecht kommt, als die III. Heißt das, dass ich schnell eine II holen soll, solange ich noch eine bekomme? Bei uns in Ungarn ist sie schon ausverkauft.
Gruß,
Csaba
Schau Dich mal auf dem Gebrauchtmarkt um. Da werden die IIer gerade recht preiswert angeboten. Halt aufpassen, dass es eine der späteren Serie ist (siehe mein Post zu den Seriennummern.)
Ich habe die Pen F, fotografiere mit 2.8/ 40-150mm und beiden Konvertern. Spielt die Grösse der AF-Punkte für eine genaue Scharfeinstellung z.B. bei Wildtieren und Vögeln eine Rolle?
Ja.
Und das Licht und die Bewegung des Tieres und des Fotografen. Und die Farbe des Tieres.
Besten Dank. Nach welchen Kriterien sollte dabei der grössere oder der kleinere AF-Punkt eingesetzt werden?
aufschlussreich, da kann ich ja froh sein das ich noch eine E-M1 II neben der III habe 🙂
Da kann ich dann am Wochenende ein bisl testen und probieren
Gruss Thorsten
Hallo Reinhard,
als begeisterter Birder nutze ich derzeit fast ausschließlich das 150-400 mit TC 1.4. Mir wäre interessant, in welchem Maße durch den TC die Auslösegeschwindigkeit verlängert wird. Gibt es hierfür Zahlen?.
Den TC nehme ich weg der schlechteren Bildqualität nicht mehr.
Den TC nehme ich übrigens auch wegen der hervorragenden Makrofähigkeit dieser Kombination (Libellen, Schwebfliegen, Spinnen etc).
Hallo Christoph,
ich bin zwar nicht der angesprochene Reinhard, aber vielleicht kann ich ein bisschen was zur Frage beitragen.
Mir ist nicht ganz klar, welche “TC” in Deinem Text gemeint sind, aber grundsätzlich verlängern alle Konverter die Fokussierungszeit, die ja wohl angesprochen ist (Zahlen dazu habe ich auch keine, aber der Unterschied ist deutlich wahrnehmbar). Die von Dir hinterfragte “Auslösegeschwindigkeit” als solche hat m.E. damit nichts zu tun, da man die Auslösung von der Fokusgenauigkeit ja auch entkoppeln kann. Für schnelle Zielobjekte , also alle Vögel und Insekten im Flug verwende ich persönlich deshalb Konverter gar nicht.
Eine Ausnahme ist der integrierte 1,25x im 150-400mm Pro; dieser wirkt sich meiner Erfahrung nach kaum oder gar nicht auf die Fokussiergeschwindigkeit aus.