Gastbeitrag: Fischaugen-Familientreffen von Helge Süss

Drei Generationen Fischauge auf einen Blick
Bereits vor 12 Jahren hat mir Olympus das damals aktuelle FT 8mm f3,5 Fischauge zum Testen geliehen. Ein paar Wochen später habe ich es gekauft und seither intensiv verwendet. Nun habe ich den gleichen Fehler nochmal gemacht. Ich habe von Olympus das mFT 8mm f1,8 Fischauge zu Tests angefordert und auch prompt bekommen. Es ist verdammt gut, aber davon später.
Vor einigen Jahren war ich bei Olympus zu Besuch und habe dort ein altes OM 8mm f2,8 Fischauge gesehen. Es hatte schon einiges erlebt und eine beachtliche Patina angesammelt. Mancher mag sagen das seien Kratzer, aber die Bilder zeigen, dass das alles relativ ist. Was soll’s, ich habe das Objektiv geschenkt bekommen! Weil’s schon recht verkratzt ist und die Deckel fehlen. Irgendwann bin ich dann noch beim Fishcap 9mm f8 Fischauge schwach geworden und so habe ich heute die Fischaugen-Familie komplett vor mir stehen.

Auf dem Familienfoto oben von links nach rechts: das mFT 8mm f1,8, das 9mm f8 Fishcap, das OM 8mm 2,8 und zuletzt das FT 8mm f3,5.
Wie sehen die vier also im Vergleich aus? Ich habe eine Reihe von Bildern im Zimmer und im Freien gemacht, jedes Mal vom Stativ aus um die Kameraposition ident zu halten. Die gezeigten Bilder sind JPEG OOC und nur skaliert. Ich habe aber auch RAWs gemacht um Reserven für Analysen zu haben.

Innenaufnahmen
Erst einmal das Zimmer mit dem 7-14mm f2,8 um die (ha! ha!) normale Wirkung des Raumes zu zeigen. Sollten jemandem dabei gebogene Balken oder schiefe Wände auffallen, das ist der Raum. Das Haus hat schon seine 300 Jahre hinter sich und nimmt’s mit den rechten Winkeln nicht so genau. Um halbwegs vergleichbare Bedingungen zu schaffen habe ich mit Blende 8 belichtet. Da kann jeder der Kandidaten mithalten.

Der Raum mit dem 7-14mm f2,8 bei 7mm
Eigentlich geht’s heute aber um Fischaugen. Also gleich ein erstes Bild aus dem mFT 8mm f1,8 Fischauge. Die sieht ja fast gleich aus!

Bei 8mm mit der E-M1 II defished (Modus 1)
Die Funktion zum Entzerren des 8mm f1,8 ist erstaunlich gut gelungen. Bei geringer Verzeichnung bietet das Objektiv mehr Winkel als das 7-14mm f2,8 und hat dabei mehr Lichtstärke und einen noch geringeren Nahabstand. Natürlich lässt sich die Physik nicht überlisten und die Schärfe und der Detailreichtum in den Ecken fallen durch die rechnerische Entzerrung ab. In vielen Anwendungsfällen wird man das aber kaum bemerken.

Da biegen sich die Balken. Das mFT Fisheye unkorrigiert.
Ohne die rechnerische Entzerrung liefert das Objektiv einen klassischen Fischaugeneffekt. Der ist angenehm ausgewogen und liegt ganz auf der Linie der Vorgänger. Alle drei 8mm Fischaugen bilden sehr ähnlich ab. Die Bildausschnitte sind fast deckungsgleich. Je jünger die Objektivrechnung, desto weiter der Ausschnitt.

Fast ident, mit minimal geringerem Ausschnitt, das FT 8mm.
Das Objektiv zeigt in den Ecken minimal weniger Schärfe als das jüngere mFT Objektiv.

Hier der Großvater. Das OM 8mm f2,8.
Das Objektiv stammt aus den späten 70er Jahren. Es hat eine stark verkratzte Frontlinse. Sonst hätte ich so ein Objektiv nie einfach so geschenkt bekommen. Es ist ein echtes Erlebnis, mit diesem Objektiv zu fotografieren. Der Schneckengang des Fokusringes geht sanft gedämpft, der Blendenring rastet mit sattem Klicken ein. Was das Objektiv den anderen voraus hat, ist der Filterrevolver. Der hält fix eingebaut einen UV, Gelb, Orange und Rotfilter für Schwarzweiß.
Trotz des Alters und der malträtierten Frontlinse hält sich das Objektiv gut. Die Schärfe in den Ecken ist fast so gut wir beim FT Fischauge. Nur leichte CAs in den Ecken lassen einen Unterschied zum Nachfolger erkennen.

 

Relativ brav dagegen, das Fishcap 9mm.
Das Fishcap bringt eine Menge Spaß fürs Geld. Vom Gewicht her schlägt es alle anderen Familienmitglieder um Längen. Dafür halt nur 3 Entfernungseinstellungen und fix Blende f8. Der Millimeter weniger an Brennweite führt zu einer dezenteren Verzeichnung. Der geringe Durchmesser der Frontlinse erlaubt einen Filterhalter für 58 oder 62mm Schraubfilter. Damit kann man sogar finanziell vertretbare Polfilter mit diesem extremen Winkel verwenden. Die sind nur mit ein paar Einschränkungen einsetzbar, aber was soll’s. Aufnahmen gegen den Himmel sind wegen der richtungsabhängigen Polarisationswirkung fleckig und inhomogen. Spiegelungen hingegen lassen sich sehr gut und mit ansprechender Wirkung entfernen. Starke ND-Filter laden zum Experimentieren ein. Wie gesagt, das Teil hat Potenzial für eine Menge Spaß.

Im Freien

Auch im Freien macht die Familie eine gute Figur. Landschaft hat den Vorteil, grundsätzlich weniger Bezugslinien zu bieten, an denen man Verzeichnungen erkennt. Wenn man nicht gerade brutal verkantet, kann auch ein FE im Freien recht dezent wirken.

Zuerst wieder mit dem 7-14mm f2,8 bei 7mm.

Und weil’s gerade gut passt, mit einem 0,9 ND Verlaufsfilter.
Das Weitwinkel ist für Landschaftsaufnahmen prädestiniert. Mit Verlaufsfiltern kann man bei hohen Kontrastunterschieden korrigierend eingreifen. Je nach Halter sind Filter nur vertikal verschiebbar oder bei großen Scheiben sogar drehbar.

Wird das mFT Fischauge elektronisch korrigiert, bietet es typische Superweitwinkelstimmung.
Mit der Korrektur bietet das Objektiv die typische Perspektive eines Superweitwinkels. Alles zieht in die Ecken, die Weite kommt so richtig zum Tragen. Die nach der Korrektur verbleibenden Verzeichnungen sind bei Landschaftsaufnahmen vernachlässigbar. Wenn nicht gerade bildwichtige Inhalte in den Ecken liegen fällt auch die geringere Detailauflösung in den Ecken nicht auf.

Bei Landschaft wirkt das mFT 8m Fischauge auch ohne Korrektur richtig brav, solange man den Horizont in der Waage hält.

Das FT biete auch hier einen fast identen Bildausschnitt.

Auch im Freien bietet das Fishcap einen großen Spaßfaktor.
Das Fishcap benötigt kaum Platz in der Tasche. Es wiegt fast nichts. Es hat erstaunlich viel Winkel. Bei gutem Licht kann man damit recht gut arbeiten. Ideal fürs leichte Gepäck als Effektlinse. Mit starken ND Filtern lässt sich Wasser recht malerisch darstellen. Ideal für Anwender mit Spieltrieb oder als günstiger Einstieg in die Welt der weiten Winkel.

Das OM 8mm mit einem charakteristischen Blendenreflex.
Dafür, dass das Objektiv knapp der Mülltonne entkommen ist sind die Ergebnisse beachtlich. Die riesige Frontlinse, die nicht einmal durch eine kleine Streulichtblende geschützt ist fängt leicht Störlicht ein und erzeugt Artefakte im Bild. Die sechseckige Blende sorgt aber für angenehm wirkende Lichtpunkte. Das ist aber alles recht akademisch, denn dieses Objektiv hat man oder man hat es nicht. Für den aktuellen Preis bekommt man locker auch eines der Digitalen auf dem Gebrauchtmarkt. Es wird sich daher wohl kaum jemand eines kaufen.

Unterm Strich
Olympus hat mit den mFT 8mm f1,8 Fischauge gezeigt, dass man Spitzenleistungen auch noch steigern kann. Auch das FT 8mm f3,5 ist ein sehr gutes Objektiv und eine Alternative, wenn man es gebraucht günstig bekommt. Allerdings verzichtet man damit auch auf die Entzerrung (mit der E-M1 II), die dem MFT Fischauge einen zusätzlichen Einsatzbereich als extremes Weitwinkel beschert. Ein Bonus für das FT Fischauge gegenüber mechanischen Objektiven von Fremdanbietern ist eine von der Kamera aus steuerbare Blende und der Autofokus.
Das Fishcap ist ein guter Einstieg in weite Winkel und Freunden des Experimentierens ans Herz gelegt.

http://helge-suess.com/

2 Replies to “Gastbeitrag: Fischaugen-Familientreffen von Helge Süss”

  1. Ein Fisheye passt nicht so häufig, aber z.B. für die weiten Landschaften in Norwegen kann kein Weitwinkel extem genug sein, und da habe ich mit dem Samyang 7,5mm/3,5 schon Bilder gemacht, die am Ende des Urlaubs auch in der letzten Auswahl waren. Für mich die vmtl. bessere Alternative zum Fishcap, und bei der anfänglichen Unsicherheit, ob man ein Fischauge wirklich einsetzt, erstmal auch preisgünstiger. Obwohl das 8mm/1,8 … hat schon einen gewissen Haben-wollen-Reiz. Zugegeben. Jetzt wo ich doch weiß, dass ich den Fisch immer mal wieder dabei habe. So ein Nordlicht mit dem lichtstarken Fisch …
    LG Bernd

  2. Danke für den informativen Test. Das Fishcap gehört eh in jede µFT-Fototasche :-).
    Für mich ist es derzeit ausreichend … aber meine Frau will unbedingt mal nach Island (und wie Bernd schon richtig anmerkt) spätestens dann ist das 8/1.8 fällig 🙂

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