Eigentlich wollte ich ja noch einen Abschlussartikel zum Thema Korsika abliefern. Dabei war das Thema professionelle Vorbereitung von Outdoor-Shoots mit Model und die Wichtigkeit von Location-Scouting. Eines der Bilder, die dabei entstanden sind, ist das oben.
Das Bild trägt den Titel: Libertà, Indipendenza! Was hier zu sehen ist, ist die korsische Flagge. Während ich diese Zeilen schreibe, sehe ich auf dem anderen Schirm, wie in Barcelona gegen die Verhaftung von zwei Anführern der Unabhängigkeitsbewegung protestiert wird. Der Platz in Barcelona ist rappelvoll. Die letzte katalanische Republik – übrigens die einzige, anarchistische Republik auf europäischem Boden – wurde 1939 von Franko in Blut ertränkt.
Parallel dazu bekommt der Weinstein – Skandal immer mehr Fahrt, auch durch das Hashtag Metoo. Sexuelle Belästigungen sind ja nicht auf amerikanische Filmproduzenten beschränkt – gerade wir Fotografen habe da ein gewaltiges Problem. Sexuelle Belästigungen von Models sind leider nicht die Ausnahme – sondern die Regel. (Und sie werden von vielen Menschen fast schon vorausgesetzt – wenn man sagt, man fotografiere Models, kriegt man regelmäßig anzügliches Gegrinse zu sehen – oder Übleres.)
Ich merke das immer wieder, wenn ich mehrtägige Jobs ausschreibe. Models die schon mit mir gearbeitet haben, haben keinerlei Probleme damit, mit mir auch mal eine Woche nach Korsika zu fliegen um zu arbeiten. Models, die mit mir noch nicht gearbeitet haben, haben schon bei einem Termin, der länger als vier Stunden ist, Manschetten.
Wenn man Models darauf anspricht, erzählen die oft haarsträubende und eklige Geschichten – und nicht umsonst haben international tätige Models oft einen Bodyguard dabei. In manchen Modelverträgen wird sogar klar festgelegt – wenn der Fotograf das Model berührt, endet der Shoot sofort, aber das gesamte Honorar ist fällig. Es ist ein Armutszeugnis für die Fotografen, dass so etwas nötig ist.
Was mich traurig macht, ist die Tatsache, dass man, so man diese Dinge anspricht, böse angefeindet wird – denn schließlich seien das alles erwachsene Frauen, und die wüssten ja, was sie machen würden. Es gibt zu viele Weinsteins. Auch unter uns Fotografen. #WeToo.