Seit mittlerweile sieben Jahren renne ich ja mit allen möglichen Fototaschen rum – und weil ich ein alter Schussel bin, achte ich darauf, dass die Equipmentverpackungen halbwegs sicher sind – mir kommt also kein Billigkram vom Grabbeltisch um meine Kamera rum. Eine Zeitlang hatte ich eine Tatonka Gürteltasche – die wird nicht mehr hergestellt, dann war es eine LowePro Stealth Reporter, eine LowePro Magnum, eine Olympus CBG-10 und mittlerweile transportiere ich den Krempel in einem ThinkTank Logistics-Manager, was zur Folge hat, dass alle immer feixen, sie hätten gedacht, mFT wäre ein kleines, leichtes System. (Das Foto oben stammt von Cosima Vogel aus Zingst, wo ich mit dem Logistics Manager die Straßen unsicher gemacht habe.)
Da sich bei mir mittlerweile ein bisschen was an Optik und Kameras angesammelt hat – und ich seit ein paar Jahren die Zeitungsarbeit eingestellt habe – lagere ich mein Equipment nicht mehr in der Tasche (das ging früher nicht anders – die Fototasche musste auch mitten in der Nacht um drei fertig gepackt sein) sondern in einem offenen Ivar. und packe nach Bedarf ein, was ich brauche. Und nein, da staubt nix ein, schlicht weil ich doch hin und wieder mal knipsen gehe….
Warum ich das erzähle?
Bis vor etwa zwei Jahren habe ich mein Equipment spätestens alle drei Monate “durchgeputzt” – ich habe das auch in meinen Büchern empfohlen. Alle Kontakte, auch IN den Batteriegriffen putzen und vor allem der Lock-Schalter am Batteriegriff der E-3/E-5 musste in Alkohol “gebadet” werden.
Seit zwei Jahren etwa mache ich das nicht mehr – auch weil ich seitdem keinerlei Kontaktprobleme mehr habe. Und bis vor kurzem hatte ich deswegen ein schlechtes Gewissen, denn eigentlich müsste ich doch…..
Und nun komme ich zum Punkt: Ein Fotografenkollege erzählte mir, dass er mit zwei unterschiedlich alten Kameras, zeitgleich Kontaktprobleme bekommen hat. Einzige Gemeinsamkeit: die beiden wohnten immer sauber aufgeräumt in der gleichen, geschlossenen Fototasche. Er habe daraufhin mal in die Tasche gerochen und einen Geruch wie bei einem neuen Auto festgestellt. Und das war jetzt keine Grabbeltisch-NoName-Tüte, sondern eine Markentasche.
Markentaschen haben einen Vorteil: die schreiben drauf, was drin ist. Also haben wir alle deklarierten Stoffe unter die Lupe genommen und der einzige Bestandteil, bei dem irgendwas ausgasen kann, ist der Polyurethanschaum der Polsterung. Dieser Schaum wird heutzutage mit einem Gemisch aus CO2 und Cyclopentan aufgeschäumt. Das Cyclopentan diffundiert mit der Zeit aus und wird durch Wasserdampf und Luft ersetzt.
Cyclopentan hat aber eine unangenehme Eigenschaft: es ist ein organisches Lösungsmittel, das in flüssiger Form sogar gehärtete Kunststoffe angreift. Gasförmig macht es sich über Schmiermittel her und zersetzt sie.
Und auf einmal ging mir eine Wachskerze auf: ich hatte meine Kameras früher in den geschlossenen Fototaschen einer permanenten Cyclopentan-Begasung ausgesetzt. Seit ich das Equipment nur noch zum Transport in die entsprechenden Behälter packe, habe ich Ruhe.
Was nun? Man kann natürlich auf Taschen aus natürlichen Rohstoffen oder offenzelligem Schaumstoff umsteigen. Geschlossenzelliger PUR-Schaum ist aber schon ein ziemlich genialer Polsterstoff. Ein Blick ins Chemiebuch hilft weiter. Cyclopentan hat nämlich noch eine Eigenschaft: es siedet bei 49°. (Deshalb stinken Autos im Sommer stärker nach “Neu” als im Winter, weil da das Cyclopentan aus dem Armaturenbrett ausdampft.) Also muss man die Tasche nur auf über 50°C erhitzen und dafür sorgen, dass das Cyclopentan nach dem Verdampfen durch Wasserdampf ersetzt wird. Simple Methode: den Schaumstoff-Einsatz der Tasche bei 60° in die Waschmaschine stopfen. Da es aber sein kann, dass das, was rauskommt, etwas zerknautscht aussieht, tut’s auch ein großer Eimer mit sehr heißem Wasser. (Vorsicht! 60° ist schon ziemlich knackig, eventuell besser den Teil des Haushaltes machen lassen, dem das Spülwasser immer zu kalt ist.) Waschmittel braucht’s übrigens nicht: das Cyclopentan wird durch das Waschmittel nicht gebunden. (Außer, die Tasche ist dreckig…)
Die beste Methode ist natürlich: Equipment immer im offenen Regal aufbewahren. Dadurch sorgt man auch dafür, dass nicht irgendwelche Restfeuchte im Inneren der Technik Unheil anrichten kann – und auch dem gefürchteten Fungus (Glaspilz) wird vorgebeugt.
Und nein – das hier ist kein verfrühter Aprilscherz – und ja, ich bin mir im klaren darüber dass mich mal wieder einen Haufen Leute für vollständig durchgeknallt halten werden. Ich habe aber, bevor ich hier gepostet habe, die Probe aufs Exempel gemacht und einen Haufen Leute angeschrieben, die über Kontaktprobleme -teilweise zyklisch wiederkehrende – an ihren Kameras berichtet haben. Durch die Bank traten die Probleme nach etwa vier Monaten auf – und fast alle bewahrten ihre Kameras IN ihren Taschen auf.
Update 12.2.2020: Mittlerweile hat Olympus ja die Drehräder der E-M1 ausgetauscht, aber nie explizit verraten, wo das Problem lag. Da es Fälle von “Selbstheilung” gab, können es nicht zu schwache Lager gewesen sein.